Seit einigen Tagen begleitet mich Olympus’ neues Superzoom M.Zuiko 100–400mm ƒ5.0–6.3 als Testobjektiv. Eigentlich ideal für alle, die wie ich gerne auf die Jagd nach wilden Tieren gehen.
Vor ein paar Jahren kaufte ich das Panasonic 100–400mm ƒ4.0–6.3 (Bericht | Panasonic | Foto-Hebenstreit-Shop | Amazon), das ich dann meiner Frau Andrea gab als ich mir selbst das Olympus M.Zuiko 300mm ƒ4 Pro (Bericht | Olympus | Foto-Hebenstreit-Shop | Amazon) zulegte. Das 300er ist seither wohl zu meinem meistgenutzten Objektiv geworden. Allerdings ist es eine Festbrennweite, was sicher nicht Jedermanns und -fraus Sache ist. Als ich es im Feldkircher Wildpark neben dem neuen 100–400 testete – ein Bericht folgt in den nächsten Tagen – stieß ich selbst dauernd an seine Grenzen. Auf meinen Fototouren in freier Wildbahn habe ich Zoomen auf kürzere Brennweiten nie vermisst – man kommt an Wildtiere ohnehin kaum einmal nahe genug heran. Im Tierpark allerdings sah es anders aus. Mehrmals war ich mit der Festbrennweite zu nahe am Subjekt, um einen brauchbaren Ausschnitt zu bekommen, während ich mit dem 100–400mm bequem auszoomen konnte.
Nun ist die 300mm Festbrennweite ja nicht mein einziges Kaliber. Setze ich an das 40–150mm ƒ2.8 (Bericht | Olympus | Foto-Hebenstreit-Shop | Amazon) den 2×-Telekonverter MC-20 (Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon) an, erhalte ich ein 80–300mm Supertele – zwar nur mehr mit ƒ5.6, was aber am langen Ende noch immer einen Hauch (1/3 Blende – immerhin!) lichtstärker ist, als das 100–400 Superzoom. Auch wenn Olympus’ Neues satte 100mm mehr an Brennweite aufweist als das 40–150mm mit 2-fach-Konverter kann man durchaus einen Vergleich anstellen. Um das zu tun habe ich das 100–400 an die E-M1X angesetzt und das 40–150 mit MC-20 an die E-M1 III, und bin neuerlich zum Wildpark hochgestiegen. Vor 9:00 Vormittags ist es dort noch relativ ruhig und Luchs, Wildkatzen und Wolf zeigen sich und lassen sich beobachten und fotografieren.
Oben eine Aufnahme der Dame des Luchsgeheges während der Morgentoilette. Die Lichtverhältnisse im Tierpark sind für die Fotografie alles andere als ideal. Trotz ISO6400 beträgt die Verschlusszeit noch immer 1/250s. Natürlich könnte ich bei der E-M1 auch deutlich kürzere Verschlusszeiten trotz der langen Brennweite problemlos halten, aber bei mehr als 1/250s wird die Bewegung der Tiere zunehmend zum Problem.
Während der Kater zur frühen Stunde abwechselnd seine Runden durch das Gehege zieht und sich dann wieder einige Meter vom Zaun entfernt auf die Faule haut legt, lässt sich die Dame ganz gerne direkt am Zaun nieder. Man kann sich dann einen Meter vor sie setzen und ihr tief in die Augen schauen. Bei unserem ersten Date hat sie mir sogar etwas vormiaut. Ein faszinierendes Erlebnis, wenn auch für mich mit etwas Wehmut verbunden, sind mir Wildtiere in Freiheit doch lieber, als hinter Maschendrahtzaun. Diesen wiederum konnte man leider nicht ganz ausblenden, auch wenn ich sehr nahe an den Zaun ging – er ist als diagonal verlaufende Schleier im Vordergrund zu erkennen.
Trotz der hohen ISO-Empfindlichkeit hält sich das Rauschen in für mich erträglichen Grenzen. Natürlich zermatscht es einwenig die Details, was meine Freude an solchen Aufnahmen aber kaum beeinträchtigt.
