Schlagwort: Schärfentiefe
Mein Artikel über »Schärfentiefe und Abbildungsmaßstab« scheint für etwas Aufmerksamkeit und Diskussionsstoff gesorgt zu haben. Das merke ich nicht nur an Nachrichten die mich direkt erreichen, sondern auch an dem was in Foren darüber diskutiert wird, wenn ich eingehenden Links folge.
Was mich überrascht, ist, wie sehr manche Leute an der Theorie festhalten, auch wenn die Praxis etwas anderes zu sagen scheint. Sehen wir uns dazu noch einmal zwei Beispiele aus dem oben genannten Artikel an.
Über Schärfentiefe und Bokeh
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Die meisten Rückmeldungen zu meinem Blog und seinen Artikeln sind positiv und wohlwollend. Gelegentlich gibt es Kritik und manchmal ist sie gerechtfertigt. Auch wenn ich mich bemühe gründlich zu recherchieren bevor ich Betrachtungen und Behauptungen verbreite, unterliege ich schon einmal Fehlschlüssen, Irrtümern, Vorurteilen oder sitze falschen Behauptungen anderswo auf. Auf einen Fehler hingewiesen zu werden ist mir nicht unbedingt angenehm aber willkommen – das letzte was ich möchte ist an falschen Ansichten festhalten.
An verschiedenen Stellen in meinem Blog steht zu lesen, dass die Brennweite die Schärfentiefe beeinflusst: Je länger die Brennweite desto geringer die Schärfentiefe. Nicht zum ersten Mal wurde ich vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass die Brennweite keinen Einfluss auf die Schärfentiefe habe sondern lediglich Abbildungsmaßstab und Blende dazu beitrügen.
Die Anmerkung ist theoretisch so richtig wie praktisch falsch. Um den Denkfehler zu demonstrieren habe ich mir von meinem freundlichen Fachhändler ein Objektiv mit großem Brennweitenumfang ausgeborgt – einmal mehr gilt mein Dank Foto Hebenstreit für die Unterstützung. Natürlich hätte ich auch zwei meiner Objektive nehmen können, doch ich wollte verhindern, dass mir jemand vorwerfen kann die verschiedenen Linsen hätten die Ergebnisse verfälscht.
Affinity Photo: Feldunschärfe
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Der Feldunschärfe-Filter ermöglicht es Aufnahmen annähernd den Look zu verleihen den sie erhalten wenn man sie mit einer entsprechenden Kamera, einem lichtstarken Objektiv und bei Offenblende aufnimmt. Affinity Photos Feldunschärfe ist dem gleichnamigen Filter in Photoshop ähnlich mit ein paar Detailunterschieden.
Dieser Screencast demonstriert wie man in Affinity Photo mit dem Tiefenschärfe-Filter den sogenannten Tilt-Shift-Effekt simulieren kann.
Kauft euch eine Festbrennweite!
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Im Grunde ist das schon der erste Vorteil einer Festbrennweite: Näher dran sieht einfach oft auch besser aus. Es vermittelt dem Betrachter den Eindruck ganz nah dran, mitten im Geschehen, Hautnah dabei zu sein. Brennweiten von 50mm und weniger vermitteln Authentizität.
Doch das ist nicht das Einzige! Der Komfort von Zoomobjektiven befördert die Faulheit. Erblicken, Kamera zücken, hinzoomen – klick! Reinster Zufall, wenn dadurch eine bemerkenswerte Fotografie zustande kommt.
Wer mit Festbrennweite fotografiert kommt gar nicht darum herum sich bewusster mit der Bildgestaltung auseinander zu setzen. Statt Hinzoomen bewegen einen die Beine näher hin oder weiter weg. Festbrennweiten schaffen Bewusstsein und sind schon deshalb ein Segen, weil sie einen zwingen den fotografischen Prozess zu entschleunigen.
Wer jedoch eine Festbrennweite kauft, kauft sie aus einem anderen Grund: Lichtstärke! Die Blende lässt sich weiter öffnen, wodurch ich weniger Licht zum Fotografieren benötige und die Schärfentiefe geringer gestalten kann. Lichtstarke Festbrennweiten bedeuten Fotografieren in einer anderen Dimension.
