Ein weiterer lauer Sommerabend, an dem ich auf der Terrasse sitze – den Abendhimmel über mir – und mir etwas Zeit nehmen kann, Gedanken in Worte zu fassen und zu teilen. Das Foto oben zeigt wieder eine Aufnahme aus der Wildnis unserer Terrasse. Eine Fliege. Wir mögen keine Fliegen. Aber ist sie nicht dennoch interessant und faszinierend? Der Mikrokosmos der sich dem Fotografen mit dem Makro erschließt ist so anders, als das, was wir ohne diese Lupe zu sehen bekommen.
Auch diese Aufnahme entstand mit Blitz und dem Diffusor, den ich im Artikel vor ein paar Tagen vorgestellt habe. Das Schöne: Man sieht dem Bild den Blitzeinsatz nicht an. Das gelingt mir bei Weiten noch nicht immer. Aber es wird langsam! Ich bin ja noch Novize in Makro.
Heute wurde in Kommentaren die Rolle von Influencern in der Fotografie angesprochen. Auch wenn ich mir schon lange Gedanken über den Einfluss von YouTube-Kanälen auf die Foto-Community mache, habe ich sie noch nie in Kontext mit Influencertum gesetzt.
Ich weiß, dass bekannte vloggende Fotografen gesponsert werden, da sie ihre Videos mit Werbung beginnen, z.B. für Squarespace. James Popsys wird von Panasonic gesponsert. Allerdings hat er sich für eine Lumix entschieden und wurde erst dann von Panasonic als Werbeträger entdeckt. Popsys kann fotografieren! Seine Videos sind sehenswert und unterhaltsam.
Joe Edelman ist Olympus Visionary. Visionarys sprechen für Olympus auf Veranstaltungen und werden dafür bezahlt. Nicht bezahlt werden ihre Aktivitäten als Blogger und Vlogger. Das sagen sie zumindest. Und ich glaube ihnen. Ich mache dasselbe. Nur, dass ich kein Visionary bin und keine Aufträge für Vorträge erhalte. Falls jemand von Olympus mitliest: Ich wäre als Visionary zu haben! So lange ich nichts schreiben muss, wovon ich nicht überzeugt bin.
Aber einmal abgesehen davon, wer auf YouTube von wem wofür bezahlt wird. Ein Leser hat eine Story von einem Fuji-Fotografen zitiert, der – obwohl eigentlich mit dem System zufrieden – seine Ausrüstung veräußert hat, weil ein Influencer sie als Müll dargestellt hat (das mit dem Müll ist meine Interpretation, aber im Prinzip wird es darauf hinauslaufen). Das Internet ist geduldig und deshalb wissen wir nicht, ob sich die Geschichte exakt so zugetragen hat. Aber wir wissen, dass es so gewesen sein könnte und dass es im Prinzip sich oft so läuft!
Ich bin auch Influencer! Ich bin Lobbyist für Olympus. Daraus habe ich nie einen Hehl gemacht. Nicht, weil ich Geld dafür bekomme, sondern weil ich die Marke liebe. Weil Olympus die für mich besten Kameras baut. Weil ich nicht wüsste, was ich ohne Olympus machen sollte. Kein anderes System erfüllt meine Anforderungen annähernd gleich gut. Ich engagiere mich vor allem, weil die Communitys so undifferenziert über Fotografie und fotografische Systeme debattieren.
Es macht mich immer etwas wütend, wenn einer behauptet, man könne mit MFT nicht vernünftig fotografieren. Das heißt nämlich, dass ich nicht vernünftig fotografieren kann. Es sagt mir auch, dass ich nicht genug Ahnung von Fotografie habe, sonst müsste ich ja erkennen, dass MFT den Ansprüchen professioneller Fotografen nicht gerecht wird. Dabei habe ich mit Vollformat, APS-C und MFT fotografiert, habe Bücher über Kameras aller drei Formate geschrieben und habe viele eigene Tests und Vergleichstests gemacht um mich nicht auf das verlassen zu müssen, was andere sagen und schreiben, sondern aus eigener Erfahrung sprechen kann. Ich betreibe seit 25 Jahren Bildbearbeitung, habe Bücher über Photoshop und Affinity Photo geschrieben und unterrichte Bildbearbeitung für Einsteiger und Profis. Das derzeit wohl erfolgreichste Buch über Farbe für Grafiker und Fotografen stammt von mir. Und dennoch bin ich nach den Aussagen Vieler nicht in der Lage zu erkennen, dass die Bildqualität von MFT keinen professionellen Standards gerecht wird.
