Das Thema Urheberrecht und Bilderklau erhitzt derzeit die Gemüter bloggender Fotografen. Persönlich mache ich mir wenig Gedanken wer meine Bilder für was auch immer verwendet. Es gibt Vieles, was mich mehr bewegt. Tatsächlich mache ich mir zum Beispiel mehr Sorgen über intime Momente, die ich gerne Passanten in der Street Photography klauen würde, die ich ihnen aber lasse, weil ich Skrupel vor diesem Raub habe.
Generell beschäftigt mich das Thema Urheberrecht jedoch. Ein Artikel mit dem Titel »Bilderklau – die Konsequenzen«, auf blendwerk-freiburg.de, hat meine grauen Zellen nun wieder einmal darum joggen lassen.
Wie gehen wir mit geistigem Eigentum um?
Bevor man sich graue Haare um Selbstbedienungsmentalität im Internet wachsen lässt, sollte man zunächst den eigenen Umgang mit den geistigen Werken Anderer hinterfragen: Nutze ich Software, Musik, Videos, Spiele, Schriften, etc., die auf Wegen zu mir gekommen sind, die nicht ganz den rechtlichen Lizenzvorstellung der Produzenten entsprechen?
Wer bei dieser Frage ins Stocken gerät sollte sich überlegen, ob er nicht zweierlei Maß ansetzt, wenn er über Bilder, die ihm geklaut wurden, echauffiert ist, und sich gleichzeitig bei den Werken Anderer bedient.
Ich nehme an, dass viele Leser diese Zeilen jetzt mit einem ›ja, aber …‹ auf den geistigen Lippen lesen werden. Nach meinem Gefühl haben etwa 90 Prozent kein Problem damit Musik, Filme, Software, Schriften, etc. bei Wunsch einfach aus dem Internet oder von den Festplatten von Freunden zu saugen. Wieso auch nicht: Eine Datei zu kopieren ist schließlich einfach und es macht ja eh jeder.
Belastet hat die seltsame Beziehung zwischen Content-Anbietern und Content-Konsumenten sicher der patscherte Umgang der Musik-Industrie mit manischen Vielkopierern. Die Millionenklagen gegen Jugendliche und Hausmütterchen haben diese Branche in den Augen der Öffentlichkeit zum geldgierigen Darth Vader gemacht, der eingefleischte Musikfans mit ihrer geballten dunklen Macht einfach platt macht. Es darf sich deshalb als Robin Hood fühlen, wer das Imperium um ein paar Titel erleichtert. Man nimmt es ja Quasi von den Reichen und verteilt es unter dem Armen, der man selbst ist.
Software Firmen, wie Microsoft und Adobe, die ihr Monopol nutzen, Software überteuert und zu sittenwidrigen Lizenzbedingungen an den Verbraucher zu bringen, entlasten das Verhältnis Produzent–Konsument auch nicht unbedingt.
Aber!
Ich gehe jede Wette ein, dass der überwiegende Teil der privaten Anwender von Photoshop mit illegalen Kopien arbeitet. Für die breite Masse scheint das selbstverständlich und es in Frage zu stellen erntet Stirnrunzeln und Kopfschütteln. Schließlich seien die Programme so teuer – das könne man sich ja nicht leisten!
Verstehe ich das richtig? Wenn etwas teurer ist, als ich es mir leisten kann oder will, dann darf ich es mir einfach und selbstverständlich nehmen?
Ein Mercedes SLK ist ein schönes Auto. Aber er ist mir zu teuer. Darf ich dann zum Händler gehen und ihn vom Platz flatzen?
Speziell bei Hobby-Fotografen kann ich diese Mentalität nicht nachvollziehen. Mancher fotografiert da mit einer Nikon D3 um 5.000 bis 6.000 Euro und hat Objektive davor, die im Stück ebenso 1.000, 2.000 und 3.000 Euro kosten. Da sollten doch die 1.000 Euro für Photoshop nicht zum Ruin führen. Verzichtet man halt auf ein Objektiv.
Aber Photoshop ist doch völlig überteuert!
Stimmt. Aber wenn mir jemand ein Auto anbietet und zu viel Geld dafür verlangt, kann ich es ja auch nicht mit gutem Recht klauen! Ich muss halt bei Jemandem einen Wagen kaufen, der ein akzeptables Angebot macht, auch wenn es dann vielleicht nicht genau das Modell ist.
Es gibt Alternativen zu Photoshop. Angefangen vom kostenlosen Gimp (zwar hässlich wie Sau, aber kann fast alles, was Photoshop kann) bis hin zu Pixelmator am Mac (kann zwar nicht alles, was Photoshop kann, kostet aber nur einen Bruchteil davon, ist flink wied er Blitz und fast schon zu schön gestaltet).
Sprechen wir noch von Bilderklau?
Genau. Darum ging es ja. Um Fotografen, die es nicht lieben, wenn sich Andere ihre Bilder unter den Nagel reißen.
