Wie viel Zoom braucht der Mensch? Gar keines. Behaupte ich. Die Betonung liegt aber auf ›braucht‹. Dass ich keines brauche, heißt nicht, dass ich Zooms nicht schätze. Doch es geht auch sehr gut. Das wussten schon unsere Väter. Denn als die fotografierten gab es noch kaum Zooms. Zumindest als mein Vater fotografierte. Eure Väter, liebe Leser, mögen ja Teils in meinem Alter.
Auf jeden Fall liebe ich meine Festbrennweiten. 24mm von Sigma, 28mm von Nikon, 35mm von Nikon, 40mm (KB) von Panasonic, 50mm von Nikon und 105mm. Von Nikon. Nur das neue 85mm ƒ1.8 harrt noch auf der Wunschliste. Übrigens auch von Nikon.
Weniger Ballast, mehr Herausforderung | Vor Jahren bin ich mit 14–24mm, 24–70mm, 70–200mm und 70–300mm auf Reisen gegangen. Würde ich heute nicht wieder machen. Für die letzten beiden Urlaubsreisen – nach La Palma und quer durch Österreich – habe ich jeweils nur eine (!) einzige Festbrennweite eingepackt. Habe ich es bereut? Keineswegs! Rücken und Schultern waren froh. Hat es weniger Spaß gemacht? Im Gegenteil! Verschiedenste Motive mit einer einzigen Brennweite ansprechend einzufangen ist eine größere Herausforderung, als wenn man die Perspektive mit flexibler Brennweite aktiv kreativ gestalten kann. Diese Flexibilität ist natürlich durchaus ein Vorteil von Zooms. Es heißt aber nicht, dass man mit Festbrennweiten keine bemerkenswerten Ergebnisse erzielen kann. Es kostet nur oft etwas mehr Anstrengung. Und gerade dieser erhöhte Herausforderung mag es sein, dass man trotz der eingeschränkteren Möglichkeiten doch oft bessere Treffer erzielt, als in der Komfortzone des Zooms. Einmal ganz abgesehen davon, dass das Preis-Qualitäts-Verhältnis bei Festbrennweiten oft besser ist.
Mit der Festbrennweite quer durch Österreich
Neben meiner Leidenschaft für Fotografie und Design habe ich auch eine für offenes Fahren. Regelmäßig fahren ich und meine Frau in meinem kleinen japanischen Reiskocher Straßen und Pässe in der näheren und weiteren Region ab. Auf meine letzte Reise kreuz und quer durch Österreich habe ich lediglich meine Zweitkamera mitgenommen, die Panasonic Lumix G3, mit einem 20mm ƒ1.7 Festbrennweiten-Objektiv mitgenommen. Umgerechnet auf Kleinbild entspricht dieses 20mm-Objektiv 40mm und ist somit irgendwo zwischen leichtem 35mm Weitwinkel und 50mm Normalobjektiv zu sehen. Ein bisschen eng, für einen Weitwinkelfreund wie mich, aber doch gut zu gebrauchen. Die folgenden Bilder stammen allesamt von dieser Reise und sind somit mit demselben Objektiv und derselben Brennweite entstanden.
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Meine Kamera für Unterwegs. Die G3 mag mir zwar nicht so recht ans Herz wachsen – sie vermittelt mir nicht das Gefühl eine Seele zu haben – aber sie ist dennoch eine praktische Kamera mit guten Eigenschaften in einem recht kompakten Gehäuse. Besonders mit dem 20mm ƒ1.7 kann man die G3 gut einsetzen. |
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Es kommt auf die Perspektive an. Enten sind zwar keine aufregenden Motive und auch das Licht ist hier eigentlich recht langweilig, aber der Blick aus Entenaugenhöe auf die Vögel, das Schilf und die tiroler Berge dahinter macht das Motiv dennoch durchaus interessant. |
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Auch Schmetterlinge sind jetzt nicht so die spannenden Motive, zumal es sich um Exemplare handelt, die in unseren Landen über alle Wiesen, Auen und Wälder flattern. Dennoch mache ich das kleine ‘catch me if you can’-Spiel, zu dem einen die Mistviecher immer einladen. Setzen sich erst vor deiner Nase auf eine Blume und kaum hast du die Kamera eingeschaltet, machen sie schon wieder den Flattermann.
