Olympus – was nun?

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27. Juni 2020
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9 Kommentare

Was nun? Ich weiß es nicht. Und seien wir ehrlich: Wir alle wissen es nicht. Weder die, die der Marke schon lange den Tod vorhergesagt haben, noch jene, die – wie ich – versuchten Optimismus zu verbreiten. Tatsache ist: Die digitale Fotografie steckt in einer Krise, vergleichbar mit jener der analogen Fotografie vor 20 Jahren. Uns allen war klar, dass bei der gegebenen Marktentwicklung Marken auf der Strecke bleiben müssen. Schade, dass es Olympus als erste getroffen hat – vor allem für uns, die wir deren Produkte lieben. Es wäre natürlich nicht weniger bedauerlich, hätte es Pentax oder Nikon getroffen, oder würde sich Fujifilm vom verlustreichen Hobby trennen. Aber – auch das gebe ich ehrlich zu – ich wäre wohl froh gewesen, dass es nicht meinen Brand getroffen hat.

Ich weiß nicht, ob jetzt, nach ein paar Tagen, noch immer Viele darüber nachdenken die Olympus-Ausrüstung zu verkaufen, oder ob entsprechende Kommentare nur dem ersten Schock geschuldet waren. Ich selbst denke keinen Moment darüber nach. Ich habe vor Jahren bewusst den Wechsel von Vollformat zu MFT vollzogen und kann mir definitiv nicht vorstellen den Weg zurück zu gehen. Glücklicherweise sehe ich auch keinen Grund. Ich bin zwar pessimistisch, was die Zukunft von Olympus angeht, und dass wir nach der Ausgliederung vom Mutterkonzern noch dieselbe innovative und einzigartige Marke sehen werden, doch wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Dass sich für mich trotzdem vorerst nichts ändern wird, hat verschiedene Gründe. Erstens habe ich eine exzellente Ausrüstung und alles, was ich brauche. Oder – um auch hier bei der Wahrheit zu bleiben: Mehr als ich brauche. Ich habe alle Objektive die ich benötige und einige mehr. 90% meiner Aufnahmen entstehen mit dem 12–100mm ƒ4, dem 300mm ƒ4, dem 40–150mm ƒ2.8 und dem 60mm Makro. Mehr als die Hälfte meiner Objektive kommen nur selten oder praktisch gar nicht zum Einsatz. Ich nehme an, viele von euch kennen das.

Bei der Produktqualität der Olympus-Pro-Linsen spricht nichts dagegen, dass einige mich überleben könnten. Und wenn doch eine durch Unvorsichtigkeit oder lange Finger das zeitliche segnen sollte, dürfte es noch lange einen lebendigen Gebrauchtmarkt geben, dessen Preise diese Woche gerade ein ordentliches Stück abgesackt sind.

Dass mich die Kameras überleben scheint schon etwas fragwürdiger. Wobei ich da jetzt nichts verschreien möchte. Tatsache ist, dass ich noch immer meine E-M1 I von 2013 besitze und ich damit noch genauso gut fotografieren kann, wie mit meiner letzten Errungenschaft, der großartigen E-M1 III. Ja, die E-M1 III hat mehr Auflösung, geringeres Rauschen und lässt mich auch Vögel fangen – soweit war die spiegellose Technik 2013 noch nicht –, aber dem Gros der Bilder wird niemand ansehen, ob ich die E-M1 I, die E-M5 II oder die E-M1 III im Einsatz hatte.

»Ja, aber wo bleibt denn da die Innovation?«, werden jetzt wohl einige Fragen. Ganz ehrlich? Die Innovation schlägt gerade den Fotografie-Markt in Scherben.

