Vorbemerkung: Dieser Artikel beschreibt keinen systematisch und möglichst objektiv durchgeführten Test. Vielmehr handelt es sich um den subjektiven Erfahrungsbericht eines Fotografen, der primär auf Achse Tiere, Pflanzen, Landschaft und Orte fotografiert, gerne auch, wenn auch nicht allzu oft, Menschen. Wie ich meine Erfahrungen beurteile, basiert darauf, wo, was und wie ich bevorzugt fotografiere. Andere Fotografen die Anderes anders fotografieren würden zu anderen Urteilen kommen. Nachdem 35 Jahren fotografischer Erfahrung, 25 Jahren Digitalfotografie, 14 Jahren digitaler Systemkamera, einer Fotoschule, mehreren Kamerabüchern und Unterricht in Fotografie, lese ich kein Handbuch mehr, bevor ich mit einer Kamera auf den Weg gehe. Wenn ich einen Apparat nicht in allen grundlegenden Einstellungen auch ohne Handbuch bedienen kann, ist das schlicht schlechte Benutzerführung. Das heißt aber auch, dass mir gelegentlich spezielle Features eines Modells entgehen, und dass ich manchmal, trotz Blicks ins Handbuch, etwas nicht finde. Ergänzende Kommentare, die dann darauf hinweisen und/oder Lösungen bieten, verstehe ich als Bereicherung für den Leser und sind selbstverständlich willkommen. Ich empfehle deshalb auch die Kommentare zu überfliegen bzw. zu lesen, da sie Korrekturen meiner Angaben, sinnvolle Ergänzungen sowie andere Sichtweisen enthalten können.
Vor ein paar Wochen sprach mich ein Fotograf auf Olympus an. Er fotografiere auch damit und es seien tolle Apparate. Aber ein Freund habe eine Fuji und die würde doch deutlich bessere Aufnahmen machen. »Aha!« dachte ich, »ob das wirklich an den Kameras liegt?« Ausgesprochen habe ich das natürlich nicht.
Natürlich machte mich das neugierig und ich wollte herausfinden, wie viel da dran ist. Fuji-Kameras haben mich immer schon gereizt. Die neue X-T4 konnte ich für einen Vergleichstest zwar vorerst nicht bekommen, dafür aber die X-T3 (2 Jahre alt – ich finde so kurze Produktzyklen frustrierend). Für erste Vergleiche ließ ich mir die Kamera mit dem 16–55mm ƒ2.8 bestücken – 24–82,5mm auf Kleinbild umgerechnet.
Um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, ließ ich mir zusätzlich die E-M5 III mit 12–44mm ƒ4 Pro mitgeben. Ich besitze selbst die E-M5 II (zwar von 2015 aber noch immer in der Lage tolle Aufnahmen zu ermöglichen, wie dieser frivole Vergleich beweist) und ich wollte wissen, was die Neue besser kann. Zusammen mit dem 12–45mm ist die E-M5 III ein kompaktes Leichtgewicht. Wie sie sich wohl gegen Fujis Top-APS-C-Modell schlägt?
X-T3 – ein solider Block
Die X-T3 fühlt sich solide an. Sie vermittelt eine metallene Haptik und nicht, wie die meisten Kameras heute, Plastik-Feeling. Bei der ersten E-M5 und bei der Pen-F war das auch der Fall. Die E-M5 III erinnert leider kaum mehr an die Haptik der ersten Generation, sondern ist im Look and Feel von Kunststoff geprägt. Würde ich eine E-M5 III kaufen, würde ich mich für das schwarze Modell entscheiden – ich mag keinen Kunststoff der sich in Silber hüllt, um sich als Metall auszugeben. Interessanterweise fühlt sich die E-M10 IV – ich hatte sie gerade gestern in Händen – beinahe solider an (tatsächlich verfügt sie jedoch im Gegensatz zur E-M5 über keine Abdichtung gegen Umwelteinflüsse).
Die Metall-Haptik der X-T3 hat natürlich den Preis des Gewichts. Da dürfte es auch im Vollformat leichtere Mitbewerber geben (ich weiß: Auch Fuji hat leichtere Modelle).
