In meiner Vergleichsserie von MFT mit angeblich überlegenen Systemen mit größeren Sensoren tritt die E-M1 III heute gegen die Sony A7 III an. In meinen ersten Bericht vergleiche ich die Olympus mit M.Zuiko 100–400mm mit einer A7R IV mit Sigma 100–400mm. Mein Fazit dort: Die Sony mit Sigma-Supertele ist kaum schwerer als die Oly-Kombination, die 61MP gleichen den Vorteil der Brennweitenverlängerung weitgehend aus, mit der Konsequenz, dass sich bei vergleichbarer Pixeldichte auch das Rauschverhalten nicht wesentlich unterscheidet, dass man ein mehrfaches Datenvolumen produziert und das Doppelte dafür auf den Ladentisch legen muss.
In einem etwas frivolen zweiten Bericht ließ ich den schon etwas älteren 16MP-Zwerg E-M5 II mit einer 250-Euro-Festbrennweite gegen die A7R IV mit 1100-Euro-Sigma-Art-Festbrennweite antreten. Fazit dieses Vergleichs: Das Sigma ist eine feine Porträtbrennweite. Für die anspruchsvolle Porträtsession im Studio und on Location würde auch ich Vollformat mit so einem Objektiv vorziehen. Das Oly-Gespann jedoch passt in eine Jackentasche und genau dafür habe ich die E-M5. Sie kann mich auch gut auf Wanderungen mit einem kompakten Weitwinkelzoom begleiten, wenn ich an der größeren Kamera ein Supertele montiert habe. Der Bericht vergleicht zwar einerseits tatsächlich Äpfel mit Birnen, macht aber damit nur das, was in der Diskussion um MFT vs. Vollformat dauernd getan wird. Vergleiche ich die Resultate des Ausflugs mit den Kindern die von den beiden Systemen kommen, steht der Mehrpreis – immerhin ein Fünffaches – in keinem Verhältnis zu dem, was ich gewinne.
Natürlich gibt es Vollformatkameras nicht nur um 4000 Euro, sondern längst auch für weniger als 2000. Deshalb habe ich zusammen mit Foto-Hebenstreit für den nächsten Vergleich eine Kamera ausgewählt, die im Handel ähnlich viel kosten, wie die OM-D E-M1 III: Die Sony A7 III (EM-1 III etwa 1800 Euro, A7 III etwa 2000 Euro). Diese bringt auf ihrem Vollformatsensor 24MP unter, also 20% mehr, als die Olympus. D.h., dass sie 20% des Vorteils der E-M1 durch die Brennweitenverlängerung – die in der Wildtierfotografie durchaus ein Thema ist – durch Auflösung wieder wettmachen kann. Es bedeutet aber auch, dass sie bei gleicher tatsächlicher Brennweite (z.B. Sony: 400mm KB; Olympus: 400mm MFT) auf dieselbe Distanz einen deutlich geringer aufgelösten Ausschnitt aufzeichnet, als die E-M1 oder die A7R IV.
Beim ersten in die Hand nehmen merke ich, dass mir diese Sony weniger gut passt, als die A7R IV. Der A7R muss ich zugestehen, dass sie genauso gut in meinen Händen liegt, wie die E-M1 III, die für mich in dieser Beziehung bislang das Maß der Dinge darstellt. Der Griff der A7 III ist kürzer, wodurch dasselbe Gewicht von Tele und Kamera mehr an den Fingern zieht, als bei A7R oder OM-D. Ich habe aber auch gelernt, dass das empfinden, wie eine Kamera in Händen liegt, sehr subjektiv ist und logischerweise von den Händen abhängt. Die einzige Möglichkeit herauszufinden, ob ein Body gut in den Händen liegt oder nicht, ist, ihn in die Hand zu nehmen. Deshalb halte ich auch gerade beim Kamerakauf den Fachhandel für wichtig.
Brennweitenverlängerung auf lange Sicht im Vorteil
Die Aufnahmen der Taube demonstrieren den Brennweitenvorteil der kleinen MFT-Sensoren gegenüber dem Vollformat. Beide entstanden aus derselben Entfernung bei längster Brennweite und wurden auf den kleinsten Ausschnitt auf den ich Bilder reduziere – 2880 Pixel Breite – zugeschnitten. Bei gleicher Brennweite mit vergleichbaren Objektiven zu vergleichbaren Preisen komme ich deutlich näher an meine Motive heran, als mit Kleinbild – jedenfalls, sofern ich mich nicht für ein Pixelmonster wie die A7R IV entscheide und die damit einhergehenden immensen Datenmengen akzeptiere. Während die E-M1 ein akzeptables Bild einfängt, ist das Foto der A7 III nicht wirklich brauchbar.