Eine Vergleichsaufnahme mit dem 40–150mm mit Telekonverter. Die Unterschiede zwischen den Aufnahmen sind überschaubar. Das 100–400mm gibt sich neben dem 40–150 keine Blöße. Zwar zeigt dieses Bild in den Details des Pelzes über den Augen etwas mehr Schärfe, aber das dürfte wohl maßgeblich an der deutlich geringeren ISO-Empfindlichkeit liegen. Dass hier Blende ƒ8 statt Offenblende ƒ5.6 zum Einsatz kam war wahrscheinlich ein Versehen, ganz ausschließen will ich allerdings nicht, dass ich sie bewusst wählte, um etwas mehr Schärfentiefe ins Gesicht zu bekommen.
Hier dreht der Wolf seine Morgenrunde. Er ist durchaus zu bedauern, hat er doch vor kurzem erst sein Weibchen verloren, wie übrigens auch der Luchskater, dessen trächtige Partnerin vor kurzem unvermittelt gestorben ist. Mehr als kleine Tragödien für den Wildpark auf dem Feldkircher Ardetzenberg, seine Bewohner und Tierpfleger. Ich hoffe und gehe davon aus, dass die Tiere zumindest in guten Händen sind. Herr Luchs hat seine neue Partnerin ja bereits im Gehege und für den Wolf – so hat man mir verraten – ist man auf der Suche nach neuer Gesellschaft.
Die Verschlusszeit beträgt bei dieser Aufnahme 1/1600s. Um die Bewegung einzufrieren habe ich mit Zeitvorwahl fotografiert. 1/1600s ist meine Standardvorgabe auf einem Benutzer-Preset meiner OM-Ds für das Fotografieren von Vögeln im Flug. So schnell ist Isegrim wohl nicht unterwegs und mit 1/400s bis 1/800s wäre die Aufnahmen wohl noch immer frei von nennenswerter Bewegungsunschärfe gelungen, die Detailschärfe wäre aber aufgrund des geringeren ISO-Werts besser geworden. In der Tierfotografie muss es aber oft so schnell gehen, dass keine Zeit bleibt die perfekten Einstellungen im Auge zu behalten.
Hier war wieder das 40-150mm mit dem Telekonverter im Einsatz. Es finden sich in meiner Bibliothek auch ähnliche Aufnahmen bei denen die Verschlusszeit länger vorgegeben war, die Empfindlichkeit also weniger angehoben wurde und das Rauschen geringer ist, ich habe mich aber für dieses Bild entschieden, weil so der Vergleich zur Aufnahme mit dem 100–400mm fairer ist. So wie schon bei der Luchsdame sind die Unterschiede zu vernachlässigen.
Mehr Glück als Luchs und Wolf hatte das Wildkatzenpärchen mit dem Nachwuchs. In deren Gehege tollt ein kleiner Kater umher. Schon bei meinen ersten beiden Besuchen im Tierpark konnte dem Kleinen beim Spielen zuschauen, allerdings hielten sich die Eltern und er im hinteren Teil des Geheges weit von mir entfernt, nahe des Zauns und im harten Sonnenlicht auf, was keine besonders attraktiven Aufnahmen erlaubte. Die Distanz war so groß, dass ich trotz der langen Brennweite zusätzlich croppen musste.
Wieder eine Vergleichsaufnahme mit 40–150 und Konverter. Damit habe ich ein paar bessere Aufnahmen als mit dem 100–400mm erzielt, was aber wohl mehr an den glücklicher erwischten Szenen und Lichtsituationen liegen wird, als an der Qualität der Optiken. Ausgewählt habe ich hier allerdings ein Bild das vergleichbarer ist.
Das abschließende Bild entstand noch einmal mit dem 40–150. Ein Vergleichsbild gibt es dazu nicht, aber ich finde nett wie man sieht wie Katze und kleiner Kater miteinander spielen, was beim Live-Zusehen natürlich noch unterhaltsamer ist.