After Sunset
Eine andere Welt eröffnen lichtstarke Festbrennweiten weil man damit tiefer in den Abend vordringen kann ohne ein Stativ benützen zu müssen. Mit einer Consumer-Kamera und einem üblichen Standardzoom mit einer Brennweite von 18–55mm und Lichtstärke ƒ3.5–5.6 ist bei 55mm ohne Stativ und ohne Anheben der Empfindlich nach Faustregel spätestens kurz vor Sonnenuntergang Schluss mit unverwackelten Aufnahmen. Eine vergleichbare Festbrennweite und Lichtstärke ƒ2.0 hingegen ermöglicht es bis kurz vor Einbruch der Nacht ohne höhere ISO-Werte und ohne Stativ zu fotografieren. Kein Wunder: Bei ƒ2.0 genügt zur Belichtung 1/8 des Lichts (Umgebungslicht) das bei ƒ5.6 notwendig ist.
Freistellen
Vom Freistellen spricht man, wenn ein Motiv im Vordergrund vor unscharfem Hintergrund abgebildet ist. Das lässt sich mit einer langen Brennweite erreichen, geht aber noch viel besser mit einer Blende die sich weit öffnen lässt. Das oben genannte Standardzoom erreicht bei 55mm und ƒ5.6 auf eine Distanz von 3m eine Schärfentiefe von 66cm – von flauschiger Weichzeichnung der Elemente dahinter ist da nicht mehr zu träumen.
Eine Festbrennweite mit 55mm und Lichtstärke ƒ1.8 erzielt auf 3m eine Schärfentiefe von knapp 22cm – das ist gerade einmal ein Drittel! Objekte im Vordergrund vor unscharfem Hintergrund freizustellen lässt sich damit natürlich bedeutend leichter erreichen.
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Vom »Freistellen« spricht man wenn ein Hauptmotiv im Vordergrund durch geringe Schärfentiefe vor unscharfem Hintergrund abgebildet wird. Olympus OM-D E-M1; Objektiv: Olympus M.Zuiko 45mm ƒ1.8 | 45mm (90mm KB); ƒ1.8; 1/3200s; ISO200; entfesselt geblitzt |
Begeisterung garantiert!
Schon viele Teilnehmer meiner Seminare haben sich bereits während die Kurse liefen meinem Rat folgend eine Festbrennweite gekauft und ich kann mich an keinen einzigen erinnern der nicht vom Fleck weg begeistert gewesen wäre.
Profiqualität zum Schnäppchenpreis
Lichtstarke Festbrennweiten sind oft nicht billig. Doch die meisten Hersteller haben die eine oder andere Linse im Programm die professionelle Abbildungsqualität zum Sparpreis liefert.
Nikon beispielsweise hat gleich zwei unschlagbare Preis/Leistungs-Knüller im Programm. Das wäre zum einen das 50mm ƒ1.8, bei Amazon (Affiliate-Link) zum Hammerpreis von unter 200 Euro zu haben – ein Objektiv, das sowohl an Einsteigermodellen im DX-Format als auch an Vollformatkameras verwendet werden kann. An DX-Kameras ist das 50er ein durchaus ernstzunehmendes und profitaugliches Porträtobjekitv, am Vollformat übernimmt es die Rolle der vielseitig einsetzbaren Normalbrennweite.
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AF-S NIKKOR 50 mm 1:1,8G (© Nikon) |
Kaum weniger Interessant: Das 35mm ƒ1.8, aktuell bei Amazon (Affiliate-Link) um 180 Euro zu haben. Das ist zwar nur an DX-Kameras sinnvoll zu nutzen und entspricht dort mit umgerechnet 52,5mm etwa einer Normalbrennweite, es ist aber dadurch vielseitiger einsetzbar.
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AF-S DX NIKKOR 35 mm 1:1,8G (© Nikon) |
Während ich die beiden oben genannten Nikkore aus eigener Erfahrung empfehlen kann, habe ich mit Canons Linsen keine Erfahrungen. Ich weiß aber, dass sich Canons 50mm ƒ1.8 kaum geringerer Beliebtheit erfreut wie Nikons 50mm-1.8er Linsen – bei Amazon (Affiliate-Link) bereits um knappe 120 Euro zu haben.
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Canon EF 50mm f/1.8 STM (© Canon) |
Eine besonders exzellente Linse zum Schnäppchenpreis ist das 45mm ƒ1.8 von Olympus. Auf Kleinbild umgerechnet ist es länger als die oben genannten Linsen von Nikon und Canon, denn es entspricht 90mm. Das macht es zwar weniger universell einsetzbar, aber dafür zur umso besseren Porträtbrennweite. Sein Preis bei Amazon (Affiliate-Link) liegt derzeit bei knapp über 250 Euro.
