In einem meiner letzten Beiträge habe ich erwähnt, dass ich mit meinen Nikons immer mit 12Bit statt 14Bit fotografiert habe. Außerdem habe ich erklärt, dass Bildbearbeitung in 16Bit zwar theoretisch besser ist, sich in der Praxis aber kaum Unterschiede am Bild selbst sichtbar zeigen. Darauf teilte mir ein freundlicher Leser mit, dass Olympus’ Kameras »Schrott«-Dateien produzieren, dass ich »idiotische Sprüche« klopfe, dass ich »Vollformat schlecht schreibe und als unnötig bezeichne«, dass ich »unnötigen Quark von mir geben« und wenn ich behaupte keinen Vorteil in 14Bit statt 12Bit zu erkennen, hätte ich quasi sowieso keine Ahnung von Tuten und Blasen.
Normalerweise schalte ich solche Kommentare zwar frei – auch Choleriker haben ein Recht auf eine Meinung –, aber reagiere nicht darauf. In diesem Fall hat mich aber interessiert, woher er seine Sicherheit in Bezug auf den Dynamikumfang nimmt, und ich habe ihn gebeten die Behauptungen durch Bildbeispiele zu belegen. Darauf sind Links zu diesen Beispiele von photographylife.com gekommen.
Ich sehe natürlich, dass sich das entwickelte 12Bit- vom 14Bit-Bild etwas unterscheidet. Bei der geringen Auflösung der Beispiele kann ich aber wenig über die fotografische Relevanz sagen. Für eine wirklich fundierte Beurteilung wären ohnehin die RAWs erforderlich. Ich vermute, dass über beide Bilder dieselben Einstellungen gelegt wurden, und man durch etwas mehr Anhebung der Tiefen im 12Bit-Bild zum selben Resultat kommen könnte. Vermutung.
Ich habe ihn auch gebeten mir einen Link seines Portfolios zu schicken, weil mich interessiert hätte, ob er auch wirklich fotografieren kann oder sich nur groß aufspielen. Gekommen ist nichts.
Dynamikumfang und Sensorformat
Nun ist es allerdings zehn Jahre her – zu Zeiten, als ich mit Nikon D700 fotografierte –, dass ich zum Eindruck gelangt bin, dass mir 12Bit nicht mehr bringt als 14Bit. In der Zwischenzeit hat sich die digitale Fototechnik vom Altertum in die Moderne entwickelt, und einen tatsächlichen Vergleichstest habe ich nie durchgeführt. Höchste Zeit das zu ändern!
Das Thema Dynamikumfang beschäftigt mich ja, seit ich verschiedene Olympus-Kameras, unter anderem die in die Jahre gekommene E-M5 II, mit verschiedenen Sony-Modellen verglich und wider Erwarten keinen Unterschied beim Herstellen von Lichtern feststellen konnte. Ich habe wieder und wieder gehört und gelesen, dass mit größeren Sensoren mit größerem Dynamikumfang Lichter deutlich weniger ausbrechen. Beim Vergleich einer X-T3 (APS-C) mit Olympus habe ich gezielt nach Szenen mit extremem Motivkontrast gesucht und konnte keinen Vorteil des neueren und größeren Sensors feststellen. Alles nur Mythos?
Um die Untersuchung zu vertiefen wählte ich diesmal eine Nikon Z5 Vollformatkamera – bewusst eine mit moderater Auflösung. Zusammen mit meiner E-M1 III begab ich mich wieder zu Vergleichsaufnahmen in den Feldkircher Dom.
14Bit oder 12Bit?
Die ersten beiden Aufnahmen zeigen dasselbe Motiv einmal mit 14Bit und einmal mit 12Bit mit der Z5 aufgenommen. In den Originalen erscheinen die dunklen Bereiche mehr oder weniger als schwarze Flächen, während die Fenster überwiegend ausgebrochen sind. Bei beiden Aufnahmen – besser gesagt: bei allen hier – sind Tiefen und Schwarz drastisch aufgehellt (zwischen +50 und +100) und die Lichter stark gesenkt. Sollte es einen Unterschied im Dynamikumfang geben, müsste er in den Lichtern der Fenster zu sehen sein. Die Fenster rechts sind sonnenseitig und teilweise zu sehr überbelichtet um Zeichnung sichtbar zu machen. Das ist nicht anders zu erwarten. Aufschlussreicher ist das Fenster hinter dem Altar. Hier ließen sich nahezu alle Lichter restaurieren und die bunten Gläser lassen überwiegend ihre Farbe erkennen.
