Es gibt viele fotografische Themenbereiche, beziehungsweise Genres. Zum Beispiel Porträtfotografie, Makrofotografie, Landschaftsfotografie, Sportfotografie, Architekturfotografie, Bühnenfotografie, Wildlife-Fotografie, Street Photography, Aktfotografie, Reportagefotografie und, und, und.
Nicht jede Kamera ist für jedes Genre geeignet. Jedes Kamerakonzept hat Vor- und Nachteile, Stärken und Schwächen. Ich halte es für wichtig dieses Thema zu beleuchten, denn die richtige Kamera ist mit ausschlaggebend für das Gelingen von Bildern und damit für die Freude an der Fotografie.
Kompaktkamera: Fixes Objektiv, in der Regel kleine Bildsensoren. (Bild: canon.de) | Sucherkamera: Der Klassiker dieses Baukonzept ist die Leica. Meist lassen sich die Objektive wechseln. Hier bei der Fuji X100 ist das Objektiv fix verbaut. Die Bildsensoren sind mittel bis groß. (Bild: fujifilm.de) | |
Systemkamera ohne optischen Sucher, aber mit der Möglichkeit Objektive zu wechseln. (Bild: panasonic.de) | Spiegelreflexkamera: Schnell, flexibel und hochwertige Abbildungsqualitäten durch mittlere bis große Bildsensoren, dafür aber auch groß und schwer. (Bild: nikon.de) |
Oft schon habe ich in Fotoforen und auf Fotoblogs Kommentare von Fotografen gelesen die eine teure Fotoausrüstung wieder veräußert haben weil sie in bestimmten Situationen an die Grenzen des Kamerakonzepts gestoßen sind. So kann ich mich an einen wanderbegeisterten Fotografen erinnern, der seine Spiegelreflexkamera (Single Lens Reflex (SLR) oder Digital Single Lens Reflex (DSLR)) samt Objektiven verkauft hat, weil es ihm zu mühsam war die schwere Gerätschaft in den Bergen mitzuschleppen. Statt dessen ist er auf eine Kompaktkamera mit kreativen Einstellmöglichkeiten umgestiegen umgestiegen. Eine vernünftige Entscheidung, will ich meinen.
Bei Landschaftsfotografie unter Tageslichtbedingungen – worum es ja einem Natur- und Wanderfreund in erster Linie gehen dürfe – sind die Ergebnisse von Kompaktkameras oft erst beim studieren der Details in der vergrößerten Ansicht am Computer, von den Resultaten von Spiegelreflexkameras zu unterscheiden.
Zwei Aufnahmen von derselben Position auf dieselbe Landschaft. Einmal SLR, einmal Kompakt. Aber was ist was? |
Sogar wenn es darum geht zwischendurch Blumen und Bienen als fotografierte Beute mit nachhause zu nehmen haben Kompaktkameras gegenüber Spiegelreflexkameras eindeutige Vorteile. Ohne spezielles Makroobjektiv sind richtig kleine Fundstücke mit einer DSLR kaum abzulichten – mit einer Kompakten ist das meist kein Problem.
Der größte Vorteil von Kompaktkameras für Wander und Reisefotografen ist allerdings: sie sind klein und leicht. Der Schluss »je größer desto besser« lässt sich auf die Fotografie nicht generell anwenden. Wer sich für ein bestimmtes Genre entscheidet tut gut daran vor dem Einkaufen zu eruieren welches Konzept diesem Thema am besten entgegen kommt. Wer sich für viele Genres interessiert wird nicht darum herum kommen sich früher oder später nach einer Zweit- oder Drittkamera umzusehen.
Betrachten wir uns einmal ein paar Genres und reden wir darüber, was für ein Kamerakonzept ihnen am besten entgegen kommt.
Landschaftsfotografie | Ambitionierte Landschaftsfotografen bevorzugen in der Regel Spiegelreflexkameras, hochwertige Objektive und stabile, meist schwere Stative, um ihre Motive mit dem letzten Quäntchen Schärfe abbilden zu können.