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Olympus M.ZUIKO DIGITAL 45mm 1:1.8 |
Auch für die anderen Kameramarken werden lichtstarke Festbrennweiten angeboten, sei es von den Herstellern selbst, sei es von Drittherstellern wie Sigma. Da mir beim Angebot für diese Marken aber der Überblick fehlt kann ich keine wirklichen Tipps dazu abgeben. Sachdienliche Hinweise und Tipps als Kommentar von euch, liebe Leser, wären diesbezüglich sicher hilfreich.
Anmerkung: Ich persönlich kaufe meine Ausrüstung weitest gehend beim Fachhändler, auch wenn ich dort manchmal etwas mehr bezahle als bei Bestellungen im Internet. Nur wenn ich mir bei einem Produkt nicht sicher bin und es bei meinem Händler nicht lagernd ist, bevorzuge ich den Weg über Amazon, weil ich die Produkte dort problemlos eintauschen kann. Eintauschen geht zwar bei meinem Fachhändler auch, aber ich möchte nicht, dass der auf irgendwelchen exotischen Bestellungen von mir sitzen bleibt, wenn ich mich gegen den Kauf entscheide.
Wo ihr einkauft werdet ihr selbst entscheiden. Wenn ihr den Weg über Amazon wählt würdet ihr mir einen Gefallen tun, die Bestellung über meine Affiliate-Links hier zu starten. Euch kostet das keinen Cent mehr, doch bei mir bleiben ein paar Euros hängen, je nach Preis des Produkts.
2.13. Bokeh
Posted in Fotografie

Abschließend zum Kapitel ›Schärfe‹ möchte ich noch ein paar Worte zum Thema Unschärfe verlieren und über das Bokeh sprechen. Der Begriff ›Bokeh‹ stammt aus dem Japanischen und bezeichnet die Qualität der Unschärfe in einem Foto. Fotografischen Neueinsteigern mag etwas wie ›Qualität der Unschärfe‹ etwas philosophisch und esoterisch vorkommen. Doch mit der Zeit entwickelt man Auge und Gefühl dafür. Man beginnt Fotos nicht nur an der Qualität der Schärfe zu beurteilen, sondern genauso am Aussehen der unscharfen Bereiche.
Die Spreu vom Weizen teilt sich bei Objektiven nicht nur bei der Detailschärfe, sondern auch darin, wie weich – oder aber verworren und hart – unscharfe Elemente abgebildet werden. In der Regel wird ein flauschig weicher Hintergrund als angenehmer empfunden, als wenn die Unschärfe unruhige Strukturen zeigt. Mir gefällt der englische Begriff ›smooth‹ zur Beschreibung eines schönen Bokehs ganz gut.
Bokeh ist nichts, was der Fotograf durch Einstellungen an Kamera und Objektiv bewusst beeinflussen kann, auch wenn eine Veränderung der Brennweite und Blende die aus der Einstellung resultierenden Bokehs beeinflusst. Primär hängt die Art des Bokehs allerdings vom Objektiv ab.
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Das 50 mm 1.4 Nikkor hat ein wunderschönes weiches Bokeh, das bei vergleichbarer Brennweite kaum irgendwo um diesen Preis zu haben ist. Daten: Objektiv: AF-S Nikkor 50 mm 1:1,4 G Brennweite: 50 mm (75 mm KB) Blende: ƒ2.2 Zeit: 1/320 Sekunde ISO: 100 Belichtungskorrektur: –1/3LW |
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Das 50 mm 1.8 Nikkor kostet zwar nur etwa ein Drittel des ƒ1.4 – und ist für diesen Preis ebenso kaum zu schlagen – zeigt aber ein relativ unruhiges Bokeh. Daten: Objektiv: AF-S Nikkor 50 mm 1:1,8 D Brennweite: 50 mm (75 mm KB) Blende: ƒ1.8 Zeit: 1/400 Sekunde ISO: 100 Belichtungskorrektur: –1/3LW |
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Der Inhalt dieser Online-Fotoschule ist in erweiterter Form auch als Buch erhältlich: »Kreativ fotografieren – Digitalfotografie verständlich erklärt« Books on Demand, 1. Auflage Oktober 2011; 240 Seiten, in Farbe, Hardcover; ISBN: 9783842373938; Link zu Amazon Link zu Books on Demand Ladenpreis: 44,90 (D); Ladenpreis E-Book: 35,99 (D) Mehr Info und ein kostenloses Demokapitel. |

Sehen wir uns die Erkenntnisse des letzten Artikels in der Praxis an: Die aus gewählter Brennweite und Distanz resultierende Schärfentiefe wird durch die Wahl der Blende angepasst beziehungsweise korrigiert. Möchte ich das eigentliche Hauptmotiv vor dem Hintergrund hervorheben führt eine geringe Abblendung (offene Blende) zu kurzer Schärfentiefe und weichgezeichnetem Hintergrund. Möchte ich sowohl den Vordergrund als auch den Hintergrund deutlich erkennbar abbilden, dann führt kräftige Abblendung (Blende schließen) zu großer Schärfentiefe und detailreicher Wiedergabe sowohl naher als auch ferner Elemente. Nach der kreativen Kernfrage über die gewünschte Perspektive folgt die kreative Kernfrage über die Schärfe.
