Was nun? Ich weiß es nicht. Und seien wir ehrlich: Wir alle wissen es nicht. Weder die, die der Marke schon lange den Tod vorhergesagt haben, noch jene, die – wie ich – versuchten Optimismus zu verbreiten. Tatsache ist: Die digitale Fotografie steckt in einer Krise, vergleichbar mit jener der analogen Fotografie vor 20 Jahren. Uns allen war klar, dass bei der gegebenen Marktentwicklung Marken auf der Strecke bleiben müssen. Schade, dass es Olympus als erste getroffen hat – vor allem für uns, die wir deren Produkte lieben. Es wäre natürlich nicht weniger bedauerlich, hätte es Pentax oder Nikon getroffen, oder würde sich Fujifilm vom verlustreichen Hobby trennen. Aber – auch das gebe ich ehrlich zu – ich wäre wohl froh gewesen, dass es nicht meinen Brand getroffen hat.
Ich weiß nicht, ob jetzt, nach ein paar Tagen, noch immer Viele darüber nachdenken die Olympus-Ausrüstung zu verkaufen, oder ob entsprechende Kommentare nur dem ersten Schock geschuldet waren. Ich selbst denke keinen Moment darüber nach. Ich habe vor Jahren bewusst den Wechsel von Vollformat zu MFT vollzogen und kann mir definitiv nicht vorstellen den Weg zurück zu gehen. Glücklicherweise sehe ich auch keinen Grund. Ich bin zwar pessimistisch, was die Zukunft von Olympus angeht, und dass wir nach der Ausgliederung vom Mutterkonzern noch dieselbe innovative und einzigartige Marke sehen werden, doch wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt!
Dass sich für mich trotzdem vorerst nichts ändern wird, hat verschiedene Gründe. Erstens habe ich eine exzellente Ausrüstung und alles, was ich brauche. Oder – um auch hier bei der Wahrheit zu bleiben: Mehr als ich brauche. Ich habe alle Objektive die ich benötige und einige mehr. 90% meiner Aufnahmen entstehen mit dem 12–100mm ƒ4, dem 300mm ƒ4, dem 40–150mm ƒ2.8 und dem 60mm Makro. Mehr als die Hälfte meiner Objektive kommen nur selten oder praktisch gar nicht zum Einsatz. Ich nehme an, viele von euch kennen das.
Bei der Produktqualität der Olympus-Pro-Linsen spricht nichts dagegen, dass einige mich überleben könnten. Und wenn doch eine durch Unvorsichtigkeit oder lange Finger das zeitliche segnen sollte, dürfte es noch lange einen lebendigen Gebrauchtmarkt geben, dessen Preise diese Woche gerade ein ordentliches Stück abgesackt sind.
Dass mich die Kameras überleben scheint schon etwas fragwürdiger. Wobei ich da jetzt nichts verschreien möchte. Tatsache ist, dass ich noch immer meine E-M1 I von 2013 besitze und ich damit noch genauso gut fotografieren kann, wie mit meiner letzten Errungenschaft, der großartigen E-M1 III. Ja, die E-M1 III hat mehr Auflösung, geringeres Rauschen und lässt mich auch Vögel fangen – soweit war die spiegellose Technik 2013 noch nicht –, aber dem Gros der Bilder wird niemand ansehen, ob ich die E-M1 I, die E-M5 II oder die E-M1 III im Einsatz hatte.
»Ja, aber wo bleibt denn da die Innovation?«, werden jetzt wohl einige Fragen. Ganz ehrlich? Die Innovation schlägt gerade den Fotografie-Markt in Scherben.
Smartphones haben den Foto-Markt aufgerollt. Wer nur Bilder machen möchte, braucht heute keinen Fotoapparat mehr, sondern nur ein Telefon. Die Resultate guter Smartphones sind heute aufgrund ihrer smarten Software meist besser, als der Output einer richtigen Kamera. Virtuelle Intelligenz, wie wir sie inzwischen in Luminar zur Bearbeitung von unseren Fotoapparat-Fotos kennen, liegt den mobilen Geräten in den elektronischen Genen und sorgt dafür, dass Handy-Bilder überwiegend von vornherein besser wirken, als unbearbeitete JPEGs aus der Kamera, von RAWs erst gar nicht zu sprechen.
Bilder machen ist aber keine Fotografie! Man arbeitet mit der Kamera anders. Der ganze Prozess des Fotografierens ist in keinster Weise vergleichbar. Zwar kann man auch mit dem Handy nicht nur Schnappschüsse aufnehmen, sondern auch richtig Fotografie betreiben. Doch wer sich die Mühe macht den Umgang mit einem Fotoapparat zu erlernen, seine Fähigkeiten gezielt einzusetzen und die Bilder selbst entwickelt, hat am Ende trotz aller smarten Technik größeres Potenzial. Wenn ich es mit dem Fahrradfahren vergleichen darf: Von A nach B kommt man auch mit dem Auto, dem Moped, natürlich ebenso mit Öffis, und heute auch mit dem E-Bike. Trotzdem führt das Rennräder und muskelangetriebene Mountain-Bikes nicht ad absurdum. Es sind zwei verschiedene Dinge, ob mich meine Waden ins Hochgebirge bringen, oder ein elektrischer Antrieb.