Ich verwende gelegentlich das Stativ Manfrotto 190 XPROB. Obschon kein wirkliches Leichtgewicht dürfte es vielen Landschaftsfotografen dennoch zu leicht und Schwingungsanfällig sein. |
Da der Landschaftsfotograf oft vor allem die Weite von Landstrichen einfangen will arbeitet er meist mit Weitwinkelobjektiven.
Weitwinkelobjektiv erster Güte: Das AF-S Nikkor 14–24 mm 1:2,8 G ED. Solch extreme Weitwinkelbrennweiten sind nicht pflegeleicht in der Anwendung. Aber ich liebe das 14–24mm gerade wegen der extremem Perspektiven die es ermöglicht. Ich habe auch bereits einen ausführlichen Artikel darüber gepostet. Bild: © Nikon GmbH |
Es braucht nicht viel, damit ein Objekt bei 14mm dermaßen verunstaltet abgebildet wird. Oder drastischer Ausgedrückt: Fotografiert man mit extremen Weitwinkeln muss man höllisch aufpassen, dass nicht ein Großteil der Aufnahmen verunglückt. Weitwinkel ist in meinen Augen am spannendsten aber auch am schwierigsten zu beherrschen. Kamera: Nikon D700 Objektiv: 14–24 mm 2:2,8 |
Wer Landschaften fotografiert hat gerne weiches Licht. Das lässt sich bei wolkenlosem Himmel um die Mittagszeit herum kaum erreichen. Der Landschaftsfotograf sollte für das beste Licht gerne früh aufstehen und auf den Weg gehen. In der Zeit um den Sonnenaufgang herum zeigt sich Landschaft meist im schönsten Licht. Rund um den Sonnenuntergang – beziehungsweise kurz danach – ist das Licht zwar auch meist weich aber davor relativ gelb- und danach relativ blaustichig.
People- und Porträtfotografie | Auch der People- und Porträt-Fotograf arbeitet in der Regel am liebsten mit einer griffigen Spiegelreflexkamera.
So wie das Weitwinkel zum bevorzugten Objektiv des Landschaftsfotografen gehört, wählt der Porträtfotograf am liebsten leichte Teleobjektive im Brennweitenbereich zwischen 80mm und 120mm. Diese Brennweiten sind am besten geeignet Gesichtsproportionen plastisch und unverzerrt abzubilden.
Porträt bei 36 mm Kleinbild. Die Gesichtszüge scheinen schmal, die Proportionen verzerrt. |
An einer Kleinkamera wären 50mm zu kurz für die harmonische Abbildung von Gesichtszügen. An Consumer-Kameras von Canon, Nikon, Pentax oder auch Olympus und Panasonic ist sie aber durchaus für Nahaufnahmen von Gesichtern geeignet. So ergibt sich an der Nikon D7000 auf Grund des sogenannten Formatfaktors (siehe auch Formatfaktor) ein tatsächlicher Blickwinkel eines leichten Teles mit 75mm Brennweite. |
Das AF-S Micro Nikkor 105mm 1:2,8 G VR gehört an einer Kleinbildkamera zu den perfekten Porträt-Objektiven. Hier an der D7000 erzeugt es allerdings einen Blickwinkel der knapp 158mm an Kleinbild entspricht. Das ist zu lang. Die Gesichtszüge erscheinen dadurch runder und flacher. Den fotogenen Gesichtszügen von Vanessa schadet das zwar nicht. Doch wer ihr live begegnet empfindet ihre Gesichtszüge anders. |
300mm an einer Kamera mit mittelgroßem Sensor ergeben den Blickwinkel einer Brennweite von 450mm bei Kleinbild. Das macht einen völlig anderen und irgendwie fremden Menschen aus Vanessa. Immer noch hübsch aber die Kopfform scheint flacher und das Gesicht eckiger geworden zu sein. Vergleicht man die vier Aufnahmen könnte deutlicher kaum werden wie Brennweiten ein Gesicht verändern können. |
Brennweiten im leichten Tele-Bereich helfen nicht nur Gesichtszüge mit einer vorteilhaften perspektivischen Wirkung abzubilden sondern unterstützen zusätzlich auch noch die Weichzeichnung des Hintergrundes. Ein durch Unschärfe weichgezeichneter Hintergrund verwischt Details und verhindert, dass der Hintergrund vom Hauptmotiv ablenkt. Bei Kompaktkameras ist das in der Regel etwas schwieriger, da sie eine sehr hohe Schärfentiefe (siehe auch Schärfe) abbilden und somit den Hintergrund scharf auf das Bild bannen.
