Mehr als drei Monate sind seit meinem letzten Blog-Update vergangen. Ich lag weder im Koma noch im Sommerschlaf, obwohl ich mich an besonders heißen Tagen schon gerne einmal verkrieche. Vielmehr ist der Wechsel von Zeiten in denen ich den Blog intensiv pflegen kann, und Zeiten in denen ich ihn weitgehend sich selbst überlassen muss, fast so natürlich geworden wie Ebbe und Flut des Meeres. Das Engagement für den Blog ist schlicht davon abhängig wie sich meine Zeit gerade einteilen lässt. Da ich seit dem Sommer an einem neuen Buch über Adobe InDesign arbeite, und momentan mit der Überarbeitung meines Photoshop-Workshop-Buches beschäftigt bin, blieb wenig Zeit fürs Bloggen, auch wenn die Themen gegeben wären.
Mit InDesign und Photoshop sind wir auch beim Thema, denn Adobe hat mich – und wohl nicht nur mich – am Mittwoch mit einem per sofort verfügbaren Update der Creative Cloud überrascht. Das freut mich besonders, da es bedeutet, dass ich mit der Überarbeitung des Photoshop-Buches noch einmal zurück an den Start darf. Es hätte mich allerdings auch schlimmer treffen können, beispielsweise wenn das Update unmittelbar vor oder nach Ende der Überarbeitung veröffentlicht worden wäre. Darüber hinaus ändert sich dasselbe wie seit Jahren: Nicht viel.
Neu in Photoshop 19
- Für mich erfreulich, dass sich an der Benutzeroberfläche nichts geändert hat, was heißt, dass nicht jeder Screenshot den ich für mein Buch bislang angefertigt habe ausgetauscht werden muss.
- Quicktipps für Werkzeuge enthalten jetzt animierte Beschreibungen, die man aber glücklicherweise abschalten kann.
- Pinsel sind um eine zusätzliche Glättenfunktion ergänzt worden, die helfen soll Pinselstriche zu stabilisieren und weniger verwackelt ausfallen zu lassen, wenn sie mit der Maus gezogen werden.
- Variable Fonts sind nun nutzbar. Ein Konzept, das mir allerdings für die praktische grafische Gestaltung viel zu kompliziert in der Handhabung scheint. Nach meiner Erfahrung fehlt schon bisher dem Gros der grafisch gestaltenden Menschen die Erfahrung die bestehenden typografischen Möglichkeiten korrekt anzuwenden – Variable Fonts wird die Überforderung nur vergrößern. Allerdings kann ich den Nutzen für das Screendesign nachvollziehen.
- Ein neuer Zeichenstift soll das Zeichnen von Pfaden erleichtern und ich kann mir durchaus vorstellen, dass Anfänger mit ihm besser zurecht kommen, als mit dem bisherigen Zeichenstift. Präzisere Pfade dürften sich dennoch mit dem klassischen Werkzeug besser und mit etwas Übung auch schneller gestalten lassen. Der Nachteil könnte sein, dass sich viele Anwender die Plage den Zeichenstift zu erlernen nicht mehr antun, und am Ende auf dem zweitbesten Werkzeug hängen bleiben.
- Die in meinen Augen bedeutendste Verbesserung ist, dass sich nun einstellen lässt, wie Pfade angezeigt werden sollen. Pfade sind seit Jahren von Version zu Version schlechter zu erkennen, finde ich, und deshalb begrüße ich das vor allem, weil ich mir erhoffe, dass die Leser meiner Bücher die Pfade die ich zeichne im neuen Buch auch endlich wieder ausreichend erkennen können. Falls jetzt jemand denkt, das ist jetzt aber wirklich nichts Großartiges, hat er erfasst, was ich über die anderen Neuigkeiten denke.
- Es gibt jetzt einen Workflow für 360°-Panoramen.
- Verbesserungen soll es auch beim Auswählen und Maskieren geben, wobei ich die letzte Änderung in Photoshop 18 diesbezüglich als Verschlimmbesserung bezeichnen würde. Ein Urteil muss ich mir erst noch bilden.
- Adobe zählt auf einer Seite die die Neuerungen seit Photoshop 14 listet noch ein paar weitere Punkte auf, von denen für mich persönlich allerdings keiner nennenswert ist.
Neu in InDesign 13
- Neben Fußnoten gibt es nun endlich auch Endnoten. Seit ich 2007 mein erstes Buch mit InDesign setzte, frage ich mich, weshalb InDesign das nicht kann. Eigentlich längst überfällig.