Konsequent retro
Die Bedienelemente der X-T3 fügen sich perfekt in das Design der Kamera und wirken so solide wie der Body. Spezifisch für eine bestimmte Funktion ausgelegt und beschriftet, markieren sie den großen Unterschied zum Rest der Branche. Fujis X-Serie folgen dem ursprünglichen Konzept in der analogen Fotografie: Die Blende wird mittels eines Rings am Objektiv eingestellt, zwei weitere Räder dienen der Einstellung der Verschlusszeit und der Belichtungskorrektur; hinzugekommen ist in der Digitalfotografie ein Rad für die ISO-Empfindlichkeit – ich erinnere mich noch, wie mich ein junger Digtialfotograf mit einer analogen Kamera in Händen fragte, wo man denn ISO einstelle.
Andere Hersteller sind Fujis Beispiel gefolgt und bieten einzelne Modelle mit spezifisch beschrifteten Rädchen und Objektive mit Blendenring an. Fuji ist jedoch meines Wissens nach der einzige Hersteller der das Konzept konsequent umsetzt. Die halbherzige Umsetzung anderer Marken, wo es an einem Objektiv einen Blendenring gibt, am anderen nicht, ist in meinen Augen mehr als suboptimal. Auch finde ich Fujis Platzierung des Blendenrings nahe des Bajonetts praktischer, als ich das von Lumix her am anderen Ende des Objektivs kenne.
Zu leichtgängige Bedienelemente
On Tour haben sich die Rädchen, und vor allem der Blendenring, für mich als zu leichtgängig erwiesen. ISO-Empfindlichkeit und Verschlusszeit haben sich mehrmals unbeabsichtigt verstellt. Es gibt zwar einen Knopf zum sperren, den ich bei Olympus ebenso habe, jedoch nie brauche, weil die Räder weniger leichtgängig sind und sich bei mir nur selten versehentlich verstellen. Das einzige Rad das ich an der X-T3 zu schwergängig finde ist die Belichtungskorrektur. Auch die Erreichbarkeit des Rades für die Belichtungskorrektur ist für mich subopimal.
Hierzu ist allerdings zu erwähnen, dass ich die X-T3 nicht so bediene, wie sie gedacht ist. Ich setze sie so ein, wie ich alle Kameras einsetze: Einstellungen nehme ich vor, während ich das Auge am Sucher habe, oder, wenn ich doch einmal mit Display fotografiere, über die Anzeige am Display. Ich glaube nicht, dass man sich eine Fuji kauft, um so zu fotografieren. Ich gehe davon aus, dass Fuji-Fotografen bewusster fotografieren (jedenfalls, wenn man sie nicht nur deshalb kauft, weil sie stylish aussehen). Das Konzept ist gar nicht dazu gedacht, rasch und effizient viele Aufnahmen einzusammeln. Statt dessen wird die Kamera zur Hand genommen, wenn ein Motiv es wert ist, abgelichtet zu werden. So wie in analoger Zeit, als jedes Foto Geld kostete und nach 36 Aufnahmen der Film voll war. Und dann werden Blende, Zeit und ISO manuell und gezielt eingestellt. Ich hingegen fotografiere eher so, wie Lucky Luke schießt.
Zu leichtgängig ist mir auch der Blendenring. Der war auf meiner Wanderung etwa jedes zweite Mal verstellt, wenn ich die Kamera zur Hand nahm.
Hakelig sind die Tasten des Vier-Wege-Elements am Rücken. Manchmal verklemmte sich bei mir die nach-rechts-Taste leicht. Kein Problem, aber ein Haar in sonst so tadellosen Qualitätssuppe.
Brillanter Sucher
Der Sucher der X-T3 ist brillant, klar und kontrastreich. Neben ihm wirkt die Arbeit mit dem Sucher der E-M5 III manchmal wie ein Blick in die Matschepfütze, vor allem, wenn man beim Fotografieren in hartem Licht steht. Wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Der X-T3-Sucher macht zwar in vielen Situationen mehr Spaß, hat aber gegenüber der Olympus auch den Nachteil, dass ich bei großem Motivkontrast Schattenbereiche nur mehr Schwarz sehe, währen die mattere Darstellung im Sucher Olympus die Strukturen in diesen Bereichen erkennen lässt. Alles hat zwei Seiten!