Smartphones haben den Foto-Markt aufgerollt. Wer nur Bilder machen möchte, braucht heute keinen Fotoapparat mehr, sondern nur ein Telefon. Die Resultate guter Smartphones sind heute aufgrund ihrer smarten Software meist besser, als der Output einer richtigen Kamera. Virtuelle Intelligenz, wie wir sie inzwischen in Luminar zur Bearbeitung von unseren Fotoapparat-Fotos kennen, liegt den mobilen Geräten in den elektronischen Genen und sorgt dafür, dass Handy-Bilder überwiegend von vornherein besser wirken, als unbearbeitete JPEGs aus der Kamera, von RAWs erst gar nicht zu sprechen.

Bilder machen ist aber keine Fotografie! Man arbeitet mit der Kamera anders. Der ganze Prozess des Fotografierens ist in keinster Weise vergleichbar. Zwar kann man auch mit dem Handy nicht nur Schnappschüsse aufnehmen, sondern auch richtig Fotografie betreiben. Doch wer sich die Mühe macht den Umgang mit einem Fotoapparat zu erlernen, seine Fähigkeiten gezielt einzusetzen und die Bilder selbst entwickelt, hat am Ende trotz aller smarten Technik größeres Potenzial. Wenn ich es mit dem Fahrradfahren vergleichen darf: Von A nach B kommt man auch mit dem Auto, dem Moped, natürlich ebenso mit Öffis, und heute auch mit dem E-Bike. Trotzdem führt das Rennräder und muskelangetriebene Mountain-Bikes nicht ad absurdum. Es sind zwei verschiedene Dinge, ob mich meine Waden ins Hochgebirge bringen, oder ein elektrischer Antrieb.

Worauf ich hinaus will: Wer nur Bilder machen möchte, braucht kein Gerät mehr, mit dem man nichts anderes machen kann, als Fotos und Videos. Das hat den Markt von gewaltig auf ausgesprochen überschaubar schrumpfen lassen. Die Community hat diese Tatsache schlicht ignoriert und von den Herstellern jährliche Feuerwerke an Innovationen gefordert und das auch noch zu immer billigeren Preisen. Wie oft wurde Olympus gescholten, weil ein Modell drei Jahre auf eine neue Generation warten ließ und die Preise zudem überhöht seien.

Ich persönlich habe nie verstanden, wie man Unternehmen die tief in den roten Zahlen stecken, vorwerfen kann, ihre Produkte seien zu teuer. Natürlich landen Unternehmen auch wegen Management-Fehlern in den Roten und Manaement-Fehler scheinen in der Foto-Branche keine Seltenheit zu sein. Aber wenn eine ganze Branche leidet und durch den Einbruch des Marktes nicht mehr kostendeckend entwickeln und herstellen kann sollte das dem Konsumenten zu denken geben. Leider haben wir ein Wirtschaftssystem, das Anpassung an rückläufige Märkte und gesundschrumpfen gar nicht zulässt. Wer nicht wächst, stirbt. Was heißt das für eine Branche, in der keiner mehr wächst und alle mit sinkenden Absatzzahlen konfrontiert sind?

Die Ausgliederung des Kamera-Segments von Olympus ist ein Symptom des schrankenlosen Wahnsinns auf dem das gesamte Wirtschaftssystem aufbaut. Olympus wird weder die letzte Kameramarke sein die traurige Nachrichten schreibt, noch werden alleine Foto-Brands verschwinden. Wir sehen gerade Fluglinien sterben (nicht, dass das nur bedauernswert wäre), wir sehen eine ganze Branche eingehen – der Tourismus – und wir werden in den nächsten Jahren Automarken verlieren. Wäre der Verlust von Olympus das Schlimmste, was uns in absehbarer Zeit treffen wird, dann sollten wir feiern statt trauern!

In meinen Augen hat es auch sein Gutes, dass der Konsumwahn eine Dämpfung erfährt. Und die Foto-Community war in den letzten Jahren von einem sehr ungesunden Wahn befallen. Backen wir unsere Brötchen etwas kleiner, und lernen wir, mehr als ein Jahr Freude an einem Apparat zu haben, von dessen Preis manche Menschen auf dem Planeten ein ganzes Jahr überleben könnten.