- Mit InDesign 12 wurden Absatzschattierungen eingeführt, mit deren Hilfe sich Absätze farblich hinterlegen lassen. Mir scheint das Konzept bislang noch recht unausgereift, in den meisten Fällen werden Tabellen wohl nach wie vor die bessere Lösung sein, und es blieb die Frage offen, weshalb die Möglichkeit Konturen zu definieren fehlte – mir schien diese Lösung bestenfalls eine Halbe zu sein. Mit InDesign 13 reicht Adobe nun die Konturen nach. Ob damit aus der halben eine ganze Lösung wird muss ich erst noch erforschen.
- Auch für InDesign hat Adobe eine Seite mit den neuen Features, wo ich allerdings keine weitere Funktion mehr finde, die mir nennenswert erscheint. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Variable-Fonts-Technologie Einzug in Photoshop gefunden hat, nicht jedoch in InDesign.
Creative Cloud generell
Adobe hat die Creative Cloud 2011 ohne Versionsnummer eingeführt. Später scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass ohne gebündelte Updates mit neuen Nummern zur Signalwirkung, die Presse für Adobes Produkte fehlt. Bis CS6 löste jede neue Version eines Adobe-Programms bzw. -Pakets einen riesigen Medienwirbel aus, was mit CC sein Ende fand (wäre ich ein Klugscheisser, würde ich jetzt darauf verweisen, dass ich das ja gesagt habe). Also führte man recht bald Jahreszahlen für große CC-Updates ein, mit der Konsequenz, dass jedes Adobe-Produkt zwei Versionsbezeichnungen hatte. So ist beispielsweise Photoshop CC 2017 gleichzeitig Photoshop 18 und InDesign CC 2017 gleichzeitig InDesign 12.
Irgendwie scheint sich die Sache mit der CC-Nummerierung nicht ganz so bewährt zu haben, weshalb man sie nun wohl wieder streicht und auf CC 2017 CC ohne Jahreszahl folgt (allerdings werden die Programme dennoch in »Application CC 2018«-Ordnern abgelegt – so ganz scheint sich also selbst bei Adobe niemand auszukennen).
Jene übrigens, die das skurril und unterhaltsam finden, mögen auch diese Fußnote interessant finden: CC 2015.5 erschien 2016, CC 2017 ebenso.
Ältere Menschen wie ich werden sich vielleicht auch noch daran erinnern, dass Adobe den Umstieg auf CC unter anderem damit begründete, dass es ermögliche dem Kunden Neuerungen kontinuierlich liefern zu können, und nicht alle paar Jahre (oder zuletzt Monate) im Paket. Man fragt sich durch welche Schublade dieser Plan geflüchtet ist.
Nun habe ich ja auch schon böse Mails bis hin zu Beschimpfungen erhalten, weil ich mich immer wieder (in einer möglicherweise etwas sarkastischen Art) kritisch Adobe gegenüber äußere, deshalb möchte ich einmal mehr betonen, dass InDesign und Photoshop für mich noch immer Maß der Dinge in ihren Kategorien sind. Affinity Photo mag Photoshop nahe kommen, in manchen Dingen sogar überlegen sein, und in Sachen Preis/Leistung eine völlig andere (bessere) Liga sogar, dennoch bleibt Photoshop unterm Strich das professionellere Werkzeug, was sich natürlich ändern kann, wenn Serif und Adobe weiterhin so pflegen wie derzeit. Für InDesign sehe ich bislang sogar (leider) überhaupt keine Alternative (was ist aus Serifs Affinity Publisher geworden?).
Lightroom CC
Man sagt Gottes Wege seien unergründlich, und so betrachtet hat auch Adobe etwas Göttliches. So mutet der Weg den Adobe nun mit Lightroom einschlägt ziemlich seltsam an. Dass das Programm irgendwann ihre Kaufoption verlieren würde, haben ja viele vermutet seit die anderen Programme vom Abomodell verschluckt wurden, und überrascht somit wohl nur wenige. Skurril finde ich allerdings, dass es nun zwei Versionen geben wird (mit dem Verdacht, dass sich das als vorübergehend erweisen könnte).
Da ist nun zum Einen ein überarbeitetes Lightroom CC. Bisherige Anwender der Software mögen schockiert ob der Veränderung der Benutzeroberfläche sein, bis hin zum verschwinden der Bereiche »Import«, »Entwicklung«, »Drucken«, etc.. Für mich persönlich war aber gerade die Benutzeroberfläche mit Aufteilung in die verschiedenen Räume etwas das Lightroom für mich zum No-go machte. Dem gegenüber spricht mich das neue Design auf den ersten Blick und ganz oberflächlich betrachtet durchaus an. Allerdings erinnert mich das was ich in Adobes Ankündigungsvideo sehe, eher an Apples Fotos als an einen professionellen RAW-Konverter. Adobe wäre nicht das erste Tech-Unternehmen das seine professionellen Kunden aus den Augen verliert (ja, ich spiele auf Apple an).