Bei den Aufnahmen mit der E-M1 habe ich wieder einmal zu wenig auf die Empfindlichkeit geachtet und unnötigerweise mit ISO800 fotografiert. Die Situationen wechseln in der Naturfotografie dauernd und auch nach Jahren fotografiere ich regelmäßig mit suboptimalen Einstellungen. Wie geht es euch damit? Habt ihr auch wenn es schnell gehen muss immer alle Werte im Blick?
Zurück zum Bild E-M1-Bild der Taube: Rauschen ist trotz dezenter ISO-Anhebung und in Capture One deutlich aufgehellten Schatten kein Thema.
Auch hier beim Schmetterling erlaubt mir die E-M1 ein gerade noch akzeptables Bild, während der Schmetterling in der auf das gleiche Pixelformat zugeschnittenen Aufnahme der A7 III im unruhigen Umfeld nicht zur Geltung kommt.
Interessiert hat mich nun aber auch, ob die Sony vielleicht so viel Vorteil aus der geringeren Pixeldichte ziehen kann, dass ich das mit ihr gemachte Bild auf die Größe der Aufnahme der E-M1-Aufnahme interpolieren kann (also um etwa 80% aufblasen) und ein gleichwertiges Resultat erziele. Die Abbildung unten zeigt das Resultat. Ohne in das Bild zu zoomen werdet ihr die Aufnahmen von E-M1 und A7 III nun wahrscheinlich als gleichwertig empfinden. Für mich zeigt das einmal mehr, dass wir in der Fotografie permanent Dinge diskutieren, die praktisch betrachtet bestenfalls Peanuts sind. Um es genau herauszufinden, habe ich die interpolierte A7-III-Version und das E-M1-Bild in Photoshop in Ebenen übereinander gelegt, und beim direkten Vergleich in der 100-%-Ansicht ist dann auch gut zu sehen, dass die Aufnahme der E-M1 etwas schärfer, detailreicher und attraktiver ist – es rauscht zwar etwas im Hintergrund, aber das finde ich besser, als das geglättete Ergebnis der Interpolation mit ihren Tonwertabrissen. Wer das selbst vergleichen möchte: Bilder anklicken, herunterladen und ausprobieren!
Gut für fern und nah!
Langsam wird es etwas peinlich mit den ISO-Empfindlichkeiten. Ich muss endlich lernen etwas weniger schlampig zu fotografieren! Aber zum Thema! Einer der Vorteile von MFT ist, dass man mit demselben Objektiv ebenso weit Entferntes, wie Winziges vor der Nase fotografieren kann. Das hier verwendete M.Zuiko 100–400mm liefert einen Abbildungsmaßstab von 1:2, womit man durchaus schon von Makrofotografie sprechen darf. Das Sigma 100–400mm, das gegen es antritt, schafft lediglich 1:4,1.
Die untere Abbildung zeigt dieselbe Blume mit der Sony und dem Sigma 100–400mm aufgenommen, so groß es mir die Naheinstellgrenze erlaubte. In diesem Fall keine schlechte Aufnahme, sondern schlicht eine andere.
Um hier nicht die Theorie für mich in meinem Sinne zu missbrauchen und fair zu bleiben, habe ich die Sony-Aufnahme auf einen 3000×2000 Pixel großen Ausschnitt zugeschnitten (Abbildung unten). Unter den in der Praxis üblichen Ausgabebedingungen – Diashow, Internet-Veröffentlichung, Fotoabzug – ist das mehr als genug, lediglich ganzseitig in einem A4-Album muss man mit nicht mehr ganz optimaler Wiedergabe rechnen.
Echt makro!
Der Vergleich der beiden Aufnahmen oben belegt noch deutlicher die Überlegenheit des MFT-Systems gegenüber Vollformat für meinen Anwendungsbereich. Mit der Olympus erziele ich eine schöne Makroaufnahme, das Resultat der Aufnahme der A7 III ist das Bild eines Blümchens. Da diese Blume deutlich kleiner ist, als jene zuvor, bringt hier auch Zuschneiden nicht mehr viel, denn die Auflösung wird dann sehr gering.
Die Aufnahmen des normal großen Schmetterlings oben sind weitgehend gleichwertig, das Resultat der Sony gefällt mir einen Hauch besser. Naheinstellgrenze war hier nicht relevant. Anders sieht es beim unten abgebildeten Bläuling aus: Diese Schmetterlinge sind recht klein, oft nur wenige Millimeter groß. Mit der Sony A7 III und dem Sigma 100–400mm wäre eine vergleichbare Aufnahme nicht möglich gewesen.
Die beiden folgenden Aufnahmen sind ebenfalls weitgehend gleichwertig. Wer hier glaubt Unterschiede diskutieren zu müssen, spaltet Haare.