Super cool finde ich die Entfernungsanzeige. Warum hat das Olympus nicht? Warum hat das nicht jeder Hersteller? Ich schätze, dass vor allem Fotografen die Landschaft oder Architektur auf Basis hyperfokaler Entfernung scharfstellen diese Option praktisch gut nutzen können.
Etwas zu Retro
Wo mir Fujis Konsequenz etwas zu weit geht, ist in der Bildstabilisierung. Die X-T4 bringt zwar Sensorstabilisierung mit, doch bei der X-T3 musste ich darauf verzichten. Da auch das 16–55 ƒ2.8 nicht stabilisiert ist fühlte ich mich um zehn Jahre in die Vergangenheit versetzt. Meine Aufnahmen sind nach der guten alten Kehrwert-der-Brennweite-Regel verwackelt, tatsächlich sogar noch mehr. Die höhere Anfälligkeit für Verwackeln digitaler Sensoren gegenüber analogem Film, liegt an der höheren Auflösung. Laut Photoscala darf für ISO100 Kleinbild-Negativfilm etwa 14MP angenommen werden, für Diafilm mit ISO100 22MP.
Zwar führt ISO jenseits der 1600 bei der X-T1 zu deutlich rauscharmeren Bildern, als das bei meiner Nikon D700 vor 10 Jahren der Fall war. Doch dieselben Aufnahmen schieße ich mit einer Olympus bei ISO200 aus der freien Hand (sofern sich das Motiv nicht bewegt). Das heißt, viele Aufnahmen die ich mit meinen OM-Ds gemacht habe, hätte ich mit der X-T3 vergessen können.
OM-D – flexibles Bedienkonzept
Olympus’ OM-Ds verfügen über keine spezifisch beschrifteten Einstellrädchen und alles lässt sich beliebig so konfigurieren und speichern, wie man es möchte. Das unterscheidet die OM-Ds auch von der Pen-F, die ich deshalb nach einiger Zeit wieder verkauft habe. Aus demselben Grund liebe ich im Übrigen Capture One und möchte nicht mit Lightroom arbeiten. An der E-M1 kann ich innerhalb eines Augenblicks durch Drehen am Moduswahlrad von meinen Einstellungen für ruhende Motive auf die für rasende Subjekte umstellen. Die unterschiedliche Bedienung ist keine Frage von gut oder schlecht, sondern schlicht der persönlichen Präferenzen.
Fliegengewicht aus Kunststoff
An der E-M5 hätte ich mein 12–40mm ƒ2.8 anbringen können. Das hätte den Vergleich mit dem an der X-T3 angehängten 16–55mm ƒ2.8 etwas gleichwertiger ausfallen lassen. Ich wollte allerdings ganz bewusst ein Setup (relativ) schwer gegen leicht in den ersten Test führen. Olympus hat mit dem 12–45mm ƒ4 ein Objektiv auf den Markt gebracht, über das ich mich zunächst wunderte. Genauer betrachtet macht es allerdings durchaus Sinn, dass man die bisher doch recht voluminösen und schweren Pro-Objektive, durch eine ebenso für den professionellen geeignete Reihe ergänzt die zwar weniger lichtstark ist, durch Gewicht und Volumen jedoch dem gerecht werden, was die eigentliche Stärke von MFT ist.
Da sowohl E-M5 III als auch 12–45mm ƒ4 gegen Staub und Feuchtigkeit abgedichtet sind, kann ich mir für den Wanderer der bei geringem Gewicht Aufnahmen machen möchte die über Smartphone-Qualität hinausgehen kaum eine bessere Kombination vorstellen. Ich selbst denke zwar nicht daran das Objektiv zu kaufen, da ich eben das 12–40mm ƒ2.8 besitze.
Kann jemand den größeren Dynamikumfang belegen?
Was mich inzwischen wirklich überrascht, sind die praktisch nicht sichtbar machbaren Unterschiede im Dynamikumfang der bislang von mir verglichenen Kameras. Schon beim Vergleich zwischen Sony Vollformat mit Olympus MFT, unter anderem mit der E-M5 II von 2015 (Sony A7R IV vs. Olympus OM-D E-M5 II), konnte ich den Vorteil der größeren bzw. den Nachteil der kleineren Sensoren nicht sichtbar machen.