Aufnahme mit der Kompaktkamera Canon PowerShot S95 bei maximaler Brennweite von 105mm und größtmöglicher Blendenöffnung ƒ4.9. Sowohl längere Brennweite, als auch offene Blende helfen den Hintergrund weniger scharf abzubilden. Richtig unscharf wird der Hintergrund aber auf diese kurze Distanz bei dieser Brennweite mit dem kleinen Sensor einer Kompaktkamera trotzdem nicht. Kompaktkameras sind keine Porträtkameras! |
Aufnahme mit der Canon PowerShot G12 bei 135mm und Blende ƒ4.5. Die Brennweite ist länger und die Blende ein bisschen weiter offen als beim Bild oben. Sowohl die etwas weiter geöffnete Blende als auch – und vor Allem – die längere Brennweite tragen zum weicheren Hintergrund bei. |
Der Vergleich der Aufnahmen der Kompaktkameras oben mit dem Resultat einer Spiegelreflexkamera hier macht deutlich weshalb Porträtfotografen keine Kompaktkameras nutzen: Der größere Sensor einer Spiegelreflexkamera, egal ob mittelgroße Four-Thirds-, APS-C- oder APS-H-Formate oder das große Kleinbildformat, bietet einfach deutlich mehr Spielraum mit Schärfentiefe zu gestalten und Modelle durch unscharfen Hintergrund freizustellen. |
Die oberen drei Abbildungen zeigen, dass ein unscharfer Hintergrund die porträtierte Person besser zur Geltung bringt. Die drei Bilder zeigen aber auch, dass das nur bei einer Kamera mit mittlerem oder großem Sensor vernünftig funktioniert – in der Regel heißt das Spiegelreflex. Kompaktkameras mit kleinen Sensoren bilden bei Porträts die Hintergründe bei Brennweiten, die dem Blickwinkel von 105mm oder 135mm Kleinbild entsprechen und optimal für Porträts sind, viel zu scharf ab.
Spiegelreflexkameras haben darüber hinaus auch den Vorteil durch ihr großes Volumen, die griffige Ergonomie und ihr Gewicht sicher und satt in der Hand zu liegen. Der Blick durch den Sucher hilft zusätzlich Verwackelung zu vermieden, da die Kamera nicht nur in Händen gehalten wird, sondern durch die Auflage vor Nase und Stirn einen dritten Stabilisierungspunkt erhält. Und da man Modelle und Personen, die man Porträtieren muss, nur selten über Wanderungen besucht, stellen Gewicht und Umfang der Ausrüstung in diesem Genre keinen Nachteil dar.
Beim Fotografieren über den Sucher wird die Kamera mit zwei Händen gehalten und am Kopf angelehnt. Das mag teilweise zu seltsamen Verrenkungen führen, bietet aber deutlich mehr Stabilität als würde man die Kamera einfach von sich weg halten und mit den Bildausschnitt über das Display bestimmen. |
Fazit: Der sport- und wanderbegeisterte Landschaftsfotograf mag Freude mit einer kompakten Kamera haben und tolle Ergebnisse damit erzielen. Wer jedoch Menschen und Porträts eher im Mittelpunkt seiner fotografischen Leidenschaft sieht sollte unbedingt zu einer Spiegelreflexkamera greifen.