Die Bildstabilisierung ermöglichte mir hier 2/3s aus freier Hand zu halten. Zu meiner Vollformatzeit undenkbar. Freistehend habe ich mit der Z5 24mm bis 2/3 Sekunden gehalten. Darüber hinaus sieht das dann so aus.
Ich hätte zwar die Blende auf ƒ4 öffnen können, aber das hätte keine angemessene Schärfentiefe mehr ergeben, wie im Bild unten zu sehen (in der Vergrößerung). Wenn man meine Bilder mit ƒ8 genau anschaut sieht man im Übrigen, dass der Hintergrund zu unscharf ist. Ich hätte weiter hinten fokussieren sollen.
Zwei weitere Vergleichsaufnahmen bei ISO200. Da ich mich hierfür an einer Wand anlehnen konnte (Fotografenstabilisierung) ließ sich auch eine knappe Sekunde halten. Den Vorteil von 14Bit gegenüber 12Bit kann ich nicht erkennen.
Low-Light und ISO
Hier wieder eine Aufnahme ohne Möglichkeit mich zu stabilisieren. Bei 3/4s endet die Fähigkeit der Stabilisierung in meinen Händen scharfe Aufnahmen zu liefern. Es wird sicher Fotografen geben bei denen da mehr drin ist.
Um nicht zu verwackeln habe ich die Empfindlichkeit auf ISO800 angehoben. Nach Sichtung der Aufnahmen am Computer bin ich sicher, dass ISO200 genügt hätten – etwa 1/3s hätte die Stabilisierung mir wahrscheinlich erlaubt. Ich habe mit der Z5 zwar auch Aufnahmen gemacht, bei denen sich trotz ISO10.000 praktisch kein Rauschen zeigt – kommt in einem späteren Bericht –, aber soweit, dass man bei angehobener Empfindlichkeit die Tiefen zum Anschlag hochdrehen kann, ohne dass Rauschen sichtbar wird, sind wir offenbar noch nicht.
MFT im Dynamik-Test
Nachdem die Frage, bringt 14Bit in der Praxis mehr als 12Bit, für mich geklärt ist, stelle ich nun Vollformat nun MFT gegenüber. Wer selbst vergleichen möchte, kann die Bilder herunterladen. Für genaue Vergleiche lege ich Bilder üblicherweise in Photoshop als Ebenen übereinander, oft gleiche ich die Ebenen über Ebenen automatisch ausrichten an. Durch Ein- und Ausblenden der Ebenen kann man sich das beste Bild von Unterschieden machen. Ich stelle auch, wie schon bei meinem letzten Vergleich, die RAW-Daten der Beispiele zum Download (470MB) zur Verfügung.
Da der hochauflösende Modus einer E-M1 Einfluss auf das Bildrauschen hat, habe ich die Serie mit normaler Auflösung und hochaufgelöst aufgenommen. Dabei interessierte mich auch die Auswirkung auf den Dynamikumfang.
In meinem Vergleich zwischen Fuji X-T3 und OM-Ds habe ich geschrieben, dass ich mittlerweile den Eindruck habe, mit dem Dynamikumfang verhält es sich, wie mit Nessie: Viele behaupten sie gesehen zu haben, aber niemand kann ein klares Bild von ihr vorlegen. Bei diesem Test habe ich den Unterschied gefunden. Wenn ihr diese Aufnahme mit derselben Szene aus der Z5 vergleicht, werdet ihr in den Fenstern hinter dem Altar in der Nikon-Aufnahme in den hell getönten Gläsern etwas mehr Tönung erkennen, als in der Aufnahme der Olympus. Ich konnte die Lichter beim Olympus-RAW nicht so weit senken, dass eine mit der Z5-Aufnahme vergleichbare Tönung sichtbar wird.
Das ist also der immense Vorteil des größeren Dynamikumfangs von Vollformat gegenüber MFT. Und darüber wird in den Communitys seit Jahren gestritten? Im Ernst jetzt?
Ich kann Nessie aber auch wieder verschwinden lassen!