Versteht ihr, dass ich das als Beleidigung empfinde? Wer Gründe nennt, weshalb er oder sie APS-C, Voll- oder auch Mittelformat vorzieht, dem würde ich nie widersprechen. Ich selbst wiederhole leierkastenartig die Vorzüge größerer Formate gegenüber kleineren. Aber zu behaupten MFT werden keinen professionellen Ansprüchen gerecht beleidigt mich und alle Kollegen die exzellente Bilder mit dem System machen – viele davon um Vieles besser als ich. Das nehme ich übel!
Ist es nicht eigentlich so, dass, wer nicht in der Lage ist mit irgendeiner MFT-Kamera der letzten Jahre professionelle Fotos zu machen, schlicht und einfach nicht fotografieren kann? Sind die Kollegen nicht zu bedauern, die glauben, nur mit dem neuesten Modell auf dem letzten Stand der Technik und den herausragendsten Daten am Datenblatt akzeptabel gute Bilder zu erzielen?
Ich schätze die längerfristige Überlebenschance für Olympus auf etwa 50:50, wobei ihr, liebe Leser, eine Portion Zweckoptimismus eines Fotografen der die Marke liebt einrechnen müsst. Ist das ein Grund Olympus den Rücken zu kehren? Sicher nicht! Kann man die Marke trotzdem guten Gewissens weiter empfehlen? Ich glaube ja. Denn die Frage ist doch, was ist die Alternative? DSLR? Ha ha ha! Spiegellose APS-C von Canon und Nikon? Ich habe schon mehrfach erwähnt, dass ich wegen deren Zukunft nicht sehr zuversichtlich bin. Pentax? … Bleibt Vollformat von Sony, Canon, Nikon und Lumix S (die beiden anderen L-Mount-Partner werden eher keine große Rolle spielen).
Ich persönlich gebe Nikon langfristig auch nicht viel mehr als 50:50, Lumix S eher weniger. Bleiben Sony und Canon Vollformat und Fujifilms APS-C-System. Liest man die Analyse von Foto-Schuhmacher, Investment-Gesellschaft und Fotowirtschaft, macht sich der Autor durchaus auch über die Zukunft der Kamerasparten von Canon und Fujifilm Sorgen, wenn dort die in die Jahre gekommenen Vorstände mit starker Verbindung zur Kamerasparte durch eine jüngere Generation ersetzt werden, die den Fokus möglicherweise nicht mehr so auf der Fotografie haben, sondern vielleicht mehr auf den Zahlen.
Bliebe Sony als wirklich (relativ) sichere Karte. Sollen wir uns das wirklich wünschen? Dass jetzt alle zu Sony rennen, weil die Wahrscheinlichkeit dort am größten ist, dass der Konzern in zehn oder fünfzehn Jahren auch noch kompatible Ausrüstung für die aktuellen Systeme baut? Und selbst wenn wir Canon zutrauen der Fotografie die Treue zu halten: Wäre die Auswahl zwischen zwei Systemen nicht sehr dürftig? Und was ist in dieser extrem schnelllebigen und wechselhaften Zeit in zehn oder fünfzehn Jahren überhaupt sicher? Damit beziehe ich mich noch nicht einmal auf mögliche soziale, wirtschaftliche oder ökologische Krisen. Aber wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass Handys bis 2020 den Kameramarkt in Schutt und Asche legen und die Qualität ihrer Abbildungen unter vielen Bedingungen von Vollformat nicht zu unterscheiden ist?
Wer jetzt eine Kamera kauft, wird im Grunde viele Jahre damit fotografieren können. Was darüber hinaus aus heutiger Sicht in Sachen Fotografie noch als gesichert betrachtet werden kann, ist hochgradig spekulativ und zwar für alle Marken und Systeme. Da kann man genauso gut die Lottozahlen vom kommenden Sonntag debattieren.