Natürlich mag der Tag kommen, an dem die Zeit gekommen ist, den Body zu erneuern. Anders als bei allen anderen Systemen, würde für uns als MFT-Anwender das Ende einer Marke noch nicht das Ende des Systems bedeuten. Natürlich kann sich auch Panasonic in absehbarer Zeit von MFT verabschieden. Aber das gilt ebenso für Fujifilm und seine Kamerasparte. Für relativ sichere Häfen halte ich anhand der aktuellen Situation lediglich Canon und Sony – und ich betone: relativ! Wobei ich auch da nur auf die spiegellosen Vollformat-Modelle wetten würde.

Spiegelreflexkameras sind tot. Eine zukunftsträchtige Alternative zu Olympus ist DSLR mit Sicherheit nicht! Ebenso wenig glaube ich an ein langes Leben der spiegellosen APS-C-Modelle von Canon und Nikon, wahrscheinlich ebenso wenig von Sony. Wenn die Preise für Kameras mit Vollformatsensor weiter verfallen, weshalb APS-C kaufen? Dann doch lieber MFT. Das System hat bei kleinerem Sensor wenigstens einen deutlichen Gewichtsvorteil.

Was man bei MFT nicht aus den Augen verlieren darf, ist, dass das System nicht unbedingt nur Panasonic und Olympus abhängig ist. Nur einmal angenommen, Sony, Nikon oder Canon würden die Segen wegen Unrentabelität streichen, dann kann nicht ohne weiteres ein anderer Hersteller in die Lücke springen. Die Systeme sind proprietär, wer einseigen wollte, müsste Lizenzen bzw. Patente kaufen – korrigiert mich bitte, wenn ich mich irre!

MFT hingegen ist ein offener Standard. Schon jetzt gibt es neben Panasonic und Olympus andere weniger bekannte Player die kompatible Apparate bauen. Das heißt, wer ein Potenzial sähe die Besitzer von MFT-Objektiven mit neuen Bodys zu bedienen, könnte in die Bresche springen. Was für eine Qualität diese dann hätten, lassen wir einmal dahin gestellt. Aber MFT muss mit dem Ausstieg der beiden wichtigsten Marken nicht zwingend verschwinden – das dürfte bei den proprietären System wohl anders sein.

Antworten

  1. Hallo Markus, Deine Kommentare zu dem Thema „Olympus“ sind wirklich objektiv und positiv. Danke. Ich hatte, inspiriert durch Deine Artikel, vor vier Wochen meine Nikon-Kamera inklusive Objektive verkauft und mir eine OM-D E-M5 III + drei Objektive gekauft. Einige Produkte wurden schon geliefert und einige wurden noch nicht geliefert. Und ich bereue es nicht. Im Gegenteil, ich freue mich auf das Fotografieren mit dem MTF-System. Dazu tragen auch die vielen Beiträge begeisterter professioneller Olympus-Fotografen im Netz bei. Also fotografieren wir weiter und lassen uns den Spass nicht verderben. VG Rainer

    1. Danke! Das freut mich sehr zu lesen.

  2. Neben dem MFT-System besitze ich auch immer noch zwei Sony A-Mount Kameras plus einige Objektive. A-Mount wurde ebenfalls schon für tot erklärt. Was passierte? Ich konnte plötzlich günstig gebrauchte Objektive erwerben. Diese (z.B. ein 60er Makro) kann ich auch wunderbar per Adapter an MFT verwenden.

    In Kombination mit Der OM-D 10Mk2 (plus 15mm Panasonic, 30 mm Sigma und 45 mm Olympus) habe ich so eine stattliche Objektivauswahl für jede Situation.

    Die A-Mount-Kameras nutze heute noch immer für bestimmte Anlässe. 24 Megapixel sind mehr als genug für meine Zwecke.