Die nächste Aufnahme habe ich im hochauflösenden Freihand-Modus der E-M1 aufgenommen. Wenn ihr diese mit den Bildern der Z5 vergleicht, werdet ihr kaum Unterschiede in der Tönung der hellen Gläser feststellen.
Der hochauflösende Modus erweitert also tatsächlich den Dynamikumfang eines MFT-Sensors und führt darüber hinaus zu einem sehr rauscharmen Bild. Voraussetzung ist natürlich, dass sich im Bild nichts bewegt.
Die Detailschärfe darf man dabei aber nicht zu sehr unter die Lupe nehmen. Ich bleibe bei meiner Behauptung, dass hochauflösende Freihandaufnahmen keine schärferen Details abbilden, wie die normale Auflösung (mit Stativ sieht es anders aus) – es werden nur mehr Pixel produziert. Wer jedoch bei Szenen, die es ermöglichen, hochauflösend fotografiert und dann auf 20MP runter rechnet, kommt zu einem Quäntchen mehr Kontrastumfang und geringeren Rauschen. Bei meinen Aufnahme halte ich den Unterschied zwar für vernachlässigbar, da ich mit ISO200 fotografieren konnte und deshalb Rauschen auch bei der normal aufgelösten Aufnahme kein Thema ist. Aber es mag Situationen geben, in denen ein Anheben der Empfindlichkeit unumgänglich ist, und dann sollte – sofern sich im Motiv nichts bewegt – der hochauflösende Modus bessere Resultate liefern.
Ich will das hier nicht als der Weisheit letzter Schluss verkaufen. Viele von euch da draußen besitzen sowohl MFT als auch Vollformat. Oder ihr habt einen Freund (eine Freundin) mit dem jeweils anderen Sensorformat. Macht doch ähnliche Vergleiche, wie ich hier! Ich finde es immer interessanter und eindrücklicher Dinge selbst zu probieren, als nur darüber zu lesen oder es in Videos zu sehen. Vielleicht kommt ihr zu anderen Resultaten. Es wäre interessant für mich und alle Leser das zu sehen.
Ich rechne auch damit, dass Kommentare kommen: »Ja, aber …«, und dann folgen Verweise auf eigene subjektive Erfahrungen oder Vorträge in theoretischer Physik, höherer Mathematik oder Sensortechnik. Doch wie heißt es so schön: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.
Und da ein Bild mehr als Worte sagt, hier die nächsten Beispiele.
Wenn ihr diese Beispiele bzw. eines davon mit einem Nikon-Beispiel der Szene vergleicht, werdet ihr sehen, dass das Licht im mittleren Bogen links einen deutlich attraktiveren Stern bildet. Das liegt zwar auch an der Optik, doch nach meiner Erfahrung fällt das bei Vollformat häufiger ansprechender aus, als bei MFT.
Zum Abschluss dieser Vergleichsserie noch ein Bild außer Konkurrenz. 1s freistehend bei 80mm KB. ISO200. Rauschen trotz Belichtungskorrektur um +0,8 und Tiefen +40 in Capture One. Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte!
Und was ist mit 8Bit vs. 16Bit?
Dabei ging es mir nicht um die Bittiefe von RAW-Dateien – ich vermute 8Bit-RAWs gibt es gar nicht. Es geht darum, dass viele Experten darauf schwören, dass man bessere Ergebnisse erzielt, wenn Fotos in der Bildbearbeitung in 16Bit, statt in 8Bit bearbeitet werden. Der Grund: In 8Bit stehen 256 Stufen je Farbkanal zur Verfügung, in 16Bit sind es 65.536 (für alle Interessierten: in 12Bit 4096, in 14Bit 16.384). Theoretisch sind 65.536 Stufen natürlich besser, als 256. Das ist so logisch, dass viele Kollegen auch behaupten den Unterschied auch in der Praxis zu sehen. Um die Unterschiede zu demonstrieren sind allerdings spezielle Grafiken notwendig. Ich kann mich nicht erinnern einmal ein Foto gesehen zu haben, bei dem eine Tonwertkorrektur in 8Bit zu schlechteren Ergebnissen geführt haben, wie in 16Bit. Ich kann das bei manchen Bilder provozieren, wenn ich will, muss aber Einstellungen vornehmen, die kaum praxisrelevant sind.