Dynamikumfang ist einer der Aspekte, die stets ins Feld geführt werden, wenn MFT die Verwendbarkeit für anspruchsvolle oder gar professionelle Fotografie abgesprochen werden soll. Ich freue mich dann jedesmal, dass mich das zu einem anspruchslosen unprofessionellen Fotografen macht. Danke für den Respekt, Kollegen!
Trotz Vergleichsaufnahmen zahlreicher Szenen mit extremem Motivkontrast, wollte mir bislang keine Aufnahme gelingen, bei denen nach Hochziehen der Tiefen und Senken der Lichter ein APS-C- oder Vollformatsensor eindeutig erkennbar mehr Lichter und Schatten hätte herstellen lassen. Natürlich: Beim extremen Hochziehen der Schatten tritt in einer MFT-Aufnahme mehr Rauschen in Erscheinung – jedenfalls sofern der größere Sensor nicht annähernd dieselbe Pixeldichte hat – eine A7S III (12MP) sollte sich deutlicher von einer MFT mit 20MP unterscheiden, als eine A7R IV (61MP). Dynamik- bzw. Tonwertumfang ist aber nicht dasselbe, wie Rauschverhalten. Und diesen konnte ich bislang in keiner Vergleichsaufnahme eindeutig feststellen.
Fuji wird ja auch für die exzellenten X-Sensoren gelobt. Trotzdem finde ich keine Vergleichsbilder, die das, was in der Theorie und im Labor richtig sein mag – das ziehe ich nicht in Zweifel – keine Bestätigung in der Praxis. Dabei wird Olympus immer vorgeworfen Oldtimer als Bildwandler zu verbauen.
Langsam erinnern mich die Debatten um den Dynamikumfang an Nessie: Viele schwören darauf sie gesehen zu haben, manche liefern »wissenschaftliche Theorien«, worum es sich bei ihr handeln könnte, aber noch nie habe ich einen eindeutigen Bildbeleg gesehen. Ich weiß um den theoretischen Vorteil bescheid – den muss mir niemand erklären. Aber welche Bedeutung hat Theorie, die keine Auswirkung in der Praxis hat?
Wenn jemand von euch, liebe Leser, Beispiele (Vergleichsaufnahmen) kennt oder hat, die den Vorteil des größeren Dynamikumfangs klar sichtbar belegen, wäre das ausgesprochen interessant. Bitte entsprechende Links teilen! Wer entsprechende Beispiele hat, aber keine Möglichkeit zur Veröffentlichung, kann die Aufnahmen an mich schicken, so dass ich sie in einem Artikel hier veröffentlichen kann.
Mir wird nun auch klar, weshalb trotzdem, dass für viele Canon Vollformat-DSLR ein geringerer Dynamikumfang gemessen wurde, als für manche MFT-Modelle, viele Landschaftsfotografen Canon nutzen und damit genauso umwerfende Resultate erzielen, wie mit vergleichbaren Modellen mit höherem Dynamikumfang der Mitbewerber.
Spoiler-Alarm! In einem der folgenden Tests konnte ist mir ein Bild von Nessie gelungen. In einem der kommenden Artikel werde ich darüber berichten.
Praxisbeispiele
Auf meinem ersten Ausflug begleitete mich, neben X-T3 mit 16–55mm ƒ2.8 und E-M5 III mit 12–45mm ƒ4, auch die E-M1 III mit 7–14mm ƒ2.8, da ich nebenbei auch einen neuerlichen Test zum hochauflösenden Freihandmodus durchführen möchte (ursprünglicher Test: Was bringt Olympus’ High-Res-Modus?).
Alle nachfolgenden Bilder sind in Capture One so entwickelt worden, wie ich es sonst auch tun würde. D.h. bei vielen Bildern sind Lichter gefüllt und Tiefen hochgezogen worden. Bei einigen Bildern habe ich kräftigere Einstellungen gewählt, als ich es sonst tun würde, um bestimmte Aspekte besser sichtbar zu machen. Auf eine Veränderung der Standard-Rauschreduzierung habe ich bewusst verzichtet. Wer selbst mit den Aufnahmen experimentieren und meine Angaben überprüfen möchte, kann die RAW-Dateien hier herunterladen (1,06GB). Ich gebe die Capture-One-Entwicklungsdateien hinzu, d.h. wer das Programm nutzt, kann sich ansehen, wie ich die Bilder eingestellt habe.