    Für den ganz kompakten Einsatz habe ich mir vor kurzem eine PL3 in Top-Zustand gebraucht zugelegt. Ebenfalls zu allem (inklusive Akku) kompatibel. So gibt es auch in Zukunft noch genügend Pens und OM-Ds mit ausreichenden Eigenschaften, die sich auf ein zweites Leben freuen.

    Und so werde ich wohl auch künftig meiner Leidenschaft nachgehen können. Ohne Sorgen über Gehäuse, Objektive oder Zubehör. Im schlimmsten Fall günstiger und nachhaltiger.

    1. Finde ich einen guten Ansatz. Jedes Jahr eine neue Kamera ist ebenso wenig notwendig, wie jedes Jahr ein neues Smartphone. Wir verbrauchen damit nur viel zu viel von unserem wunderbaren Planeten.

  3. Was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, sind die vielen Posts und Kommentare von Olympus-Nutzern, die den großen Abgesang anstimmen und ihre Ausrüstung gleich gegen eine Marke eintauschen wollen und sich auch gleich darüber beklagen, dass es einen Preisverfall für gebrauchte Kameras und Objektive gibt. Befürchten die nun alle, dass ihre Olympus-Ausrüstung mit der Ausgliederung und dem Verkauf der Kamerasparte nicht mehr funktionieren wird. Oder haben die Angst, Hohn und Spott ausgesetzt zu sein, weil sie Kameras von einer Marke benutzen, die es irgendwann vielleicht nicht mehr gibt.

    Es ist erstaunlich, aber sogar meine 35 Jahre alte Praktica-SLR funktioniert sogar noch und auch die M42-Objektive mit Adapter an meinen Olympus-Bodies. Wir haben auch nicht unsere Opel-Fahrzeuge verkauft, als diese schon mehrfach totgesagt waren und auch nicht nach der Übernahme durch den PSA-Konzern im letzten Jahr.

    Natürlich weiß noch niemand, was aus der Marke Olympus wird und auch aus dem guten Service und hoffentlich wird es nicht so wie bei Panasonic (du hast ja auch schon von deinen leidvollen Erfahrungen berichtet). Aber ich denke auch, es können sich erst einmal alle entspannt zurücklehnen und abwarten, was passiert und dann immer noch entscheiden, zu einer anderen Marke zu wechseln, wenn etwas nicht mehr stimmt mit den Produkten und dem Service.

  4. Olympus, was nun?

    Mein Eindruck ist der, daß die Auswirkungen der Pandemie nur schonungslos offen legen, welch wirtschaftlichen Irrsinn wir seit Jahrzehnten betreiben.
    Gut, Olympus war schon vorher angeschlagen. Aber das ist nur eine Marke von vielen. Und es werden weitere Marken folgen.

    Entscheident für eine Marke wird zukünftig werden, welcher Service sich damit verbindet. Denn ich kann mir nicht vorstellen, daß die bisherigen Mitbewerber von Olympus dieses Feuerwerk an Neuentwicklungen künftig noch fortsetzen werden. Bei steigenden Investitionen und sinkenden Einnahmen.

    Insofern wird der neue Eigentümer der Marke Olympus gut daran tun, die Bestandskundschaft zu pflegen. Damit sichert er den Fortbestand der Marke.
    Sollte er das tun, könnte sich daraus ein beispielhaftes Modell für einen funktionierenden Kundendienst entwickeln. Das Modell des ewigen Neukaufs zu Ungunsten der Reparatur hat sich überlebt, weil die Hersteller im Fotosektor nur noch Verluste einfahren.

    Aber die Fotografen brauchen jetzt auch ein wenig Durchhaltevermögen.
    Olympus ist noch lange nicht tot!

    1. Ja, die Sache mit dem Service wollte ich im Artikel auch noch ansprechen, habe es dann aber vergessen. So weit ich mitbekommen habe, versuchen die Händler vor allem da zu sparen. Dass da beim bislang vergleichsweise guten Olympus-Service etwas (noch) besser wird, habe ich Zweifel.

  5. Gute Überlegungen, Markus!

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