Meine Software ist zu 100% lizensiert, meine Musik zu über 95% legal, ich setze in Grafik-Projekten nur lizensierte Schriften ein und bin mir nicht sicher, ob ich schon jemals einen raubkopierten Film gesehen hat. Ich bilde mir deshalb ein nicht mit zweierlei Maß zu messen, würde ich mich darüber aufregen, wenn sich jemand an meinen Bilder bedient und ich sauer wäre. Mach ich aber nicht. Ist nicht gesund und interessiert mich auch nicht. Ich habe Besseres zu tun.
Oder anders gesagt: Ich halte es mit Depeche Mode. Diese wurden einmal gefragt, ob sie nicht verärgert sind, wenn andere Musiker ihre Sounds klauen. Sie antworteten, dass sie sich im Gegenteil geschmeichelt fühlten; denn würden diesen Anderen ihre Sounds nicht gefallen, würden sie sich auch nicht daran bedienen.
Natürlich ist zu unterscheiden, ob ein schlichter Konsument, der sein Leben lang kaum etwas über Urheberrechte gehört hat, ein Foto für sein Facebook-Profil verwendet, weil es ihm gefällt, oder ob ein Unternehmen es in einem Folder oder der Internet-Präsentation einsetzt, weil sie die Kosten für einen Fotografen bzw. für Stock- oder Agenturbilder sparen wollen. Erstens darf man im Bereich der Marktkommunikation Professionalität und Wissen um Urheberrechte erwarten und zweitens ist es dann einfach Bereicherung an den Leistungen anderer.
Im Grunde ist das nichts anderes als Software-Piraterie. Jemand anders investiert Zeit (und wir wissen ja: Zeit ist Geld) um eine Leistung zu erbringen und jemand anderes reißt sich das unter den Nagel um damit selbst, ohne viel Aufwand, abzusahnen. Wobei ich gestehen muss, dass ich den Kunden dieser Piraten nicht sonderlich besser finde, als den Piraten selbst. Ohne Kunden keine Piraten. So einfach ist das.
Persönlich verzichte ich nicht deshalb auf Raubkopien, weil ich Angst vor Verfolgung und Strafe habe, sondern weil ich es es einfach für unrecht halte. Es ist schlicht eine Frage der Haltung.
Recht, aber mit Augenmaß
So traurig es klingt: Wer sich ärgert, wenn sich Leute an seinen Werken einfach bedienen, sollte keine ins Internet stellen. Stelle ich etwas Brauchbares oder gar Wertvolles vor das Haus oder an einen öffentlichen Platz, darf ich mich auch nicht wundern, wenn es eines Tages weg ist. Dabei ist das Bewusstsein, dass Hardware nicht gestohlen werden darf, relativ hoch – sieht man einmal von Seifen und Badetüchern in Hotels ab, die bei Gelegenheit viele Zeitgenossen zu Dieben zu machen scheinen. Geht es hingegen um Software – und nichts anderes sind digitale Bilder – ist Unrechtsbewusstsein offensichtlich mehr Ausnahme als Regel. Sogar Jene, die selbst von der Erstellung geistiger Werke leben, haben oft keinen Respekt vor den geistigen Leistungen anderer.
Nun gibt es auch Leute die resolut und konsequent gegen die Selbstbedienung im Internet vorgehen. So hörte ich von einer Künstlerin, die Google auf Unterlassung geklagt hat, weil Ihre Kunstwerke von irgendeiner Galerie-Website in die Bilder-Suchergebnisse der Suchmaschine geraten waren. Grundsätzlich ist dieses Ansinnen sicher rechtens; wer etwas schafft, sollte auch bestimmen dürfen, was damit geschehen darf und was nicht. Doch was würde aus dem Internet, wenn sämtliche Urheberrechtsbestimmungen so scharf exekutiert würden würden, wie sie geschrieben wurden?
Es würde verstopfen und zusammenbrechen!
Mein Blog visuelle Inspiration als Beispiel: In diesem Blog veröffentliche ich interessante Designs, Fotos, Werbung, etc. Alles, was ich visuell inspirierend finde, für mich als Lesezeichen ablegen und mit Anderen teilen möchte.
Ich sehe das als Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Mein Blog bekommt durch die Fundstücke Traffic und mein Name vielleicht etwas Bekanntheit, was den Absatz meiner Bücher fördern könnte. Der Gestalter der präsentierten Fundstücke bekommt Aufmerksamkeit. Der Besucher bekommt Inspiration. Grundsätzlich gehe ich aber davon aus, dass sich dieser Blog aber am Rande der Legalität bewegt und ich jederzeit mit einer Abmahnung rechnen muss.
Ich denke, dass der Blick auf Urheberrechte von Augenmaß, Toleranz und Verständnis getragen werden sollte. Nicht jeder, der ein Bild in seinem Facebook-Profil postet, ist von krimineller Energie geleitet. Viel wichtiger ist aber vor allem zunächst vor der eigenen Haustüre zu kehren und sich selber an der Nase zu nehmen. Es geht um Haltung. Es geht darum, die Leistungen und Werke anderer zu respektieren. Dann kann man auch Respekt für die eigenen Werke verlangen.
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