Bokeh
Die Vergleichsaufnahmen des Zauns zeigen bei der X-T3-Aufnahme einen etwas unschärferen und dadurch ruhigeren Hintergrund. Die ƒ2.8-Linse führt zusammen mit dem um den Faktor 1,5 größeren Sensor zu einer um 2 Blendenstufen geringeren Schärfentiefe. Fett macht es den Braten hier aber nicht. Einem fotografischen Laien dürften die Unterschiede kaum auffallen.
Anders sieht das bei den nächsten beiden Abbildungen aus. Das Objekt ist größer als der Zaunausschnitt, weshalb ich aus größerer Distanz fotografieren muss, wodurch die Schärfentiefe steigt. Hier liefert die Fuji-Kombination ein brauchbares Resultat, die Olympus nicht.
Low-Light-Fotografie
Um die Low-Light-Tauglichkeit der Systeme zu vergleichen, begab ich mich an einen der düstersten Orte den ich in Feldkirch kenne: Den Feldkircher Dom. Hier ist es einerseits wirklich dunkel, andererseits führen die hohen Kirchenfenster zu extremen Kontrasten. Bei allen Aufnahmen habe ich einen bewusst einen einigermaßen neutralen Weißabgleich eingestellt, die Tiefen drastisch angehoben und die Lichter gefüllt.
Fuji X-T3: Dass 36mm KB bei 1/8s ohne Bildstabilisierung aus freier Hand nicht zu halten ist, war natürlich klar.
Für die nächste Aufnahme habe ich mich etwas weiter weg begeben, bei 82,5mm KB und ISO12800 fotografiert. Die längere Brennweite habe ich in Kauf genommen, da in dieser Entfernung eine Säule steht, die mich stabilisieren konnte (Fotografenstabilisierung). Verwackelung ist nun keine mehr sichtbar, dafür ist das Rauschen auf einem Niveau mit dem nicht jeder leben wollen wird.
Nächste Aufnahme: ISO6400. Als bekennender Toleranzler in Sachen Rauschen: Damit könnte ich leben.
Dank der Bildstabilisierung der E-M5 III kann ich dieselben Motive bei ISO200 fotografieren: 1/2 Sekunde Verschlusszeit bei 90mm entlockt olympus’scher Bildstabilisierung nur ein müdes Lächeln. Trotz Hochziehens der Tiefen in Capture One um +100 ist Rauschen kein Thema.
Die folgende Aufnahme stammt von der E-M1 III und wurde hochauflösend im Freihandmodus aufgenommen und zwar freistehend (also keine Fotografenstabilisierung durch eine Säule oder Ähnliches). Ich bleibe zwar bei meiner Behauptung, dass der Freihandmodus zu keinen feineren Details gegenüber der normalen Auflösung führt (man hat die Details nur unschärfer höher aufgelöst). Die das Zusammenrechnen mehrere Belichtungen zur hochaufgelösten Aufnahme wirkt sich allerdings positiv auf das Rauschen aus und erhöht darüber hinaus – auch das werde ich einem der kommenden Berichte noch zeigen – den Dynamikumfang. Beachtlich: Die Verschlusszeit steht auf 1/5s und die Kamera soll damit 16 Bilder machen und verrechnen. Trotzdem ist das Ergebnis scharf.
Noch einmal hochauflösender Modus. Hier habe ich für ausreichend Schärfentiefe ƒ5 gewählt und ISO auf 1600 angehoben. Trotzdem ist Rauschen in der Aufnahme kein Thema. Man beachte die Wabenstruktur im Lautsprecher am rechten Bildrand. Zur 100-%-Ansicht einfach per Klick in die Lightbox wechseln und dann noch einmal klicken um zur 100-%-Ansicht zu gelangen.
Noch einmal Freihand im hochauflösenden Modus. Verschlusszeit 1s. Das Bild ist ebenso rauscharm wie frei von Verwackelung.
Die nächsten beiden Aufnahmen repräsentieren Standardsituationen. Im rohen RAW waren die Wolken jeweils noch eine mehr oder weniger zeichnungslose weiße Fläche. Durch senken der Lichter und Anheben von Klarheit treten sie hervor. Außerdem wurden die Tiefen angehoben.
