Nikon Df; © Nikon 2013 |
Ich mag mich ja normalerweise nicht an Spekulationen über ein Produkt beteiligen, bevor ich es in der Hand hatte oder, im Falle des Designs, ich mir etwas Zeit gelassen habe mich an Neues zu gewöhnen – eine Meinung muss sich bilden. Normalerweise verurteile ich Vorverurteilungen von Produkten bevor sie den Markt erreicht haben. Aber machen wir einmal eine Ausnahme. Vor allem deshalb, weil ich mir in meinem Vorurteil sicher bin.
Erstens sei gesagt, dass ich – entgegen dem aktuell grassierenden Retrotrend – nicht alles schick finde was in alten Tagen gebaut wurde. Manche Produkte waren schick, doch lausiges Design gab es gestern wie heute. Das soll nicht heißen, dass ich die vermeintlichen Väter und Mütter mit klingenden Nikon-F-Namen misslungen finde – im Gegenteil! Ich will nur sagen, dass nicht alles was heute nach damals aussieht gelungen ist.
Nikon macht mit der Df den Fehler den Pentax mit der MX1 beging: Manche Bauteile sehen aus als wäre jemand auf ein verschollenes Lager aus den 50er, 60er oder 70er Jahren gestoßen und hätte lediglich den Staub abgeblasen um sie im neuen Produkt zu verbauen. Anderen Teil sieht man jedoch klar an, dass sie einem elektronischen Plastik-Baukastensystem anno 2013 entsprungen sind.
Bei der MX1 ist es vor allem das Objektiv das so gar nicht mit dem klassisch gestalteten Body harmonieren will. Schlimmer noch bei der Dƒ, wo der Rücken seinen 2000er+ Jahrgang unmöglich verheimlichen kann. Ich möchte nicht wissen, wie die Designer des Produkts darunter gelitten haben hier die Vorgaben der Konzernleiter, Controller und Marketingexperten zu erfüllen. Das Ganze ist ein bisschen wie ein Schloss mit modernen Lärm-und-Wärmedämm-Plastikfenstern oder ein Jaguar-Oldtimer mit Alufelgen.
Olympus und Fuji haben es besser gemacht, denn sie haben zwar die Formensprache früherer Zeiten aufgenommen aber sie zeitgemäß interpretierten und ihr Design durchgängig und stringent angelegt. Im Sinne dieser beiden Unternehmen, die in Sachen Retro Pionierarbeit geleistet haben, finde ich den grassierenden Retrotrend bedauerlich, denn ist etwas erst einmal so heiß und trendy wie Retro im Moment, steht es kurz vor dem Verglühen. Das wiederum fände ich schade, denn ich bin durchaus Freund von Neuinterpretationen klassischer Vorbilder so lange sie so gut gemacht sind wie es Fuji und Olympus machen.
Nikon hat die Df im Segment Consumer positioniert und ich vermute, dass das wohlwissend war. Im Preis spiegelt sich die Positionierung in diesem Segment zwar nicht – immerhin gibt es bereits für weniger Geld eine Profi-D800 –, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass viele Profi auf Dauer mit der Bedienung der Df glücklich werden können.
Alle modernen professionellen Spiegelreflexkameras haben ein Design mit zwei Einstellrädern, idealer Weise eines hinten, für den Daumen gut erreichbar, und eines vorne, nur Millimeter vom Auslöser entfernt. Software – heute in jeder Kamera essenziell, in den 70er Jahren jedoch noch nicht wirklich ein Thema – ermöglicht es, diese Räder frei zu belegen und somit die Kamera an die Arbeitsweise des Fotografen anzupassen. Dass das durchgehend bei praktisch allen Kameras der Fall ist lässt darauf schließen, dass sich das bewährt hat und gar nicht so blöd ist.
Das Layout der Df mit den vielen beschrifteten Rädern und Schaltern links und rechts des Suchers legt nahe, dass eine Individualisierung bei ihr nicht angedacht ist. Bei all meinen Kameras brauche ich den Blick nicht vom Sucher oder Display zu nehmen, wenn ich an Einstellrädern eine Option ändere, denn die Einstellungen werden dort angezeigt (gab es in den 70ern wohl auch noch nicht). Ich nehme an, dass das bei der Df auch so sein wird. Aber wozu dann die dezidiert beschrifteten Rädchen auf der Kamera?
Dass die Rädchen beschriftet sind muss natürlich kein Problem sein. Vielleicht lassen sie sich ja trotzdem individualisieren und man kann auf das Rad das mit Verschlusszeiten beschriftet ist die ISO-Empfindlichkeit legen ( 😉 ). Gravierender finde ich, dass die Kamera eine zweihändige Bedienung voraussetzt und das scheint mir nicht wirklich dazu geeignet den Spaß am Fotografieren zu erhöhen.
Trotz 2749 Dollar wird die Df von Profis wohl kaum gekauft werden, denn Profis brauchen effiziente Arbeitsmaschinen und das kann sie wohl kaum leisten.
Was ich an Nikon mag, ist, dass ich immer den Eindruck hatte man baue Fotoapparate für Fotografen. Nikon hat sich beispielsweise weniger als andere Hersteller am sinnlosen Megapixelrennen beteiligt und statt dessen als erster kompetent an der ISO-Schraube gedreht (bei im Vergleich zum Mitbewerber geringer Auflösung). Auch mit der Nikon 1 ist Nikon in meinen Augen einen sinnvolleren Weg gegangen, als Canon, Sony, Pentax und all die anderen, mit ihren APS-C-Systemkameras. Der Markt nimmt aber sinnvolle Produkte nicht immer an und hat am liebsten »viel« – also den größeren APS-C-Sensor statt 1″.
Die Df scheint mir weniger ein Fotoapparat für Fotografen als vielmehr ein Spielzeug für Liebhaber trendigen Retro-Designs. Das ist in meinen Augen nicht sinnvoll, aber Unternehmen müssen ja vorrangig Produkte verkaufen und nicht sinnvolle Produkte erzeugen. Und es spricht ja auch nichts dagegen, wenn sich jemand am, in meinen Augen etwas misslungenen, Retro-Look erfreuen kann. Also will ich Nikon den Erfolg gönnen, so er ihnen mit der Df beschieden ist. Ich hoffe zwar in einiger Zeit einmal ein Exemplar für ein paar Tage in die Hände zu bekommen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das viel an meinem Vorurteil ändern wird.
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