Was mich an diesem Test interessiert hat, war einerseits, wie gut sich Olympus’ neues Superzoom neben dem ausgezeichneten 40–150mm behaupten kann, und ob es sinnvoll wäre das Neue zu kaufen, wenn man das 40–150mm bereits besitzt. Mein Eindruck nach dieser Foto-Session: Das 100–400mm hält locker mit dem 40–150 mit. Es mag sein, dass man beim Pixel-Peeping Unterschiede ausmachen könnte. Akademische Unterschiede die eine Vergrößerung erfordern interessieren mich jedoch nicht. Mich interessiert nur, was praktisch relevant ist. Und da würde ich die Unterschiede zwischen Superzoom und Telezoom + Konverter als irrelevant betrachten.
Wer noch kein sehr langes Tele besitzt und mit der Tierfotografie liebäugelt, kann beim 100–400 bedenkenlos zugreifen. Man bekommt eine erstklassige Optik die gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet ist – und bei Olympus erwarte ich auch, dass das keine leeren Versprechungen sind.
Wer hingegen das 40–150mm und den 2-fach-Telekonverter bereits besitzt sollte sich von den zusätzlichen 100mm nicht zu viel erwarten. Hat man das 40–150, aber noch keinen Konverter, kann man aufrüsten. Der Konverter mag mit etwa 450 Euro zwar nicht unbedingt als Schnäppchen gelten können, doch weniger als die knapp 1400 Euro für das neue Supertele ist es allemal.
In Sachen Fokussierung ist mir kein nennenswerter Unterschied zwischen den beiden Linsen aufgefallen. Angenehm am Neuen: Ein Schalter für die Fokusbegrenzung. Die lässt sich zwar auch beim 40–150mm über die Software der Kamera einstellen, aber ein Schalter am Objektiv ist komfortabler.
Weniger komfortabel bis unverständlich finde ich, dass das 100–400 zwar stabilisiert ist, jedoch keine Dual-Stabilisierung zusammen mit dem Sensor der Kamera erlaubt. In der Praxis erweist sich das allerdings als überschaubares Problem. Nach traditioneller Formel würde man zum Halten von 800mm KB eine Verschlusszeit von 1/800s oder kürzer benötigen. Das 100–400 stabilisiert 3 Lichtwerte, wodurch man auch noch 1/100s aus freier Hand halten können sollte. Bei dieser Verschlusszeit bekommt man beim üblichen Subjekt des Objektivs – Tieren – meist ohnehin Probleme mit der Bewegung des Lebewesens. Mehr Stabilisierung wäre somit nur selten mehr wert. Und im Vergleich zum 40–150: Das ist ohnehin nicht intern stabilisiert.
Wenig schenken sich die beiden Objektive in Sachen Volumen und Gewicht: Das 100–400 wiegt inklusive Streulichtblende und Objektivdeckeln 1207g, das 40–150 mit Konverter und Deckeln 1066g. Auch der Längenunterschied ist zu vernachlässigen.
Anmerkung: Foto Hebenstreit hat mir in der Vergangenheit oft Ausrüstung für Tests und Versuche zur Verfügung gestellt. Für die Zukunft beabsichtigen wir die Zusammenarbeit zu vertiefen, was heißt, dass vermehrt Erfahrungsberichte über Kameras, Objektive und Fotoausrüstung zu erwarten sind – nicht nur von Olympus und/oder MFT. Außerdem soll es von mir auch bald Fotokurse beim Feldkircher Fotohändler geben.
Ich möchte auch den neuen Online-Shop des Fachhändlers unterstützen. Einerseits aus schon Jahren dauernder Verbundenheit, aber und vor allem auch, weil ich Alternativen zu Amazon für wichtig halte. Ich weiß nicht, ob es für Leser aus Deutschland oder der Schweiz interessant ist in Vorarlberg zu bestellen, deshalb wird es auch in Zukunft immer auch Links zu Amazon geben. Ich halte meine Leser für mündig genug selbst zu entscheiden bei wem Sie einkaufen (und ich bin ja selbst immer wieder Amazon-Kunde). Ordert ihr dort, dann könnt ihr mich unterstützen, wenn ihr die Bestellung über einen Link hier startet – egal, ob ihr dann das verlinkte Produkt oder irgendetwas Anderes bestellt. Für mich fallen dann ein paar Affiliate-Cents oder Euros ab. Ein Trinkgeld kommt für mich so gelegentlich zusammen, auch wenn ich vom Umsatz eines erfolgreichen Influencers noch weit entfernt bin.
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