Ich glaube, dass man guten Gewissens zu Olympus raten kann. Fotografie mit Systemkameras entwickelt sich gerade recht rasch zur Nische. Vergleichbar vielleicht mit der Nische in der sich Schallplatten heute (wieder) befinden – wahrscheinlich wird es eine deutlich größere Nische bleiben, als es derzeit der analoge Film ist, und auch der lebt.
Ich glaube nicht, dass alle Marken überleben, bis sich der Markt auf Nischenniveau stabilisiert haben wird. Pentax, Nikon, Olympus, Lumix, Fujifilm haben gute Chancen diese Nische nicht zu erreichen. Der Vorteil von MFT ist aber, dass das System von zwei großen Marken und ein paar kleinen bedient wird. Deshalb glaube ich auch, dass MFT gute Chancen hat zu überleben. Vor allem, weil das System für Reise-, Natur- und Abenteuerfotografen sowie Vlogger attraktiv ist, so wie Vollformat in der Studiofotografie und generell in der professionellen Fotografie noch länger erhalten bleiben wird.
Ich weiß, dass ich keinen erfahrenen Fotografen von Olympus oder MFT überzeugen kann. Daran liegt mir auch nichts. Ich will auch keinen Anfänger von dem System, das mir am Herzen liegt, überzeugen. In meinen Augen ist wichtig, dass jeder Fotograf mit dem System arbeiten kann, das für ihn richtig ist. Deshalb empfehle ich auch niemandem MFT oder irgendein anderes konkretes System, sondern erkläre die Vor- und Nachteile und schicke die Person zum Fachhändler, um herauszufinden, was sich für sie am besten anfühlt. Man kann kein schlechtes System wählen! Es gibt keine schlechten Systeme! Man kann sich nur für das falsche System für sich persönlich entscheiden. Aber das selbst herauszufinden kann einem niemand abnehmen.
Bedauerlicherweise kenne ich gerade ein paar Gesichten die eine Kamera kauften und sie bald überdrüssig wurden, weil sie ihnen für unterwegs zu groß und zu schwer war. Ja, ich weiß, dass eine Einsteiger DSLR mit einem Standardzoom weder schwer noch groß ist. Aber dennoch zu groß für die Handtasche. Eine E-M10 oder E-M5 jedoch geht locker mit Standardzoom in praktisch jedes Täschchen.
Erfahrene Fotografen brauchen meine Weisheiten nicht. Sie wissen aus eigener Erfahrung, was für sie am besten ist. Das Problem an der Polemik der Communitys und Foren ist, dass vor allem Einsteiger und technisch wenig interessierte Fotografen verunsichert und fehlinformiert werden. Der Mainstream dessen, was dort grassiert, suggeriert, das wichtigste für gute Fotos ist eine State of the Art High-tech-Fotoausrüstung.
Nichts könnte falscher sein!
Jeder der etwas von Fotografie versteht, weiß, dass gute Fotos in erster Linie interessante Szenen und Motive zeigen, dass sie in zweiter Linie vom guten und oft glücklichen Licht abhängen, auf das die Kamera nicht den geringsten Einfluss hat, und dass dann noch die Bildkomposition von Bedeutung ist. Ob die Abbildungsqualität dabei gut oder exzellent ist, ist vergleichsweise unbedeutend. Bei einem wirklich spektakulären Motiv interessiert es sogar gar kein Schwein, wenn die Detailqualität grottenschlecht ist. Ich erkläre das immer so: Wenn Außerirdische in deinem Garten landen und aussteigen, dann interessiert keine Socke, ob das mit der aktuellsten Vollformatkamera oder mit dem Smartphone von 2015 aufgenommen wird. Es ist sogar so: Wenn ihr das zu perfekt ablichtet, werden alle die Authentizität anzweifeln. The Blair Witch Project war vor allem deshalb ein Hit, weil die amateurhafte Qualität das Ganze so realistisch wirken ließ. Das ist jetzt zwar etwas plakativ illustriert, aber im Prinzip richtig.
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