In letzter Zeit sind wieder ordentlich zoomstarke Kompaktkameras, Bridgekameras und Superzooms auf den Markt gekommen. Die Hersteller überbieten sich mit Brennweitenbereichen. Da bringt Nikon eine P90 auf den Markt, die von 28–624mm reicht (umgerechnet auf Kleinbildformat). Olympus bietet sogar mit SP590-UZ ein Modell von 26–676mm an!
Früher fand ich den Gedanken an solche Boliden auch Geil. Mit beinahe 700mm Brennweite, da müsste man doch in der Lage sein die Schuhbändel vom Mann im Mond zu fotografieren. Wer aber wirklich einmal versucht hat mit langer Brennweite eine Vogel in ein paar Dutzend Meter Entfernung auf den Sensor zu bannen, wird wissen, wie schnell ein paar Meter Abstand ein paar Millimeter Brennweite überfordern können – auch wenn es 700mm sind. Gerade wer darauf aus ist, mit langen Rohren kleine Objekte zu jagen, wird seine Brennweitenträume schnell von der banalen Wirklichkeit eingeholt sehen. Aber eigentlich ist die Relativität von Brennweite noch das kleinere Problem an solchen Zoomgiganten. Das Problem ist vielmehr, dass sich mit Kompaktkameras mit langen Brennweiten nur selten gute Aufnahmen erzielen lassen. Das hat mit Atmosphäre und Licht zu tun.
Da ist einmal das Problem, dass man, je länger die Brennweite, desto mehr Licht benötigt. Leider lässt ein Objektiv desto weniger Licht zum Sensor, je länger die Brennweite ist. Das Resultat: Bei den extremen Verlängerungen mit Zoomriesen lassen sich nur unter äußerst hellen Lichtbedingungen einigermaßen unverwackelte Aufnahmen erzielen. Am besten bei strahlenden Sonnenschein. Leider ist strahlender Sonnenschein aufgrund harter Licht-Schatten-Kontraste nicht unbedingt der Freund gelungener Aufnahmen.
Der zweite Feind guter Aufnahmen auf weite Distanzen ist die Atmosphäre. Je größer die Distanz, desto mehr sorgt die Atmosphäre dafür, dass Aufnahmen milchig, flau und kontrastarm werden.
Es gibt sicher Aufnahmesituationen, in denen eine Kompaktkamera mit langer Brennweite gute Ergebnisse erzielen kann. Ich vermute aber, dass hinter dem Trend zu Kameras mit superlanger Brennweite in erster Linie die volkstümliche Weisheit »Viel hilft viel« steckt. Und darüber hinaus Unwissenheit.
Ich vermute, dass viele Käufer von Superzoomkameras von den Resultaten der Geräte enttäuscht sein werden und die Lust am Fotografieren verlieren.
Entgegen dem Trend zum langen Telezoom scheint es aber auch einen Trend zum Weitwinkel bei Kompaktkameras zu geben – eine Entwicklung, der ich viel mehr abgewinnen kann. Weitwinkel werfen viele Probleme von Superzooms gar nicht auf. Man ist oft in der Lage auch mit günstigen Modellen beeindruckende Landschafts- und Städteaufnahmen zu machen, und man bekommt vor allem dort mehr Action aufs Bild, wo Kompaktkameras vor allem daheim sind: Auf Partys und überall wo Leute zusammen kommen.
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