Schmetterlinge sind groß genug um sie trotz eines Minestabstands von 20cm, beim Panasonic 20mm ƒ1.7, einigermaßen formatfüllend einfangen zu können und nach dem Urlaub sagen zu können »Schau mal, ich hab da auch ein Makro.« |
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Besonders weite Panoramen muss man mit 40mm Kleinbild natürlich nicht einfangen wollen – dafür ist der Ausschnitt viel zu eng. Aber ein bisschen Landschaft geht immer. Die Bäume und Äste im Vordergrund geben dem Bild etwas tiefe und verhindern, dass das Bild von Bergen und Felsen zu flach wirkt. Vor allem der halb angeschnittene Baum rechts tut der Gesamtkomposition recht gut. Der leicht durchzogene Himmel ist interessanter, als wenn er mit flächigem Blau angemalt wäre. |
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Wege gehören, neben Türen und Fenstern (‘yes, I like windows’), zu meinem liebsten Motiven. Dieses Bild zeigt, dass sich auch mit 40mm schön mit perspektivischer Tiefe arbeiten lässt. Und auch hier garnieren die Wölkchen schön den Himmel. |
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Passend zu meinem Sarkasmus und meinem Faible für schwarzen Humor fasziniert mich das Schwindende und Verfallende. Die Bildentwicklung in schwachen Farbtönen kommt dem Motiv entgegen. |
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Und noch eine Leidenschaft: Street Photography. Allerdings hier von der Street durch das offene Fenster in die Küche eines Restaurants fotografiert. Frag mich aber jetzt niemand wie weit ich dabei die Grenze des Legalen schon überschritten habe. |
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Grünes Licht. Nichts weiter. |
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Urlaub und Abendrot. Gehört irgendwie zusammen. Auch wenn dieses Abendrot ein Morgenrot ist. |
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Das empfundene Blau in der Realität vor Art habe ich trotz aller Nachbearbeitung nicht zustanden gebracht. Leider sind Bildschirme nicht in der Lage alle in der Natur vorkommenden Farben in ihrer tatsächlichen Leuchtkraft wieder zu geben. Schön finde ich es allemal. |
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Schrieb ich nicht eben weiter oben, dass ich Fenster liebe? Besonders wenn sie von so einem dezenten Lichtstrahl gestreift sind wie hier. |
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Eine Tür. Licht. Diagonale Linien. Dynamik. Eines meiner liebsten Bilder der Österreichrundfahrt 2011. |
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Noch ein stiller Favorit der Reise, aufgenommen in einer Kirche in der Wachau. |
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Dieses Bild hat den Titel »Das schnelle Paket« erhalten. Ich muss immer wieder schmunzeln, wenn ich es sehe. Kann mich voll identifizieren, mit dem kleinen Penner. Übrigens einmal mehr ein klassisches Beispiel für das ›Vier Schritte zum Bild‹-Konzept: Perspektive (Augenhöhe), Schärfe (geringe Schärfentiefe zum Freistellen), Belichtung (etwas dunkler eingestellt) und Komposition (asymmetrisch, was der Bildinhalt zulässt). Und gut is. |
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Die tatsächlichen Wahrzeichen aller Touristenorte sind eigentlich die Andenken-Läden. Hier einmal einer der einen wirklich zum Eintreten einladen könnte. |
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Kein gutes Foto, aber ein witziges Bild, wie ich finde, der grinsende Schädel. |
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Kirchenbesuche gehören bei Städte- und Orte Touren irgendwie dazu. Wobei es hier wieder einmal das Licht war, das mich zur Aufnahme bewegt hat. |