Der Vergleich der beiden folgenden Abbildungen verdeutlich noch einmal den Unterschied in der Bildwirkung ob die Blende offen ist oder geschlossen.
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Die drei Stofftierchen sind hier bei Brennweite 28 mm und offener Blende ƒ2.0 fotografiert worden. Die Schärfentiefe ist kurz (kleine Blendenzahl = kurze Schärfentiefe). |
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Ebenfalls mit Brennweite 28mm aus derselben Distanz, jedoch mit Blende ƒ8.0. Die Schärfentiefe ist weit. |
Noch einmal zur Erinnerung: Die Schärfentiefe resultiert nicht aus der Blendeneinstellung allein! Brennweite (siehe ›Schärfentiefe und Brennweite‹), Abstand (siehe ›Schärfentiefe und Distanz‹) und Sensorformat (siehe ›Sensorformat und Schärfentiefe‹) haben einen ebenso bedeutenden Einfluss wie die Blende.
Aber:

Nach der vielen trockenen Theorie der letzten Artikel führen wir uns zwischendurch die Grundidee dieser Serie vor Augen, nämlich das Fotografieren nach den vier Schritten. Wo stehen wir mit unseren Betrachtungen im Moment:
- Für den ersten Schritt haben wir uns mit der Perspektive befasst und uns angesehen, wie man sie über Brennweite, Distanz und Blickwinkel (frontal oder diagonal, von unten, aus Augenhöhe oder von oben) kreativ beeinflussen kann.
- Ziel des zweiten Schrittes ist die kreative Gestaltung der Schärfe.
- Ziel des dritten Schrittes ist eine korrekte Belichtung.
- Im vierten Schritt schließen wir mit der Komposition des Bildausschnitts ab.
Nun beschleicht uns irgendwie das Gefühl, dass wir beim siebten Artikel im Abschnitt ›Schärfe‹ angekommen sind und noch immer nicht genau wissen, wie man die Schärfe kreativ beeinflusst.
Klar: Wir haben uns darüber unterhalten, dass die Brennweite Auswirkung auf die Schärfentiefe und ebenso die Distanz Auswirkung auf die Schärfentiefe hat.
Aber dann haben wir uns über die Blende unterhalten und dabei fast ausschließlich über Belichtung gesprochen. Der kreativen Beeinflussung der Schärfe scheinen wir noch nicht so recht näher gekommen zu sein. Haben wir uns verlaufen?
Keineswegs. Es war nur notwenig einige Grundlagen zu klären um die folgenden Zusammenhänge besser verstehen zu können.
Tatsache ist, dass durch die Auswahl einer bestimmten Brennweite auf eine bestimmte Distanz die Schärfentiefe bereits vorbestimmt wird (siehe auch ›Schärfentiefe‹). Mit einer kurzen Brennweite, wie zum Beispiel 24mm, werde ich immer schon eine weite Schärfentiefe vorprogrammiert haben, mit einer langen Brennweite, wie 200mm, ist bereits eine geringe Schärfentiefe der Fall.
Die Schärfentiefe wird zunächst von Brennweite und Disanz beeinflusst.
Ergänzend zu diesem Merksatz muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass auch das Format des Abbildungsmediums, also bei Digitalkameras des Sensors, einen wesentlichen Einfluss auf die Schärfentiefe hat. Das ist vor allem wichtig um den Unterschied zwischen Spiegelreflex- und Kompaktkamera zu verstehen.
Um die durch Brennweite und Distanz vorgegebene Schärfentiefe zu verändern beziehungsweise korrigieren zu können, kommt die Blende ins Spiel. Mit ihr können wir einstellen ob wir sowohl Vorder-, Mittel- und Hintergrund mit großer Schärfentiefe scharf aufnehmen wollen, oder durch geringe Schärfentiefe ein Objekt vom Hintergrund freistellen möchten.