Reise- und Reportagefotografie | Spiegelreflexkameras bieten in der Regel hervorragende Bildqualität. Wer von einer Kompaktkamera auf eine SLR umsteigt wird das Gefühlt haben, dass seine Ergebnisse schlagartig besser werden. Nicht bei jedem Motiv. Aber vor allem bei Aufnahmen von Menschen wird er diese Erfahrung machen. Das hat vor allem damit zu tun, dass diese Kameras auch im vollautomatischen Modus, beim Fotografieren von Menschen, Tieren und anderen nahen und nicht zu großen Objekten, eine relativ kurze Schärfentiefe erzeugen und somit freistellen. Das wirkt fast immer besser, als wenn der Hintergrund, wie bei Kompaktkameras, scharf mit aufs Bild kommt.
Darüber hinaus sind Spiegelreflexkameras äußerst flexibel, da sie als Systemkamera die Möglichkeit bieten Objektive zu wechseln und sie somit der Situation und Aufgabe anzupassen. Aber der Preis dafür ist eben die Größe und das Gewicht der Ausrüstung. Reise- und Reportagefotografen ziehen deshalb oft leichteres Equipment vor.
Die erste Möglichkeit zum Abspecken stellt es dar, statt eines professionellen oder semiprofessionellen Modells eine Kamera aus der Einsteiger- oder Mittelklasse zu verwenden. Diese Geräte haben in der Regel bereits sehr gute Abbildungsqualitäten, sind aber kompakter und leichter gebaut.
Die Wechselobjektive bleiben am besten zuhause. Statt dessen darf ein rundum-glücklich-Objektiv mit auf Reise, wie ein 18–200mm-Zoomobjketiv. Die Abbildungsqualität von Zoomlinsen, mit einem so weiten Brennweitenbereich, erreicht zwar im Detail nicht die Exzellenz von Zoomobjektiven mit kleinerem Brennweitenumfang – schon gar nicht von Festbrennweiten. Dafür ist man aber sehr flexibel um je nach Bedarf zwischen Weitwinkel- und Tele-Bereich zu wechseln – ohne das Objektiv zu wechseln! Ein Nachteil jedoch wiederum: Objektive mit einem so weiten Zoombereich sind meist nicht besonders lichtstark. Das heißt ohne Stativ packt man seine Ausrüstung sehr viel früher ein, als Fotografen mit lichtstarken Objektiven.
Ein Zoomobjektiv mit außerordentlich breitem Brennweitenbereich: Das Sigma 18-250mm F3,5-6,3 DC OS HSM. Mit 630g deutlich schwerer als manche Kompaktkamera, dabei aber noch nicht wirklich schwer und vor allem äußerst flexibel. (Foto: sigma-foto.de) |
Eine radikale Alternative zu Zoomobjektiven stellt für Reise und Reportagefotografen die Festbrennweite dar. Sie ist leicht, bei kurzen Brennweiten nicht besonders teuer und liefert dennoch eine Qualität und Lichtstärke, für die man bei Zoomobjektiven vierstellige Beträge in die Hand nehmen muss. Ich selbst habe bislang an meiner Nikon D80 eine 35mm-Festbrennweite für unterwegs genutzt. Ein Objektiv das ich Nikon-DX-Fotografen uneingeschränkt empfehlen kann.
Nikon 35mm ƒ1.8 Festbrennweiten-Objektiv. Klein, leicht, kompakt, preiswert und trotzdem sehr gute Abbildungsqualität. (Foto: nikon.de) |
Im Angebot für Canon, Pentax und Sony gibt es sicherlich Objektive mit vergleichbaren Brennweiten. Olympus- und Pentaxfotografen können zum wunderbar flachen 25mm Pancake Objektiv greifen, das 50mm Kleinbild entspricht.
Flacher geht kaum: Das 25mm Pancake Objektiv von Olympus zeigt denselben Bildausschnitt, wie ein 50mm Kleinbildobjketiv. (Foto: olympus.de) |
Allerdings ist der Blickwinkel von 53mm (bezogen auf Kleinbild) was für viele Situationen bereits zu eng ist. Deshalb nutze ich seit Kurzem bevorzugt ein Objektiv mit 28mm Festbrennweite. Dieses hat an der D80 den Blickwinkel von 42mm Kleinbild und das ist ein Bereich, der klassischen Reise- und Reportage-Brennweiten sehr nahe ist.