Bei den letzten beiden Aufnahmen des Falken kann das MFT-System wieder den Vorteil der Brennweitenverlängerung ausspielen – sie bringt mich bedeutend näher an das Motiv als die Vollformatkamera.
Und was ist das Fazit?
Ich erarbeite diese Testserie um herauszufinden, ob stimmt, was viele behaupten, nämlich, dass das MFT-System gegenüber Vollformat in der Natur- und Wildtierfotografie keine Vorteile mehr habe, dass und Vollformatsysteme inzwischen Vergleichbares bei vergleichbarem Gewicht und Volumen leisten und das möglicherweise auch noch zu fast gleichen Preisen. Inzwischen traue ich mich zu schreiben: Es stimmt nicht! MFT ist für meinen Bedarf dem Vollformat deutlich überlegen. Wer glaubt das widerlegen zu können, darf gerne Beispiele zeigen.
Die Betonung liegt auf, für meinen Bedarf! Nicht nur für andere Fotografen kann die A7 III die bessere Kamera als eine OM-D/MFT-Kamera sein. Auch für mich wäre Vollformat die bessere Wahl, würde ich Anderes anders fotografieren. Für regelmäßige Leser mag das eine inzwischen nervige Wiederholung sein, aber ich weiß, wenn ich das nicht schreibe, wird mir unterstellt, dass ich behaupte MFT sei per se das überlegene Format. Das ist Unsinn.
Die A7 III ist eine attraktive Kamera, an der ich wenig auszusetzen finde, außer, dass mir eben A7R und OM-Ds besser in Händen liegen. Die Fokussierung befindet sich auf Höhe der Zeit. Alle Kameras, mit denen ich im September und dem laufenden Oktober fotografiert habe – E-M1 III, A7R IV, A7 III und A6400 – schnappen einmal präzise und sicher zu und schaffen es ein andermal nich auf Motive scharfzustellen, die ihnen eigentlich keine Probleme bereiten sollten. Ich mag mich deshalb nicht festlegen, wer hier Primus und wer Schlafmütze ist. Ausnahme ist lediglich die E-M5 II, die im letzten Vergleich eine Hauptrolle spielt. Die ist aber, was die AF-Evolution betrifft, auch in einer anderen Epoche zur Welt gekommen.
Links:
- Blog: Sony A7R IV vs. Olympus OM-D E-M5 II
- Blog: Olympus OM-D E-M1 III vs. Sony A7R IV
- Olympus M.Zuiko 100–400mm ƒ5.0–6.3: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Olympus OM-D E-M1 III: Olympus | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Sony A7 III: Sony | Foto-Hebenstreit | Amazon
- Sigma 100–400mm ƒ5.0–6.3 | Sigma | Foto-Hebenstreit | Amazon
Anmerkung:
- Meine Tests von Kameras und Ausrüstung sind eigentlich eher Erfahrungsberichte. Ich suche nicht danach, was an den Produkten gut und was schlecht ist, sondern arbeite damit und berichte, was mir positiv auffällt, und was für mich eher kontraproduktiv ist. Mich interessiert nicht, was theoretisch technisch gerade State of the Art wäre, sondern lediglich ob sich etwas in der Praxis praktisch bewährt. Wenn beispielsweise ein Sucher für mich in der Praxis gut funktioniert, ist mir egal, wie groß oder hoch aufgelöst er ist. Generell lege ich den Fokus eher darauf, was mir an dem Produkt gefällt, als das Haar in der Suppe zu suchen.
- Die perfekte Kamera für alles und alle gibt es nicht! Es gibt nur the right tool for the job – die richtige Kamera für die Aufgabe. Schlechte Apparate leistet sich kein Hersteller.
- Ein gutes Foto ist primär ein interessantes Motiv, gekonnt gestaltet fotografiert. Perfekte Detailschärfe und Absenz von Rauschen spielt dabei eine vernachlässigbare Nebenrolle. Ich kann mit Rauschen besser leben, als mit langweiligen schlecht gestalteten Bildern.
- Alles, was ich schreibe ist subjektiv, und jeder soll seine eigene subjektive Meinung haben.
- Foto-Hebenstreit unterstützt mich seit Jahren mit Ausrüstung für meine Tests und Versuche – ohne ihn wären einige hier gepostete Artikel nicht möglich gewesen. Deshalb verlinke ich die besprochenen Produkte auch gerne und provisionsfrei mit dem Hebenstreit-Online-Shop (sofern dort verfügbar). Wer lieber über Amazon bestellt bekommt auch den Link dahin geliefert und ich, falls ihr etwas bestellt, ein paar Cents oder – wenn es etwas Größeres ist – ein paar Euro.
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