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Warum ich auch mit solchen Aufnahmen immer wieder heimkehre, weiß ich eigentlich auch nicht. Wahrscheinlich weil man das halt so macht und weil es nichts kostet. |
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Schön bunt und schön tief. Letzteres trotz 40mm Brennweite. |
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Anderes Wetter, andere Region, andere Stimmung. Und immer dieselbe Brennweite. Die Entwicklung der Bilder soll die Stimmung vor Ort unterstreichen. In Farbe wären die Aufnahmen dieser Höhentour völlig langweilig und nur trostlos geworden. |
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Trotz dem nicht allzu großen Sensor der Panasonic G3 und der mit 40mm auch relativ kurzen Brennweite, lässt sich bie Offenblende ƒ1.7 doch ein bisschen mit Schärfentiefe spielen. |
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Noch ein Motiv aus Licht und Farbe. |
Der Weg ist mein Ziel | Wie gesagt: Alle Bilder sind mit demselben Objektiv bei derselben Brennweite entstanden. Ich kann mich an keine Situation erinnern, an der mir ein Zoom tatsächlich abgegangen wäre. Hätte ich ein anderes Objektiv – vielleicht auch ein Zoom – dabei gehabt, hätte ich sicher anders fotografiert. Doch bei meinen Foto-Touren geht es mir nicht darum bestimmte Dinge auf bestimmte Art einzufangen. Ich weiß ja noch gar nicht was auf mich zukommt. Es geht mir vielmehr darum raus zu gehen und zu schauen welche Motive mir passieren. Und dabei fange ich die ein, die ich mit meinem aktuellen Objektiv gerade erreichen kann. Man kann also sagen ich konzentriere mich auf die Motive, die zum Objekti passen.
Etwas anderes ist es, wenn ich ein Shooting mit einer Person vereinbare, ein bestimmtes Gebäude oder eine Landschaft von einem bestimmten Standpunkt aus ablichten möchte. Dann muss ich die Ausrüstung einpacken, die zum Motiv passen.
Ob so oder so: Was mir zählt ist die Freude an der Fotografie und die Aktive Auseinandersetzung mit Motiven. Das hat so ein Hauch von Flow; von Einswerden mit Motiv und Kamera. Die fertigen Aufnahmen sind mehr so etwas wie ein angenehmer Nebeneffekt. Natürlich freue ich mich, wenn die Resultate gut werden; wenn ich sie wieder sehe und sie Erinnerungen an die Zeit der Entstehung auslösen. Deshalb laufen meine Fotoalben auch als Bildschirmschoner auf meinem Wohnzimmmer-Mac.
Zurück zur Reise und zur 40mm-Brennweite: Ein paar Situationen hat es gegeben, in denen mir der Blickwinkel deutlich zu eng war. In diesen Situationen habe ich einfach mehrere Aufnahmen der Szene gemacht und die Einzelbilder von Photomerge in Photoshop zu einer Gesamtansicht zusammen bauen lassen. Das Programm ist mittlerweile so gut, dass man auch aus freier Hand und ohne Stativ fotografieren kann und trotzdem herzeigenswerte Urlaubsaufnahmen erhält.
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Dieses Bild besteht aus beinahe einem Dutzend Einzelaufnahmen neben- und übereinander, die Photoshops Photomerge zu einem Ganzen zusammengebaut hat. Ich hätte während der Aufnahme nicht gedacht, dass es tatsächlich gelingt. |
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Auch hier war es mir nicht möglich weit genug vom Schloss weg zu kommen, um es mit dem Blickwinkel der 40mm Brennweite einzufangen. Photoshop hat diese Ansicht aus drei Einzelbildern zusammen gesetzt, die ich im Hochformat aufgenommen habe. |
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Und noch ein Photomerge-Panorama. |
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