Der Merksatz für die Auswirkung der Blende auf die Schärfentiefe dazu lautet:
Je größer die Blendenöffnung, desto kürzer die Schärfentiefe.
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Offene Blende für wenig Schärfentiefe. |
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Geschlossene Blende für viel Schärfentiefe. |
Große Öffnung = kleine Tiefe? Da haben wir wieder eine umgekehrte Logik im Merksatz. Für Alle die es einfach lieben:
Kleine Blendenzahl
= geringe Schärfentiefe,
große Blendenzahl
= hohe Schärfentiefe.
Offenblende und Abblendtaste
Die Blende beeinflusst also Lichtmenge und Schärfentiefe. Wer kein kompletter Neueinsteiger ist, dem war das sicher schon bekannt.
Das Autofokus-System (AF – die Elektronik, die für das Scharfstellen sorgt) einer Kamera arbeitet am schnellsten und zuverlässigsten, wenn es den Bereich, auf den es scharf stellen soll, ausreichend hell sieht. Schließt der Fotograf die Blende für eine hohe Schärfentiefe, dann wird das Bild nicht nur für den Sensor, sondern auch für das AF-Messsystem dunkler. So könnte es sein, dass das AF-System bei Blende ƒ8, ƒ11 oder ƒ22 den zu fokussierenden Bereich bereits so dunkel sieht, dass ein Scharfstellen gar nicht mehr möglich ist. Um das zu verhindern, bleibt die Blende so lange man durch den Sucher blickt offen. Nur in dem kurzen Moment, in dem man den Auslöser drückt und das Bild aufgenommen wird, schnellt die Blende kurz auf die voreingestellte Größe zu, um anschließend sofort wieder in die Offenstellung zu springen.
Als Beispiel, um den Sachverhalt näher zu illustrieren, habe ich noch einmal das Motiv mit den fünf Spielkegeln herangezogen. Betrachten wir es mit einem Objektiv mit der Lichtstärke 1.8 durch den Sucher, dann sieht das aus wie in Abbildung unten.
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So sieht das Motiv bei Blende ƒ1.8 durch den Sucher aus. Scharf gestellt wurde auf den roten Kegel. Da die Schärfentiefe bei ƒ1.8 gering ausfällt sind die Kegel unmittelbar davor und dahinter unscharf. |
Schließen wir die Blende auf ƒ22, dann erhält die Aufnahme eine höhere Schärfentiefe und müsste aussehen wie in der folgenden Abbildung.
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So müsste dasselbe Motiv bei Blende ƒ22 aussehen. Bei Blende ƒ22 ist die Schärfentiefe groß und deshalb müssten die Kegel vor und hinter dem roten, auf den scharf gestellt wurde, auch deutlich schärfer angezeigt werden, als bei Blende ƒ1.8. |
Tatsächlich jedoch sieht man das Bild im Sucher nach wie vor bei der Offenblende, also bei einem Objektiv mit Lichtstärke 1.8 mit der Schärfentiefe von Blende ƒ1.8.
Um die Schärfentiefe eines Motivs im Sucher überprüfen zu können, muss die Blende auf die eingestellte Öffnung geschlossen werden. Zu diesem Zweck verfügen viele SLR-Kameras über eine sogenannte Abblendtaste.
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Abblendtaste (1) einer Nikon D7000 (Bild: © Nikon GmbH) |
Drückt man diese Taste drücken und hält sie gedrückt, dann schließt sich die Blende auf den eingestellten Wert. Das Verkleinern der Blendenöffnung hat aber nicht nur zur Folge, dass die Kamera das Motiv dunkler sieht, sondern auch im Sucher wird es plötzlich zappenduster.
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So etwa sieht man ein Motiv bei Blende ƒ22, wenn die Abblendtaste gedrückt wird. |
Das ist gewöhnungsbedürftig, aber nicht zu vermeiden, wenn man die Schärfentiefe vor der Aufnahme beurteilen will.
Um die Schärfentiefe im Sucher beurteilen zu können muss man die Abblendtaste drücken.

Wie zuletzt beschrieben halbiert beziehungsweise verdoppelt ein ganzer Blendenschritt die Lichtmenge. Einen Schritt, der zu einer Verdoppelung oder Halbierung der Lichtmenge führt, bezeichnet man als ›1 Lichtwert‹ (1 LW).