AF Nikkor 28 mm 1:2,8 D. Nicht mehr die jüngste Linse im Nikon-Park, aber dafür recht preiswert. Für Straßenpreise ab etwa 300 Euro darf man professionellste Qualität erwarten. An einer Kamera mit DX-Sensor kommt die Brennweite auf 42 mm und ist damit vorzüglich als immer-dabei-Linse geeignet. Die mit ƒ2.8 hohe Lichtstärke erlaubt auch bei spärlichem Umgebungslicht noch ausreichend kurze Belichtungszeit und gibt Freiraum um mit Schärfentiefe zu spielen. (Bild: © Nikon GmbH) |
Wer jetzt erschreckt zurückschreckt und sich denkt, dass eine einzige, feste Brennweite eine inakzeptable Einschränkung darstellt, der hat wahrscheinlich noch nicht oft mit Festbrennweiten fotografiert. Zwar ist der Verlust an Flexibilität nicht von der Hand zu weisen, doch die Beschränkung auf eine feste Brennweite bringt auch Vorteile: Man kann es sich als Fotograf nicht mehr bequem machen und von der Stelle aus auf den Auslöser drücken, an der einem ein Motiv ins Auge gesprungen ist. Statt dessen muss man sich dem Objektiv nähern und nach der perfekten Perspektive suchen. Die Einschränkung führt dadurch zu einer zwangsweise intensiveren Auseinandersetzung mit dem Motiv und zu interessanteren Ansichten, die man gar nicht gefunden hätte, hätte man einfach nur an es heran gezoomt.
Weitwinkel oder Normalobjektiv haben gegenüber Teleobjektiven klare Vorteile:
- Es lassen sich mit Ihnen auch mehr oder weniger weite Landschaften einfangen, was mit Brennweiten über 50mm kaum mehr möglich ist.
- In Städten, Straßen und Gassen ist man flexibler. Man kann an kleine Objekte herantreten und für die Aufnahme ganzer Fassade auch wieder ausreichend auf Distanz gehen. Mit einer langen Brennweite steht man da schnell einmal an der Wand.
- Dasselbe gilt natürlich auch in Räumen, wie Kneipen, Museen, Schlössern und Kirchen. Ein Weitwinkel kann die Stimmung eines ganzen Raumes einfangen, mit Teleobjektiven können Sie höchstens einzelne Menschen oder kleine Menschengruppen fotografieren.
- Bilder, die mit Teleobjektiven aus der Distanz geschossen werden, erzeugen beim Betrachter ein Gefühl der Distanz und vermitteln gerne einen voyeuristischen Charakter. Bilder hingegen, die mit 50mm, 35mm, 28mm oder geringer aufgenommen wurden, vermitteln dem Betrachter den Eindruck mitten im Geschehen zu stecken und ganz nah an der Szene dran zu sein. In der Reise- und Reportagefotografie erzeugen Weitwinkelaufnahmen in der Regel authentischere Ansichten.
- Mit Weitwinkel fotografiert man noch, wenn das Licht für Teleobjektive nicht mehr ausreicht. Lichtstärke ist bei moderatem Weitwinkel bedeutend preiswerter zu bekommen, als bei Teleobjektiven. Ganz abgesehen davon, dass man mit Weitwinkel generell längere Belichtungszeiten aus freier Hand halten kann als bei Telebrennweiten.