Die folgende Aufnahme mit der X-T3 hat mir am Bildschirm eine Überraschung geliefert: Trotz problemloser Lichtbedingung ist sie verwackelt. 1/60s bei 60mm KB sollte nach alter Faustregel Freihand zu halten sein, doch 26MP sind halt doch etwas mehr, als die 14MP die man für Kleinbildfilme annimmt. Hätte ich eine zweite Aufnahme gemacht, wäre diese eventuell scharf geworden. Ich habe mich so sehr an Bildstabilisierung gewöhnt, dass mir gar nicht in den Sinn gekommen ist bei dieser Verschlusszeit zu kontrollieren, ob die Aufnahme scharf ist. Würde ich mir eine X-T3 zulegen, müsste ich die Verschlusszeit wieder besser im Auge behalten.
Scharf hingegen die Aufnahme der E-M5 darunter.
Ich bin zwar kein engagierter Makrofotograf, aber Blümchen, Schmetterlinge, Käfer und Ähnliches sammle ich doch gerne nebenher mit ein. Besonders, wenn der Genosse so interessant aussieht, wie dieser hier. Mit der E-M5 und dem 12–45mm ist sogar eine brauchbare Aufnahme möglich, mit der X-T3 und dem 16–55mm eher nicht. Beide Aufnahmen sind auf einen Ausschnitt von 2880×1920px zugeschnitten.
Größerer Dynamikumfang?
Die folgenden Aufnahmen zeigen einen extremen Motivkontrast (nur deshalb habe ich sie aufgenommen). Bei beiden habe ich um etwa –2LW unterbelichtet, um im Himmel so wenig als möglich ausbrechen zu lassen. Die Tiefen und Schwarz wurden dann in Capture One auf +100 angehoben, die Lichter und Weiß um –100 gesenkt. Ich würde den Unterschied »homöopathisch« nennen. Mit ƒ22 habe ich belichtet, um die Strahlen möglichst kräftig aus der Sonne heraus zu kitzeln.
Nacht und Langzeit
Am Abend habe ich einen Blick auf Feldkirch riskiert, um Vergleiche bei Nacht und Langzeit zu erstellen.
Während das Stativ von der X-T3 belegt war, machte ich ein paar Aufnahmen mit der E-M1 III mit Brennweiten bis zu 100mm (200mm KB) aus freier Hand. Die folgende Aufnahme entstand bei 70mm und 1,3s Verschlusszeit.
Für die folgende Aufnahme stand dann die E-M1 auf dem Stativ. Wenn möglich meide ich mit MFT Blendenwerte über ƒ8, da darüber hinaus die Beugungsunschärfe zum Thema werden kann. In diesem Fall ging ich auf ƒ16, um wieder Sternchen um die Lichter zu erhalten.
Die folgende Aufnahme entstand mit der E-M1 im hochauflösenden Modus. Und wie ich das jetzt schreibe fällt mir ein, dass ich vergessen habe von Freihand- auf Stativ-Modus umzustellen. Ich zeige es dennoch, denn es zeigt, dass auf Stativ tatsächlich feinere Detailzeichnung zu erzielen ist, als bei Normalauflösung – im Stativ-Modus würde die Auflösung 80MP statt 50MP betragen.
Die letzte Nachtaufnahme entstand noch einmal mit der X-T3. Auch hier dient der hohe Blendenwert der Erzeugung der Sternchen um die Lichter. ƒ11 ist bei APS-C bezüglich Beugungsunschärfe noch unbedenklich. Üblicherweise gilt ƒ16 als Grenze (bei Vollformat ƒ22, bei MFT ƒ11). Hängt aber natürlich von der Auflösung ab: Olympus wird sicher wissen, weshalb die Blende in den hochauflösenden Modi auf ƒ8 begrenzt wird.