Die zweite Schiene soll ab sofort Lightroom Classic CC bilden. Dieses scheint die lineare Weiterentwicklung des bisherigen Lightooms zu bilden. Nun kann ich mir unmöglich vorstellen, dass Adobe einen Plan hat dieses Lightroom wie es sowohl Profis als auch Amateure seit Jahren nutzen aufs Abstellgleis zu schicken, aber die Bezeichnung »Classic« klingt für mich nicht unbedingt zukunftsweisend.
Noch seltsamer ist, dass die Seite dieser neuen Lightroom-Version kaum Informationen über das Programm bereit hält, sondern vielmehr nach kurzem Scroll nach unten auf Lightroom CC verweist. Das erinnert mich an die letzten Tage von Adobe GoLive. Nach der Übernahme von Macromedia brachte man noch schnell das (wohl bereits fertig entwickelte) GoLive 9 zum Verkauf auf den Markt, auf der Produktseite jedoch fand sich bereits ein Hinweis, wenn man an professioneller Web-Entwicklung interessiert sei, solle man doch auch einen Blick auf Dreamweaver werfen. Ich weiß nicht, ob jemand so blöd war, das Produkt ab dem Zeitpunkt noch zu kaufen. Weiter entwickelt wurde GoLive jedenfalls nicht, und die Kunden ließ Adobe im Regen stehen, ohne auch nur den Ansatz einer praktikable Lösung GoLive- in Dreamweaver-Projekte zu konvertieren.
Ich behaupte nicht, dass das Lightroom wie wir es kennen ein Ablaufdatum bekommen hat. Ich weiß es nicht, ich kann nicht in die Zukunft schauen, ich kann es mir noch nicht einmal vorstellen und will es schon gar nicht diskutieren. Ich mache mir nur meine Gedanken.
Alternativen?
Alternativen zu haben ist immer gut, und seit CC wird viel darüber diskutiert. Wie bereits geschrieben sehe ich als Buchgestalter für InDesign nicht das geringste Zeichen einer ernstzunehmenden Alternative.
Wer meinen Blog kennt, weiß natürlich, dass ich eine Alternative zu Photoshop empfehle: Affinity Photo! Es gibt Schwächen, vor allem bei der Arbeit mit Kurven, die für einige Experten ein Hinderungsgrund sein können das Programm zu nutzen. Es gibt aber auch Vieles, wo ich seine Nase in Führung sehe. Seine Retusche-Werkzeuge sind besser, seine HDR-Funktion, sowie die Integration von Fokusstacking. Über den Preisvorteil muss man erst gar nicht diskutieren. Unterm Strich ist Affinity Photo eine absolute Empfehlung für alle die ein Bildbearbeitungsprogramm suchen, und nicht ohnehin wegen InDesign oder einer anderen Software auf CC angewiesen sind. Ich gehe sogar soweit, dass auch CC-Nutzer einen Blick auf das Programm werfen sollten, da ich seine Retusche-Werkzeuge für so gut halte, dass 55 Euro keine unüberwindliche Investition in das Programm als Zusatzprodukt neben Photoshop darstellen.
Absolut nicht empfehlen kann ich Affinity Photo hingegen zur Entwicklung von RAW-Dateien. Ich möchte das Serif nicht vorwerfen, denn ich frage mich, wie ein kleines Softwareunternehmen das Reverse Engineering für unzählige Kameras und Objektive stemmen soll, neben der Entwicklung des Bildbearbeitungsprogamms, dessen Schwester fürs iPad und einer Vector-Application.
RAW-Konverter
Was also macht der Fotograf der in RAW fotografieren und Affinity Photo zur Bildbearbeitung nutzen möchte?
Preisbewussten Anwendern die mit einem Kamerasystem arbeiten empfiehlt sich die Software des Herstellers. Das hat zwar die Einschränkung, dass man nur RAWs der eigenen Marke verarbeiten kann, doch zumindest für Olympus kann ich sagen, dass ich deren Lösung (oberflächlich betrachtet) nicht schleicht finde, und Nikons Capture NX soll sogar richtig gut sein. Der Vorteil: Die RAW-Konverter übernehmen sämtliche Kameraeinstellungen, die von Konvertern von Drittherstellern nicht interpretiert werden.