Die Art, wie Wanderer und Ausflügler fotografieren, ist in der Regel der Reisefotografie ähnlich. Auch Sie profitieren von leichtem, flexiblem Equipment. Hochwertige Kompaktkameras stellen für sie oft die vernünftigere Alternative zu Spiegelreflexkameras dar. Zwar können SLRs heute noch durch die Bank durch geringeres Rauschen punkten wenn es in die Dämmerung hinein geht. Doch das ist meist die Zeit in der der Wanderer bereits zuhause vor dem Computer sitzt um seine Beute zu sichten. Unter normalen Lichtbedingungen hingegen ist an der Abbildungsleistung von guten Kompaktkameras heute kaum mehr viel auszusetzen. Und wie bereits erwähnt: Mit der Kompaktkamera fotografiert man Landschaft, Hund, Blume und Käfer im Zeitraum von Augenblicken – bei der SLR liegt dazwischen oft der Objektivwechsel.
Makrofotografie | Was bei der Portätfotografie ein Vorteil ist, ist in der Makrofotografie meist ein Nachteil: Geringe Schärfentiefe. Auf kurze Distanz schrumpft bei offener Blende die Schärfentiefe bei SLR oft auf den Bereich eines Millimeters zusammen. Das reicht oft nicht einmal aus um das Facettenauge eines Insekts von vorne bis hinten scharf aufzunehmen und es wird auch schwieriger den schärfsten Bereich exakt auf den gewünschten Bereich – die Augen – zu legen. Die kleinen Sensoren von Kompaktkameras ergeben von Haus aus eine viel höhere Schärfentiefe und das ist beim Ablichten winziger Models ein absoluter Vorteil.
Diese Aufnahme entstand mit einer Kompaktkamera, mit einem Abstand von kaum mehr als einem Zentimeter zur Ameise. Mit einer SLR wäre ein vergleichbares Ergebnis praktisch nur mit Blitzen möglich gewesen – separaten, nicht dem Blitz auf der Kamera. Ob die Ameise so lange gewartet hätte? |
Makro-Aufnahme mit der SLR Nikon D700 und 105mm Makroobjektiv. Die Schärfentiefe ist sehr gering. Das kann auch reizvoll sein. Hier ist es das nicht. Der schärfste Punkt liegt auf dem oberen Fühler, sollte aber auf den Augen liegen. Den Schärfepunkt exakt zu setzen ist natürlich mit so geringer Schärfentiefe schwierig. Ein Millimeter daneben und schon kann ein Foto misslungen sein. |
Das heißt nicht, dass Makrofotografen meist mit Kompaktkameras durch Wälder und Wiesen streifen. Doch mit aktuellen, kompakten Modellen lassen sich durchaus exzellente Ergebnisse erzielen. Die Objektive von Kompaktkameras erlauben es dabei sogar oft auf Distanzen von einem Zentimeter oder noch geringer scharf zu fokussieren. Normale Objektive von SLRs hingegen verlangen meist einen Mindestabstand von zwanzig, vierzig, siebzig oder noch mehr Zentimetern. Der Makrofotograf mit der DSLR ist deshalb gezwungen spezielle Makroobjektive auf seine Kamera zu schrauben um die Welt des Kleinsten zu fotografieren. Mal eben eine Landschaft ablichten, dann ein Eichhörnchen in einigen Metern Entfernung und im nächsten Moment einen Marienkäfer geht eben nicht ohne Wechsel des Objektivs. Natürlich verwenden die meisten ambitionierten Makrofotografen dennoch Spiegelreflexkameras, um das letzte Quäntchen zusätzlicher Qualität aus ihren Aufnahmen heraus zu kitzeln. Dafür sind sie aber dann auch meist mit Stativ, speziellem Makroblitz und zum Teil auch Reflektoren unterwegs.
Street Photography | Was für den Reise- und Reportagefotografen gilt – dass kurze Brennweiten Nähe erzeugen – gilt für den Fotografen auf der Straße genauso, will er das Treiben der Menschen einfangen. Natürlich gibt es auch hier Fotografen, die mit großen SLR-Boliden und langen Telezooms aufkreuzen. Doch je näher der Fotograf an die Leute ran geht, desto spannender, fesselnder und authentischer wirken die Resultate. Dabei muss der Straßenfotograf den Spagat schaffen nah an seine Opfer heranzukommen, muss dabei aber unentdeckt bis er abgedrückt hat. Die Magie eines Augenblicks in dem Menschen miteinander interagieren, in sich versunken sind oder einer interessanten Tätigkeit nachgehen, ist ein scheues Reh das beim Anblick einer Kamera verschwindet noch bevor man den Auslöser durchdrückt.