Wandern mit X-T3 und E-M5 III
Für den dritten Ausflug ging es in die Berge. Diesmal begleitete mich neben der X-T3 wieder die E-M5 III. Zusätzlich zu 12–45mm ƒ4 habe ich ein Lumix 15mm ƒ1.7 mit variablem ND-Filter und ein M.Zuiko 9–18mm ƒ4–5.6 eingepackt. Wegen des Gewichts hat sich bei mir bei Vollformat (DSLR-Zeit) für Wanderungen immer die Frage gestellt, soll ich das jetzt auch noch einpacken? Und im Zweifelsfall: Nein! Bei MFT lautet die Frage meist eher, soll ich das nicht auch noch einpacken? Im Zweifelsfall: Wieso nicht! So habe ich an diesem Tag auch zusätzlich einen E-M5 II Body in den Rucksack gesteckt, da ich für die beiden anderen Kameras keinen Zweitakku habe und ich nicht plötzlich mit ausschließlich leeren Kanonen dastehen wollte.
Dass ich an ein Objektiv mit Graufilter gedacht habe, erwies sich als gut. Der Himmel war noch grau, die Sonne verdeckt, das Licht diesig, die Szenen langweilig. Jedenfalls für Landschaftsaufnahmen. Nahezu ideal war das weiche Licht jedoch für Langzeitaufnahmen vom Wildbach entlang dem ich wanderte.
Für die folgende Aufnahme stand ich etwas instabil auf Steinen im Bachbett. Die Anstrengung der Wanderung (man ist keine 20 mehr und nicht im Training) hatte zusätzlich Einfluss auf die Stabilität mit der ich die Kamera hielt. Trotzdem hat die E-M5 III keine Probleme mit den 2s Verschlusszeit.
Und so nimmt man das Motiv auf, wenn man weder eine Olympus noch ein Stativ dabei hat. In diesem Fall habe ich ISO bewusst etwas angehoben, um bei 1/200s einigermaßen eingefrorenes Wasser zu erhalten. Den Versuch einer Landzeitbelichtung habe ich erst gar nicht unternommen.
Die folgende Gegenlichtaufnahme läuft außer Konkurrenz, aber ich schmuggle sie herein, weil ich sie mag.
Hier hatte der Himmel etwa aufgemacht und die Sonne beleuchtete die Herbstfarben. Der Himmel war trübe, das Licht dennoch hart. Insgesamt eine Standardszene auf Wanderungen.
Leider hatte sich hier bei der X-T3 ein unpassender Bildmodus eingeschlichen. Bei der X-T3 haben Filmsimulationen Einfluss auf die RAW-Dateien. Der bei diesem Ausflug aktive Modus hat zu ziemlich flauen Farben geführt, die ich mit wenig Aufwand kaum zufriedenstellend korrigieren konnte. Für meinen Bedarf widerspricht das der Art, wie ich RAW nutze. Ich erwarte vom RAW ein optimales Negativ, dessen Aussehen ich anschließend in der digitalen Dunkelkammer entwickeln kann, wie ich will. Selbstverständlich handelt es sich um einen Anwendungsfehler von mir. Und Grundsätzlich spricht nichts dagegen eine Option in der Kamera zu haben, die man selber nicht braucht. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass in den Genres, in denen Fuji besonders beliebt ist, die Möglichkeit Filmsimulationen im RAW zu speichern, durchaus sinnvoll sein kann. Wenn ihr selbst damit arbeitet, würde mich durchaus interessieren, wie ihr damit arbeitet und wo der konkrete Vorteil gegenüber In-Kamera-JPEG-Filmsimulationen bzw. Stilen in der digitalen Dunkelkammer liegt. Bitte gerne in die Kommentare schreiben!
Diese Szene zeigt wieder extremes Gegenlicht. Auch hier habe ich die Tiefen nahe zum Anschlag angehoben und die Lichter gefüllt. Darüber hinaus habe ich die Struktur gepusht, damit wieder Kontrast in die Zeichnung kommt. Wieder schenken sich die E-M5 und die X-T3 wenig. Nach den beiden entwickelten Varianten zeige ich unten auch die Originale vor der Entwicklung.
Die E-M5 III ist zusammen mit 12–45mm ƒ4, Lumix 15mm ƒ1.7, M.Zuiko 9–18mm ƒ4–5.6, ND-Filter und Pol-Filter etwa gleich groß aber etwas leichter als die X-T3 mit 16–55mm ƒ2.8.