Sony-Kunden geht es teilweise besonders gut, denn Sony packt zu manchen Kameras eine Capture-One-Version, mit der Einschränkung, dass sie nur Sony-RAWs erkennt.
Wer preislich nicht so sensibel ist, dem sei Capture One auch nahegelegt. Dieses ist mit etwa 330 Euro zwar kein Schnäppchen, dafür bekommt man aber auch die nach meiner Ansicht professionellste Lösung. Adobe mag mit Lightroom Marktführer sein, doch je professioneller die Liga der Fotografen, desto häufiger trifft man C1 in den Studios an – ich denke, das hat seinen Grund. (Bitte nicht den Umkehrschluss ziehen, dass Lightroom kein professionelles Niveau erreiche, oder unprofessionell sei wer Adobes Programm nutzt!)
Hinter Capture One steht der dänische Hersteller von Mittelformatkameras Phase One. Von fotografischer Kompetenz darf also ausgegangen werden.
Würde es Capture One nicht geben, wäre DxO Optics meine Wahl. Auch wenn ich C1 subjektiv bevorzuge, denke ich, dass DxO, C1 und Lightroom nach objektiven Kriterien gleichermaßen führende Programme der Kategorie RAW-Konverter sind. Der Preis für DxO Optics Pro liegt je nach Version bei 108 bzw. 166 Euro, im Moment ist es sogar auch in einer Promo-Akton für Lau zu haben, was mir allerdings auch ein Bisschen Sorgen bereitet, wäre es doch nicht das erste Programm das anschließend dahinscheidet.
DxO ist das wohl weltweit führende Testlabor für Digitalkameras und Objektiven und entwickelt so weit meine Informationen reichen Algorithmen zur Bildoptimierung die unter anderem in Handys Einsatz finden. Auch hier ist von höchster fachlicher Kompetenz auszugehen. Nicht umsonst ist DxO Optics vor allem für seine Methode Bildrauschen zu entfernen berühmt.
Ein selten genannter Kandidat für die RAW-Entwicklung ist Alien Skin Exposure, gerade in der Version X3 erschienen und bei 149 $ liegend. Das Programm war ursprünglich ein Photoshop-Plugin das analoge Film-Looks simulierte, und diese Simulationen stehen noch immer im Zentrum. Aber es wird von Version zu Version mehr zum vollwertigen RAW-Konverter inklusive aller Verwaltungstools, und ich sehe kein Hindernis es nicht als solches zu nutzen.
Eine weitere Alternative ist ON1 Photo RAW um knapp 120 Euro. So wie Alien Skin Exposure liegen auch hier die Wurzeln in Photoshop-Plugins die zum eigenständigen RAW-Konverter und -Verwaltungsprogramm ausgebaut wurden. Anders als bei den zuvor genannten habe ich in diesem Programm keine eigenen Erfahrungen, aber es wäre das nächste in der Reihe, das ich anzuschauen empfehle wenn man auf der Suche nach einen RAW-Konverter ist.
Nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat sich Corel bei der Übernahme des RAW-Konverters Bible das er unter dem Namen After Shot weiter führt. Mich hat das Programm bei einem kurzen Test wenig begeistert, doch wer nach einer Lösung für wenig Geld such muss hier (im Moment) nur knapp 60 Euro ausgeben und möchte deshalb vielleicht einen eigenen Blick riskieren.
Ein etwas unübersichtliches Bündel an RAW-Konvertern und Bildverwaltungsprogrammen hat ACD Systems in Programm, im Wesentlichen unter den Produktbezeichnung ACDSee.
Wer sich mit OpenSource-Software anfreunden kann findet in RawTherapee und Darktable zwei mögliche Kandidaten. Der Name des Letzteren ist nicht zufällig eine quasi Umkehr von Lightroom – die Gestaltung ist stark an Adobes RAW-Konverter angelehnt.
Nachtrag 22.10.2017: Auch die vom Mac-Markt kommende, vielfach ausgezeichnete Software-Schmiede Macphun hat angekündigt ihr Programm Luminar zum vollwertigen Bildverwaltungsprogramm auszubauen – RAW-Bilder werden ohnehin bislang schon aufgenommen und entwickelt. Macphuns Programm Aurora HDR steht bereits für Windows zur Verfügung, Luminar für Windows befindet sich in der Testphase.
Dass Macphun in diesen Markt einsteigen würde habe ich schon lange erwartet und man darf abwarten wie lange Serif mit einem vergleichbaren Affinity-Programm auf sich waren lässt. Gerüchte darum gibt es seit langem – die Qualität der RAW-Entwicklung müsste bis dahin allerdings noch Sprünge machen.
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