Nehmen wir einmal dieses Bild von Birdy hier. Es ist flau.
In so einem Fall macht man in der Bildbearbeitung meist eine Tonwertkorrektur mittels einer Gradationskurve, um den Kontrast zu erhöhen. Das Ergebnis einer raschen Anhebung des Kontrasts mittels Kurve in 16Bit, sieht dann so aus.
Und so sieht das Ergebnis aus, wenn ich es in 8Bit mit derselben Kurve bearbeite.
Die beiden Resultate sind identisch. Unterschiedlich sind nur die Histogramme. Hier das Histogramm des Originals.
Die Lücke links zum Rand zeigt, dass es an Tiefen fehlt. Nach der Korrektur in 16Bit, sieht das Histogramm so aus. Das ist ein gutes Histogramm, da es keine Tonwertabrisse zeigt. Die muss es aufgrund der Tonwertspreizung zwar geben, aber bei 65.536 Stufen fallen sie nicht ins Gewicht und sind auf der überschaubaren Fläche der Histogrammpalette auch nicht darstellbar.
Anders hingegen sieht das Histogramm des identisch eingestellten Bildes in 8Bit. Das ist ein böses Histogramm, denn es zeigt Lücken in der Tonwertverteilung. Solche Lücken sind bei einer Tonwertspreizung zwangsläufig der Fall und bei 256 Stufen im Histogramm an der kammartigen Struktur erkennbar. Theoretisch ist das schlecht, praktisch irrelevant, da man es nicht sieht.
Es wird sicher Ausnahmen geben, in denen die Bearbeitung in 16Bit zu tatsächlich sichtbaren Unterschieden führt, aber mir sind sie in meiner Praxis noch nicht begegnet. Trotzdem wandle ich gelegentlich 8Bit-Bilder für drastische Tonwertkorrekturen in 16Bit um und danach wieder zurück, nach dem hierzulande bekannten Motto: Hilft’s nix, schad’t’s nix!
Das hat jetzt aber wie gesagt nichts mit Bittiefe von RAW-Bildern zu tun. Beim RAW ist 12Bit definitiv besser als 8Bit. Und wer will kann ja auch 14Bit nutzen.
Links
- Nikon Z5: Nikon | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Nikon Z 24–50mm ƒ4–6.3: Nikon | Amazon
- Olympus OM-D E-M1 III: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Olympus M.Zuiko 12–40mm ƒ2.8: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Meine Tests von Kameras und Ausrüstung sind wie eingangs erwähnt Erfahrungsberichte. Ich suche nicht danach, was an den Produkten gut und was schlecht ist, sondern arbeite damit und berichte, was mir positiv auffällt, und was für mich eher kontraproduktiv ist. Mich interessiert nicht, was theoretisch technisch gerade State of the Art wäre, sondern lediglich ob sich etwas in der Praxis praktisch bewährt. Wenn beispielsweise ein Sucher für mich in der Praxis gut funktioniert, ist mir egal, wie groß oder hoch aufgelöst er ist. Generell lege ich den Fokus eher darauf, was mir an dem Produkt gefällt, als das Haar in der Suppe zu suchen.
- Die perfekte Kamera für alles und alle gibt es nicht! Es gibt nur the right tool for the job – die richtige Kamera für die Aufgabe. Schlechte Apparate leistet sich kein Hersteller.
- Ein gutes Foto ist primär ein interessantes Motiv, gekonnt gestaltet fotografiert. Perfekte Detailschärfe und Absenz von Rauschen spielt dabei eine vernachlässigbare Nebenrolle. Ich kann mit Rauschen besser leben, als mit langweiligen schlecht gestalteten Bildern.
- Alles, was ich schreibe ist subjektiv, und jeder soll seine eigene subjektive Meinung haben.
- Foto-Hebenstreit unterstützt mich seit Jahren mit Ausrüstung für meine Tests und Versuche – ohne ihn wären einige hier gepostete Artikel nicht möglich gewesen. Deshalb verlinke ich die besprochenen Produkte auch gerne und provisionsfrei mit dem Hebenstreit-Online-Shop (sofern dort verfügbar). Wer lieber über Amazon bestellt bekommt auch den Link dahin geliefert und ich, falls ihr etwas bestellt, ein paar Cents oder – wenn es etwas Größeres ist – ein paar Euro.
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