Wichtige Eigenschaften für eine Kamera für die Streetphotography sind, dass Sie geräuschlos auslösen und unauffällig sind. Während es viele Leute einfach ignorieren, wenn man mit einer Kamera, die an einen kompakten Knipserapparat erinnert, auf sie zielt, haben es die wenigsten gerne wenn das Gerät, in dessen Visier sie sich fühlen, an die Ausrüstung von Paparazzo erinnert.
Höchste Qualität, kompaktes und relativ unauffälliges Aussehen, sowie flüsterleises Auslösen – dafür sind vor allem die Sucherkameras von Leica bekannt. Allerdings liegen diese Geräte meist in preislichen Regionen, die dem Hobbyfotografen den Atem rauben. Doch wer sich für die Street-Fotografie interessiert, muss nicht unbedingt den Betrag eines jungen, gebrauchten Kompaktwagens hinblättern. Bei der Street-Fotografie zählt vor allem Eines: Die Szene. Je interessanter die Szene, desto nebensächlicher die Bildqualität.
Aufnahme auf der Straße mit der Kompaktkamera Canon G12. Die Aufnahme entstand am Abend und erforderte hohe Empfindlichkeit, was zu Bildrauschen führte. Bewegungsunschärfe, leichte Verwackelung, zu hohe Schärfentiefe – dennoch hat das Bild seinen Reiz, weil es Menschen in Interaktion zeigt. |
Wenn wir Menschen in einem faszinierenden, vielleicht emotionalen Moment ablichten, dann ist es fast nebensächlich, ob wir mit einer Leica M9 oder einem Smartphone ausgelöst haben. Die Faszination solcher Bilder liegt überwiegend in der Szene. Unschärfen können die authentische Wirkung unterstreichen und wenn das Bild in Farbe nicht schön aussieht, wandelt man es in der digitalen Dunkelkammer (Photoshop, Lightroom, et cetera) in Schwarzweiß um. Street-Photography-Aufnahmen sehen monochrom ohnehin meist besser aus. Allfälliges Rauschen kleinerer Sensoren kann nach der Schwarzweißentwicklung sogar charmant wirken – nicht umsonst fügen manche Schwarzweißfotografen Ihren Bildern oft mit digitalen Filtern Störungen bei.
In meinen Augen ist die Street-Fotografie das Genre, das die geringste Investition für bemerkenswerte Bilder erfordert. Vielmehr braucht es den Mut an die Leute heranzutreten und Sie, noch bevor man bemerkt wird, abzulichten. Anschließend sollte man ihnen die Aufnahmen zeigen und anbieten ihnen die Bilder zuzusenden. Im Bedarfsfall sollte man sich auch entschuldigen und die Bilder löschen. Ich bin zwar fasziniert von der Street Photography und würde gerne mehr in diese Richtung unternehmen, aber oft zu schüchtern die Leute auf Aufnahmen anzusprechen. Mit dem heimlichen Fotografieren aus dem Hintergrund und ohne die Leute nachträglich zu informieren, dass sie abgelichtet wurden, habe ich hingegen Schwierigkeiten. Ich habe danach immer das Gefühl sie irgendwie beraubt zu haben (ich gebe aber zu, es gelegentlich nicht lassen zu können).
Stock- und Werbe-Fotografie | Mein persönlicher, bildgestalterischer Background findet sich im Grafikdesign und der Werbung. Gute Bilder sind das Um und Auf erfolgreicher visueller Kommunikation. Je professioneller die Bildwirkung, desto professioneller wirken Unternehmensauftritte. Oder umgekehrt: Amateuraufnahmen vermitteln in der Werbung keine Professionalität!