Lichtwert
Im Fotografenjargon heißt es statt dessen oft »belichte doch hier einmal eine Blende länger« oder »reduziere die Belichtung einmal um zwei Blenden«. Damit will der Fachmann nicht unbedingt zum Ausdruck bringen, dass wir zwingend die Blende verändern müssen. Er meint lediglich, dass eine Belichtungseinstellung, die die Lichtmenge halbiert (eine Blende) oder viertelt (zwei Blenden), in dieser Situation von Vorteil wäre. Ob diese Einstellung über Anpassung der Blende, über Belichtungszeit oder ISO-Empfindlichkeit vorgenommen werden soll, ist damit nicht zwingend ausgesagt.
Einmal mehr bevorzuge ich die klare Aussage und spreche lieber von »Lichtwert heller« und »Lichtwert dunkler« belichten. Blickt man im manuellen Belichtungsmodus einer Kamera durch den Sucher und tippt den Auslöser leicht an, denn erscheinen verschiedene Informationen. In der Regel ist dabei auch eine Skala, wie in der Abbildung unten, dargestellt.
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Die Belichtungsskala im Sucher einer Nikon D7000. Auf der Seite mit dem + befindet sich Über-, auf der Seite mit dem – Unterbelichtung. Die Skala zeigt an, dass eine Unterbelichtung von –1 LW vorliegt. |
In der Mitte dieser Skala befindet sich der 0-Punkt (3) der die optimale Belichtung kennzeichnet (oder das, was die Kamera für das aktuelle Motiv für eine optimale Belichtung hält). Unter (1) oder neben der Skala (bei anderen Kameras wird die Skala nicht wie bei Nikon unten, sondern seitlich angezeigt) wird angezeigt um wie viele Lichtwerte bei der eingestellten Kombination aus Blende, Zeit und Empfindlichkeit unter- beziehungsweise überbelichtet würde. Die Punkte (2) stellen ganze Lichtwertschritte (Blendenschritte) dar.
Im Beispiel oben zeigt die Skala eine Unterbelichtung von einem Lichtwert an (4). Für eine optimale Belichtung müsste ich nun die Blende um einen ganzen Schritt öffnen, beispielsweise von ƒ8 auf ƒ5.6. Oder die Belichtungszeit verdoppeln. Oder die Empfindlichkeit verdoppeln.
Dasselbe gilt meist auch für das Display einer Kompaktkamera oder einer SLR im Live-View-Modus.
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Das Display der Canon PowerShot hier zeigt Unterbelichtung – auf der linken und Überbelichtung + auf der rechten Seite an. Der grüne Punkt zeigt an, dass eine Unterbleichtung von –1 LW vorliegt. |
Für den Moment wollen wir das Thema der Belichtung nicht weiter vertiefen, denn wir werden es in den Artikeln zum 3. Schritt, Belichtung, ausgiebig damit beschäftigen. Im Moment bewegen wir uns auf das eigentliche Kernthema des Themas Schärfe zu, nämlich der Schärfentiefe, die sich ganz wesentlich mit der Blende beeinflussen lässt. Für den Moment ist vor allem von zentraler Wichtigkeit, dass ein ganzer Lichtwert alles ist, was die Lichtmenge verdoppelt oder halbiert, egal ob das durch einen ganzen Blendenschritt, durch Veränderung der Zeit oder Veränderung der Empfindlichkeit geschieht.
+1 Lichtwert verdoppelt,
–1 Lichtwert halbiert
die Lichtmenge.
Offenblende und Lichstärke
Die größtmögliche Blendenöffnung unterscheidet sich von Objektiv zu Objektiv. Die maximale Blendenöffnung wird als Offenblende bezeichnet. Die maximale Blendenöffnung definiert die Lichtstärke von Objektiven. Lichtstarke Objektive sind deutlich teurer als eher lichtschwache. Der Name Lichtstärke spricht schon einen wesentlichen Punkt dessen an, was mit einer größeren Blendenöffnung möglich ist: Das Objektiv lässt mehr licht durch und deshalb kann man damit noch fotografieren, wenn es für lichtschwächere nicht mehr reicht. Das ist aber nur ein Vorzug lichtstarker Objektive. Der andere hat mit dem Thema dieses Abschnitts zu tun: Der Schärfe. Durch die Blendenöffnung lässt sich die Schärfentiefe beeinflussen. Je größer ich an einem Objektiv die Blende aufreißen kann, desto kürzer fällt die Schärfentiefe aus. Mehr Lichtstärke bedeutet demnach also auch mehr kreativen Spielraum im Umgang mit Schärfentiefe. Und das ist ein ganz wichtiger Punkt.
