Es war nun wirklich keine Liebe auf den ersten Blick als ich mich im Frühjahr nach einer einigermaßen kompakten Systemkamera umsah und am Ende zwischen Sony NEX6/NEX7 und Olympus OM-D entscheiden musste. Nikon 1 kam nicht in Frage, weil die aktuellen Modelle noch nicht für ambitionierte Fotografen ausgestattet sind. Eine Lumix G hatte ich schon und war damit nicht vollauf glücklich. Samsung hat zu wenig Objektive, die Fujis sind mir zu groß (die X-E1 finde ich auch haptisch grauenhaft) und die Canon EOS M spricht mich überhaupt nicht an.
Schwere Entscheidung
Wäre es allein um die Kamera gegangen, wäre ich wohl bei der Sony NEX6 gelandet obwohl mich die Haptik der OM-D beim ersten Angreifen deutlich mehr begeisterte. Zwar viel kleiner als man denken würde, wenn man sie nur von Fotos hier kennt, doch überraschend schwer – sie vermittelt einen regelrechten Heavy-Metal-Eindruck, während Sonys NEXen dagegen wie Plastikbomber wirken.
Allerdings fand ich mich mit der Bedienung nicht spontan zurecht und die Einstellräder sind bei den NEXen besser positioniert – vor allem das hintere Einstellrad hat eine so unglückliche Position, dass ich beim Einstellen mit dem Daumen zwangsläufig meine Brille verschmiere (ich fotografiere mit dem linken Auge, also befindet sich das rechte rechts des Suchers und das Brillenglas direkt hinterm Einstellrad). Außerdem waren da meine gemischten Erfahrungen mit dem Hersteller die mich unlängst »nie wieder Olympus« schwören ließen.
Den Ausschlag für die Olympus gab am Ende, dass ich bei Sony kein einziges Objektiv fand, das meine Anforderungen erfüllte. Ich habe eine Nikon D600 und viel großes schweres Glas dazu. Die Systemkamera sollte zwar auch hervorragende Qualität liefern aber eben kompakt sein. Bei Sony sind zwar die Kameras kompakt aber die Objektive kaum kleiner als vergleichbare meiner Vollformatkamera. Auch das Angebot an lichtstarken Festbrennweiten mit interessantem Blickwinkel ist für die NEXen mehr als überschaubar. Demgegenüber haben Olympus und Panasonic mittlerweile eine brauchbare Palette an leistbaren Premiumobjektiven und meinen bevorzugten Brennweiten, die auch – passend zum System – wirklich kompakt sind. Ich erinnere mich, dass ich laut heraus lachen musste, als ich das 45mm ƒ1.8 aus der Verpackung nahm, weil es so klein ist.
Drei Mal war ich beim Händler und habe den Kauf der OM-D abgewägt. Zweimal bin ich wieder abgezogen ohne mich entscheiden zu können. Und als ich mich dann doch durchrang die OM-D mit 45mm ƒ1.8 Festbrenneite zu kaufen tat ich es mit gemischten Gefühlen und der Befürchtung einen Fehler zu machen.
Nicht bereut
Es stellte sich jedoch bald heraus, dass die Entscheidung nicht richtiger hätte ausfallen können. Die OM-D ist eine sehr schöne Kamera und an gelungenem Design kann ich mich immer wieder freuen. Die Haptik ist grandios. So grandios wie bei der Sony RX100, die ich ebenfalls immer gerne in die Hand nehme. Die Hürden der Benutzerführung, mit denen ich bei meinen Tests konfrontiert war, waren Details und schnell überwunden, so dass ich sehr schnell intuitiv mit ihr umgehen konnte. Ohne lange Einarbeitung finde ich mich nun gut zurecht mit ihr. Auch an die Position des hinteren Einstellrades habe ich mich gewöhnt.
Die beste Kamera die ich je hatte
Mittlerweile haben wir uns sehr gut angefreundet und ich möchte behaupten, dass mir noch keine Kamera so viel Spaß gemacht hat. Ausschlaggebend dafür sind, neben den kompakten Maßen, die es erlauben sie (mit einer montierten Festbrennweite) in die Jackentasche zu nehmen, und der erfreulichen Haptik, vor allem der extrem schnelle Autofokus in Kombination mit dem reaktionsschnellen Touch-Display und die traumhaft weiche manuelle Fokussierung mit 45mm ƒ1.8 und Panasonic 20mm ƒ1.7.
Blitzschnell ausgelöst | Auch meine Panasonic Lumix G3 hat ein klappbares Touchdisplay und kann durch tippen scharfstellen und auslösen, allerdings ist sie dabei relativ träge, so dass ich die Funktion nie so nutzen konnte, wie ich es gerne gehabt hätte. Die OM-D ist hier völlig anders. Sind die Lichtverhältnisse nicht gerade komplett ungünstig löst sie ohne spürbare Verzögerung in dem Moment aus, indem man den Bildschirm berührt. Ein Traum in der Street Photography.
Manuell fokussieren | Eigentlich fokussiere ich meist mit Automatik – zumindest bei meinen bisherigen Spiegelreflex- und Kompaktkameras. Doch das manuelle Fokussieren geht mit der OM-D und meinen zwei Objektiven dazu dermaßen weich – smooth! – und locker von der Hand, dass es einfach nur Spaß macht und ich die manuelle Fokussierung schon beinahe überall bevorzuge, wo nicht blitzschnelles Reagieren gefragt ist.
Supersofte Bokehs | Doch nicht nur das Fotografieren macht mit der OM-D riesigen Spaß – auch das Sichten und Bearbeiten der Bilder. Die Abbildungsqualität und Detailschärfe ist exzellent und auch bei ISO1600 erreicht man mehr als zufriedenstellende Ergebnisse. Das Olympus 45mm ƒ1.8 hat ein traumhaft cremiges Bokeh, kostet dabei aber lediglich 260 Euro. Auch die Abbildungsleistung des Panasonic 20mm ƒ1.8 gibt bei einem Preis von 330 Euro keine Anlass zur Kritik.
Ursprünglich war die OM-D eher als Eine-Brennweite-Zweitkamera gedacht. Lange schon spielte ich mit dem Gedanken mir die Fuji X100 mit ihrer fix montierten 36mm-Festbrennweite als hochwertiges Gerät für unterwegs zuzulegen. Allerdings ginge mir an dieser ein Klappdisplay ab. Doch mit der großen Freude die mir die OM-D bereitet wächst schon der Wunsch doch ein bisschen auszubauen. Reizend dabei das 12mm ƒ2.0 und das 17mm ƒ1.8. Außerdem hoffe ich noch auf ein Makro mit kompakten Baumaßen und interessanter Brennweite, das es derzeit noch nicht gibt.
Meine Freude an der OM-D heißt aber nicht, dass ich jetzt auf die Nikon D600 verzichten könnte. Das sind zwei verschiedene Kamerakonzepte und für ausgedehnte Foto-Shooting-Sessions ist die Olympus viel zu klein. Dafür ist eine griffige Spiegelreflex mit gut erreichbaren und ausreichend großen Tasten und Knöpfen einfach besser. Auch die Sony RX100 würde ich nicht hergeben, da sie als Immer-dabei-Kamera doch besser geeignet ist.
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