Da ich schon lange bevor ich selbst begann mich eingehender mit Fotografie zu befassen viel mit professionellen Aufnahmen zu tun hatte, ist mein Auge geschult professionelle Arbeiten von Amateuraufnahmen zu unterscheiden – was jetzt aber nicht heißt, dass Amateure keine professionelle Bildwirkung zu Stande bringen. Als ich selbst meine erste Spiegelreflexkamera und später die erste Digitalkamera in die Hand nahm um dem Ideal gut umgesetzter Werbefotografie nach zu eifern, wurde ich mit dem Lauf der Zeit zunehmend frustrierter. Ich erreichte die Qualität der Profis nicht. Obwohl mir klar war wie Brennweite, Blende, Empfindlichkeit und Belichtung zusammenhängen, blieben meiner Ergebnisse auch unter besten Lichtbedingungen hinter der Qualität professioneller Werbefotografie zurück.
Die Kronleuchter gingen mir während eines Fotoworkshops auf. Ich hatte bis dahin mit einer Kamera des gehobenen Einsteigersegments gearbeitet und mit Objektiven die in derselben Liga spielten. Auf diesem Workshop hatte ich die Möglichkeit zum ersten Mal mit einer professionellen Kamera und einem Objektiv der Viertausend-Euro-Klasse zu fotografieren. Ich habe ein einziges Bild gemacht, auf dem Display betrachtet und verstanden, weshalb meine Ergebnisse mit meiner Ausrüstung immer hinter den Resultaten der Profis zurückbleiben würden.
Es heißt oft, dass die Ausrüstung des Fotografen nebensächlich sei. Das stimmt insofern, dass ein guter Fotograf mit der billigsten Kamera bessere Aufnahmen machen wird, als ein Laie oder Einsteiger mit einer Top-Ausrüstung. Doch es gibt auch fotografische Genres in denen man sich ohne entsprechende Ausrüstung die Zähne ausbeissen wird. Dazu gehört in der Regel die Werbefotografie, aber auch der Bereich der professionellen Sportfotografie, wo über die Distanz eines Fußballfelds beeindruckende Bilder unter Flutlicht entstehen sollen, oder auch die Wildlife-Fotografie, bei der der Fotograf im dichten Wald bei dämmrigen Lichtverhältnissen versucht über eine erhebliche Distanz einen scheuen Vogel abzulichten.
Die Kamera für alle Fälle gibt es nicht
Die falsche und nicht zum Thema, das man gerne und primär fotografiert, passende Kamera kann einem die Freude an der Fotografie ordentlich verleiden. Ich habe viele Kameras besessen, habe immer nach der eierlegenden Wollmilchsau gesucht, die für alle Fälle den perfekten Kompromiss darstellt – zumindest das war mir schon früh klar: Wenn man schon auf mehreren Hochzeiten tanzen möchte muss man Kompromisse eingehen. Richtig Freude hatte ich aber mit diesen Kompromissen nie. Heute habe ich eine Profi-DSLR für reine Foto-Shootings, bei denen ich kompromisslose Qualität erwarte, meine Einsteiger-DSLR zum Wandern und Spazieren, eine Kompaktkamera als leichten Begleiter und darüber hinaus ein Smartphone, mit dem ich noch Fotos machen kann, wenn ich keine andere Kamera mit mir rum schleppe.
Man sollte sich nicht mit einem Gerät abmühen, das für das bevorzugtes Genre nicht gut geeignet ist. Entweder man wechselt das Genre oder – besser – die Kamera. Auch wenn sie noch neu ist. Mir scheint es besser ein paar Euro Lehrgeld zu bezahlen als die Freude an der Fotografie zu verlieren.
Der Inhalt dieser Online-Fotoschule ist in erweiterter Form auch als Buch erhältlich: »Die kreative Fotoschule – Fotografieren lernen mit Markus Wäger« Rheinwerk-Verlag 2015, 437 Seiten, gebunden, komplett in Farbe ISBN 978-3-8362-3465-8 Buch: 29,90; E-Book: 24,90 Weitere Informationen und Demokapitel auf der Website des Verlags; Affilate-Link zum Buch bei Amazon. |
Kommentar verfassen