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Blende ƒ22 mit dem Sigma 24mm ƒ1.8 sorgt selbst auf kürzeste Distanz noch für relativ große Schärfentiefe. |
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Man kann aber mit demselben Objektiv auf dieselbe Distanz mit Blende ƒ1.8 ein sehr viel luftigeres Bild gestalten und die Aufmerksamkeit des Betrachters über den selektiven Schärfepunkt lenken. |
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Mit einem weniger Lichtstarken Objektiv und Blende ƒ5.6 verringert sich die Schärfentiefe zwar auch, aber der Unterschied zu Blende ƒ22 ist nicht mehr besonders ausgeprägt. |
Lichtstarke Objektive mit großen Offenblenden erhöhen den kreativen Spielraum.
Aber aufgepasst beim Fotografieren mit Offenblende: Wer auf maximale Schärfe seiner Fotos Wert legt, sollte es vermeiden generell mit vollständig geöffneter Blende zu fotografieren. Objektive liefern nicht über den gesamten Bereich von Offenblende bis kleinster Blendenöffnung gleichbleibende Schärfe. Meist erhält man irgendwo im mittleren Bereich die maximale Abbildungsschärfe – zum Beispiel im Bereich von Blende 8. Sehr oft genügt aber auch schon ein geringeres Abblenden um deutlich schärfere Resultate zu erzielen – also zum Beispiel Blende ƒ4 statt ƒ2.8. In welchem Blendenbereich die maximale Abbildungsschärfe zu erzielen ist, unterscheidet sich von Objektiv zu Objektiv.
Um den Unterschied zu demonstrieren habe ich einmal meine zwei 50 mm Objektive einem Vergleichstest unterzogen.
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Oben: Ein preiswertes 50mm 1.8 Objektiv bei Blende 1.8. Selbst im Zentrum der Linse fällt das Resultat verhältnismäßig flau und unscharf aus. Unten: Die maximale Schärfe habe ich mit diesem Objektiv erst bei Blende ƒ8 erreicht. |
Oben: Bei einem hochwertigeren 50mm ƒ1.4 ist das Resultat mit Offenblend ƒ1.4 zwar etwas kontrastreicher, als beim ƒ1.8 daneben, aber ebenfalls relativ unscharf. Unten: Das 50mm 1.4 erreicht aber bereits bei Blende ƒ2 die Schärfe, die das 1.8 bei ƒ8 erzielt. |
Ich muss zu den beiden Tests oben allerdings anmerken, dass mir keine Laborbedingungen für Kamera- und Objektivtests zur Verfügung stehen. Kompetentere Urteile über Kameraausrüstung findet man zum Beispiel bei dpreview.com.
Bei den meisten Objektiven muss man etwas abblenden um die maximale Schärfe zu erreichen.
Ich persönlich bin kein absoluter Schärfe-Fetischist. Ich kann mich zwar durchaus für knackscharfe Abbildungen begeistern und gebe gute, scharfe Optiken auch etwas aus. Doch am Ende zählt für mich das Bild und nicht die Schärfe. Wäre ich allerdings Architektur- oder Landschaftsfotograf, würde ich das sicher anders sehen. In diesen Genres kommt es sehr wohl auf das letzte Quäntchen Schärfe in allen Ecken und Enden der Abbildung an. Schließlich will der Betrachter dieser Art von Fotografien oft jedes Detail erkunden – da kann man sich Unschärfe nicht leisten.
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Der Inhalt dieser Online-Fotoschule ist in erweiterter Form auch als Buch erhältlich: »Die kreative Fotoschule – Fotografieren lernen mit Markus Wäger« Rheinwerk-Verlag 2015, 437 Seiten, gebunden, komplett in Farbe ISBN 978-3-8362-3465-8 Buch: 29,90; E-Book: 24,90 Weitere Informationen und Demokapitel auf der Website des Verlags; Affilate-Link zum Buch bei Amazon. |

Über das Sensorformat habe ich bereits ausführlicher im Artikel ›Formatfaktor‹ geschrieben. Bereits dort habe ich vorweg genommen, dass das Format des Sensors nicht nur die Perspektive beeinflusst, sondern auch die Schärfentiefe. Je geringer das Sensorformat, desto höher die Schärfentiefe bei vergleichbarer Brennweite und Blende.
Je geringer das Sensorformat, desto größer die Schärfentiefe.