Worauf ich hinaus will: Wer nur Bilder machen möchte, braucht kein Gerät mehr, mit dem man nichts anderes machen kann, als Fotos und Videos. Das hat den Markt von gewaltig auf ausgesprochen überschaubar schrumpfen lassen. Die Community hat diese Tatsache schlicht ignoriert und von den Herstellern jährliche Feuerwerke an Innovationen gefordert und das auch noch zu immer billigeren Preisen. Wie oft wurde Olympus gescholten, weil ein Modell drei Jahre auf eine neue Generation warten ließ und die Preise zudem überhöht seien.
Ich persönlich habe nie verstanden, wie man Unternehmen die tief in den roten Zahlen stecken, vorwerfen kann, ihre Produkte seien zu teuer. Natürlich landen Unternehmen auch wegen Management-Fehlern in den Roten und Manaement-Fehler scheinen in der Foto-Branche keine Seltenheit zu sein. Aber wenn eine ganze Branche leidet und durch den Einbruch des Marktes nicht mehr kostendeckend entwickeln und herstellen kann sollte das dem Konsumenten zu denken geben. Leider haben wir ein Wirtschaftssystem, das Anpassung an rückläufige Märkte und gesundschrumpfen gar nicht zulässt. Wer nicht wächst, stirbt. Was heißt das für eine Branche, in der keiner mehr wächst und alle mit sinkenden Absatzzahlen konfrontiert sind?
Die Ausgliederung des Kamera-Segments von Olympus ist ein Symptom des schrankenlosen Wahnsinns auf dem das gesamte Wirtschaftssystem aufbaut. Olympus wird weder die letzte Kameramarke sein die traurige Nachrichten schreibt, noch werden alleine Foto-Brands verschwinden. Wir sehen gerade Fluglinien sterben (nicht, dass das nur bedauernswert wäre), wir sehen eine ganze Branche eingehen – der Tourismus – und wir werden in den nächsten Jahren Automarken verlieren. Wäre der Verlust von Olympus das Schlimmste, was uns in absehbarer Zeit treffen wird, dann sollten wir feiern statt trauern!
In meinen Augen hat es auch sein Gutes, dass der Konsumwahn eine Dämpfung erfährt. Und die Foto-Community war in den letzten Jahren von einem sehr ungesunden Wahn befallen. Backen wir unsere Brötchen etwas kleiner, und lernen wir, mehr als ein Jahr Freude an einem Apparat zu haben, von dessen Preis manche Menschen auf dem Planeten ein ganzes Jahr überleben könnten.
Natürlich mag der Tag kommen, an dem die Zeit gekommen ist, den Body zu erneuern. Anders als bei allen anderen Systemen, würde für uns als MFT-Anwender das Ende einer Marke noch nicht das Ende des Systems bedeuten. Natürlich kann sich auch Panasonic in absehbarer Zeit von MFT verabschieden. Aber das gilt ebenso für Fujifilm und seine Kamerasparte. Für relativ sichere Häfen halte ich anhand der aktuellen Situation lediglich Canon und Sony – und ich betone: relativ! Wobei ich auch da nur auf die spiegellosen Vollformat-Modelle wetten würde.
Spiegelreflexkameras sind tot. Eine zukunftsträchtige Alternative zu Olympus ist DSLR mit Sicherheit nicht! Ebenso wenig glaube ich an ein langes Leben der spiegellosen APS-C-Modelle von Canon und Nikon, wahrscheinlich ebenso wenig von Sony. Wenn die Preise für Kameras mit Vollformatsensor weiter verfallen, weshalb APS-C kaufen? Dann doch lieber MFT. Das System hat bei kleinerem Sensor wenigstens einen deutlichen Gewichtsvorteil.
Was man bei MFT nicht aus den Augen verlieren darf, ist, dass das System nicht unbedingt nur Panasonic und Olympus abhängig ist. Nur einmal angenommen, Sony, Nikon oder Canon würden die Segen wegen Unrentabelität streichen, dann kann nicht ohne weiteres ein anderer Hersteller in die Lücke springen. Die Systeme sind proprietär, wer einseigen wollte, müsste Lizenzen bzw. Patente kaufen – korrigiert mich bitte, wenn ich mich irre!
MFT hingegen ist ein offener Standard. Schon jetzt gibt es neben Panasonic und Olympus andere weniger bekannte Player die kompatible Apparate bauen. Das heißt, wer ein Potenzial sähe die Besitzer von MFT-Objektiven mit neuen Bodys zu bedienen, könnte in die Bresche springen. Was für eine Qualität diese dann hätten, lassen wir einmal dahin gestellt. Aber MFT muss mit dem Ausstieg der beiden wichtigsten Marken nicht zwingend verschwinden – das dürfte bei den proprietären System wohl anders sein.
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