Zusammen haben E-M5 III und 12–45mm nur 668g. Wie schon gesagt: Inklusive der bekanntermaßen guten Abdichtung sollte sie damit der ideale Partner für Wanderer sein. Das heißt allerdings nicht, dass die X-T3 nach meinem Dafürhalten für Wanderer ungeeignet ist. Ob die Kamera knapp 700g oder etwas über 1200g wiegt, wird für die wenigsten Wanderer relevant sein. Eher relevant sein dürfte das Thema für Mountainbiker, Touren-Radler und Skifahrer. Und für Leute die mit gewissen körperlichen Problemen laborieren. Bei manchen Gelenksproblemen oder Rückenbeschwerden kann eventuell jedes Gramm weniger zählen.
Résumé
Für mich wäre die X-T3 kein Thema. Das war aber vor dem Vergleich schon klar. Mir ging es vor allem darum herauszufinden, ob Fuji tatsächlich besser Aufnahmen macht, als eine Olympus. Nach meiner Ansicht, in den Händen desselben Fotografen eher nicht. Da kann sich aber natürlich jeder Anhand der gezeigten Bilder eine eigene Meinung bilden – und natürlich auch jenseits der von mir gezeigten Beispiele.
Ich persönlich erwarte von einer Kamera, dass ich alle für bestimmte Szenen erforderlichen Einstellungen so schnell als möglich wechseln kann. Eine Olympus kann ich so programmieren, dass das über Bernutzermodi am Moduswahlrad geht und keine Sekunde dauert. Bei Fuji ist für vergleichbare Änderungen einiges an Rädchendrehen erforderlich. Doch wie gesagt, sehe ich die X-Serie von Fuji gar nicht dazu gedacht, so zu arbeiten, wie ich es tue. Kritik daran wäre, als würde ich mich beschweren, dass eine Limousine schlechter ist als ein Cabrio, weil ich selbst gerne offen fahre. Fuji hat ein einzigartiges Bedienkonzept und ich hoffe, dass diese Alternative lange bestehen bleibt.
Links:
- Olympus OM-D E-M1 III: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Olympus OM-D E-M5 III: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Fujifilm X-T3: Fujifilm | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Fujifilm 16–55mm ƒ2.8: Fujifilm | Foto-Hebenstreit
- Olympus 7–14mm ƒ2.8: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Olympus 12–100mm ƒ4: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Olympus 12–45mm ƒ4: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Olympus 9–18mm: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Panasonic Lumix 15mm ƒ1.7: Panasonic | Foto-Hebenstreit | Amazon
Nachbemerkungen:
- Meine Tests von Kameras und Ausrüstung sind wie eingangs erwähnt Erfahrungsberichte. Ich suche nicht danach, was an den Produkten gut und was schlecht ist, sondern arbeite damit und berichte, was mir positiv auffällt, und was für mich eher kontraproduktiv ist. Mich interessiert nicht, was theoretisch technisch gerade State of the Art wäre, sondern lediglich ob sich etwas in der Praxis praktisch bewährt. Wenn beispielsweise ein Sucher für mich in der Praxis gut funktioniert, ist mir egal, wie groß oder hoch aufgelöst er ist. Generell lege ich den Fokus eher darauf, was mir an dem Produkt gefällt, als das Haar in der Suppe zu suchen.
- Die perfekte Kamera für alles und alle gibt es nicht! Es gibt nur the right tool for the job – die richtige Kamera für die Aufgabe. Schlechte Apparate leistet sich kein Hersteller.
- Ein gutes Foto ist primär ein interessantes Motiv, gekonnt gestaltet fotografiert. Perfekte Detailschärfe und Absenz von Rauschen spielt dabei eine vernachlässigbare Nebenrolle. Ich kann mit Rauschen besser leben, als mit langweiligen schlecht gestalteten Bildern.
- Alles, was ich schreibe ist subjektiv, und jeder soll seine eigene subjektive Meinung haben.
- Foto-Hebenstreit unterstützt mich seit Jahren mit Ausrüstung für meine Tests und Versuche – ohne ihn wären einige hier gepostete Artikel nicht möglich gewesen. Deshalb verlinke ich die besprochenen Produkte auch gerne und provisionsfrei mit dem Hebenstreit-Online-Shop (sofern dort verfügbar). Wer lieber über Amazon bestellt bekommt auch den Link dahin geliefert und ich, falls ihr etwas bestellt, ein paar Cents oder – wenn es etwas Größeres ist – ein paar Euro.
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