Bezogen auf die Makrofotografie kann das ein Nachteil von SLR-Kameras gegenüber Kompaktkameras sein. Die folgenden Abbildung zeigt eine Aufnahme mit einer digitalen Kompaktkamera. Die technische Qualität der Aufnahme ist nicht brillant, aber die Biene ist sauber von oben bis unten und von vorne nach hinten abgelichtet worden. Eine ähnliche Aufnahme mit SLR-Kamera benötigt zunächst einmal ein spezielles Makro-Objektiv. Normale Objektive für SLRs erfordern einen Mindestabstand von einigen Zentimetern bis zu einem Meter um scharf stellen zu können.
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So eine detailreiche Abbildung eines Insekts stellt für die meisten Kompaktkameras kein Problem dar. Dank der winzigen Bildsensoren fällt die Schärfentiefe selbst auf kürzeste Distanz und bei offener Blende extrem hoch aus. Hier war eine Sony T1 bei Brennweite 6,7mm (38mm KB) und Blende ƒ5.6. |
Hat man doch ein Objektiv, mit dem man nahe genug an ein Makro-Motiv herankommen kann, dann muss man meist mit relativ weit geöffneter Blende fotografieren, damit die Belichtungszeit lang genug ausfällt um unverwackelt und ohne Bewegungsunschärfe fotografieren zu können. Durch die offene Blende wird aber die Schärfentiefe gering und man bringt keine durchgehend scharfe Darstellung des kleinen Hauptdarstellers mehr zustande.
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Schnappschuss mit der Nikon D80 und Sigma 17–70mm F2.8–4.5 DC Macro bei 70mm Brennweite (105 mm KB) und Blende ƒ4.5. Der Fokus sitzt etwas zu weit vorne – auf der Blüte, statt auf den Augen. Die Schärfentiefe fällt kurz und entsprechend reduzierten Details aus. Bessere Makroaufnahmen sind mit SLR mit Aufwand verbunden. |
Ambitionierte Makrofotografen, die Ihre Motive nicht in einer Wolke an Unschärfe versinken lassen wollen, fotografieren deshalb oft mit speziellen Makroblitzen und kleiner Blendenöffnung und erreichen dadurch (verhältnismäßig) hohe Schärfentiefe und dennoch ausreichend kurze Belichtungszeiten.
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Makroaufnahme mit der Nikon D700 und dem AF-S VR Micro-Nikkor 105 mm 1:2.8 G IF-ED bei Blende ƒ18 bei ISO 800 (damit der Hintergrund nicht zu dunkel ausfällt) unter Zuhilfenahme eines Makro-Blitzes. Die Abblendung auf ƒ18 führt zu hoher Schärfentiefe und detailreicher Abbildung des Marienkäfers von vorne bis hinten. |
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Makrofotografen setzen oft spezielle Makroblitze ein. Meist ist das ein Aufsatz, der vorne am Filtergewinde des Objektivs befestigt wird. Solche Blitze sind übrigens auch gut für Porträts geeignet und setzen schöne Glanzpunkte in die Augen. |
Kompaktkameras haben fast immer relativ kleine Bildsensoren. Das heißt sie neigen dazu, eine sehr weite Schärfentiefe abzubilden. Während die automatisch hohe Schärfentiefe dieser Apparate bei Makroaufnahmen durchaus ein Vorteil sein kann, ist es bei Porträts fast immer ein Nachteil. Während man mit mittelgroßen und großen Sensorformaten von SLRs und anderen Systemkameras Hintergründe vollständig verschwimmen lassen und damit störende Elemente praktisch unkenntlich machen kann, bieten die kleinen Sensoren diese Möglichkeit kaum.
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Es liegt vor allem an den größeren Sensoren der SLRs, dass man mit ihnen ganz locker ein Ergebnis erzielt, bei dem der Hintergrund völlig unscharf und flauschig weich ist und nicht mehr vom Modell ablenkt. |
Hier im Gegensatz dazu eine Aufnahme mit Kompaktkamera: Auch bei 105 mm Brennweite und kürzester Distanz werden die Gebäude im Hintergrund scharf genug abgebildet, um störend zu wirken. Bei dieser Aufnahme könnte man zumindest einwenden, dass der Blick ins Dorf zur Bildaussage ›Modell blickt ins Dorf‹ führen könnte. |
Um mit einer Kompaktkamera trotzdem ansprechende Porträts zu verwirklichen, gilt es ein paar Dinge zu beachten: