Video: James Popsys über Bildrauschen (und zwei weitere Videos)

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16. Dezember 2019
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5 Kommentare

Was James Popsys in diesem Video über Bildrauschen sagt, deckt sich im Wesentlichen mit dem, wie ich darüber denke. Bei den allermeisten von mir eingefangenen Motiven bei denen es – weshalb auch immer – zu Bildraschen gekommen ist, stört es mich nicht, oder es unterstützt sogar die Stimmung der Aufnahme. Manchmal füge ich Bildern die zu clean wirken Rauschen hinzu, was sich dann »Grain« (Korn) nennt, so wie es auch Popsys erwähnt. In meinen Augen ist der Unterschied zwischen Rauschen und Korn eher akademischer Natur – einem Laien lässt er sich wohl kaum einleuchtend erklären.

Natürlich gibt es Motive bei denen Rauschen die Qualität nicht nur theoretisch mindert – ich schreibe hier theoretisch, weil jegliches Rauschen die Detailschärfe und damit die Abbildungsqualität mindert, aber gute Fotos nicht wegen ihrer Abbildungsqualität gute Fotos gut. Ein gutes Foto zeigt in interessantes Motiv fotografisch gekonnt eingefangen. Detailschärfe und Rauschfreiheit sind im Verhältnis zu diesen beiden Faktoren von geringer Bedeutung. Solchen Details wird in der fotografischen Diskussion viel zu viel Bedeutung beigemessen. Rauschverhalten, Auflösung, Dynamikumfang, Schärfentiefe sind Faktoren der Fotografie. Natürlich! Aber eben nur vier von vielen. Bildstabilisierung, Ergonomie, Benutzerführung, Bedienkonzept, Transportabilität, Serienbildgeschwindigkeit, Eigenschaften von Sucher und Display, Fokussierung, Sonderfunktionen (HDR, Fokusstacking, Live-Langzeitbelichtung), Abdichtung gegen Umwelteinflüsse, Verarbeitungsgeschwindigkeit und viele weitere Aspekte spielen eine Rolle für den Wert und den Nutzen einer Kamera für einen bestimmten Fotografen.

Ich weiß natürlich aus eigener Erfahrung, dass gerade wenn man Tiere fotografiert jegliches Rauschen ein Störfaktor ist. Der flauschige Pelz eines Eichhörnchens und die feinen Details im Gefieder eines Vogels leiden darunter. Zumindest theoretisch. Theoretisch, weil man die Qualitätsminderung in der Vergrößerung am Monitor definitiv erkennen kann. Die Frage ist allerdings, ob dieser Unterschied auch praktisch und ohne Lupe in einem Ausdruck zu erkennen ist. Oder ob man es an einem Monitor oder Fernseher bei Wiedergabe des gesamten Bildes noch erkennen kann, wenn man sich beispielsweise eine Diashow ansieht.

Das bringt mich zurück auf das Video von James Popsys und die Stelle, an der ich dachte, das ich es teilen muss. Ab Minute 7:09 sagt er in etwa: »Wenn du unsicher bist, ob ein Bild gut ist oder nicht, dann frag dich, ob du immer noch glücklich damit wärst, wenn du es mit ISO6400 geschossen hättest. Wenn die Antwort ja ist, dann hast du ein großartiges Foto gemacht. Wenn die Antwort nein ist, hast du ein Foto das nett ist, weil es wenig Rauschen enthält, was etwas komplett anderes ist, als ein gutes Foto.«

Als ich diesen Beitrag zu schreiben begann, fielen mir noch zwei weitere Videos ein, die ich dieser Tage sah, die ich an sich teilenswert fand und auf die ich zunächst via Link verweisen wollte. Aber anstelle eines Links kann ich sie natürlich genauso gut einbetten, weshalb sich unten noch zwei weitere Videos finden. Im ersten erzählt noch einmal Popsys, dass es beim Fotografieren nicht darum gehen sollte Punkte zu sammeln, wie man es (beispielsweise) beim Golf tut. Wer dauernd mit dem Anspruch mit großartigen Bildern nachhause zu kommen vor die Tür geht, wird enttäuscht werden. Oft rückt man aus und kommt nicht mit einem einzigen wirklich guten Foto nachhause.

Man sollte nicht mit der Erwartung bei jeder Fotosession ein Album voller galeriereifer Kunstwerke zu ernten fotografieren. Vor allem, wenn man nicht darauf angewiesen mit seinen Fotos den Lebensunterhalt zu verdienen, sollte es um die Leidenschaft des Tuns gehen (Nebenbemerkung: auch Berufsfotografen werden selten beauftragt Kunstwerke zu kreieren, sonder eher Produkte, Portraits oder Events abzulichten). Wer die Fotografie sowohl ohne Bezahlung als auch ohne Leidenschaft ausübt, am Prozess des Fotografierens an sich keine Freude hat, und nur ausrückt, um später großartige Fotos herzeigen zu können, ist in meinen Augen selbst schuld. Er (oder sie) sollte die Zeit besser mit Beschäftigungen verbringen, die ihm tatsächlich Spaß machen (ganz abgesehen davon, dass es ohne Leidenschaft ohnehin noch schwieriger sein dürfte bemerkenswerte Fotos einzufangen). Popsys sagt dasselbe, was auch ich immer wieder über Fotografie sage: Der Weg sollte das Ziel sein.

Ergänzend zum Video oben finde ich das folgende von Jamie Windsor sehenswert.

Ich persönlich sehe meine alten Bilder nicht ganz so kritisch, wie Jamie Windsor. Manche davon finde ich noch immer gut und mit vielen bin ich zumindest deshalb zufrieden, weil ich sie für gut für meinen damaligen Stand des Wissens und Könnens halte. Diese etwas unkritischere Haltung gegenüber dem, was ich gestern fotografierte, könnte natürlich daran liegen, dass ich erst gar nicht mit dem Anspruch Kunst zu kreieren fotografiere. Es geht mir eben viel mehr um den Prozess des Fotografierens an sich geht. Etwas überspitzt könnte man sagen, dass es fast schon ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass dabei immer wieder auch Bilder hängen bleiben, die ich noch später gerne sehe, weil sie entweder gut gelungen oder mit einer Erinnerung verbunden sind.

Seit ich das Video oben sah und mir dachte, das sollte ich doch schnell teilen, sind 1,5 Stunden vergangen. So geht es mir oft, wenn ich denke ich könnte noch schnell einen Post für meinen Blog schreiben. Und dabei wollte ich heute doch zum Fotografieren ausrücken. Nun, vielleicht nach dem Mittagessen.

Antworten

  1. Das mit dem Bildrauschen sehe ich auch so. Manchmal gehört es geradezu zur Arbeit in der Fotografie, daß man dem Bild auch noch die Anstrengung um die Darstellung einer bestimmten Situation oder Stimmung ansieht. Ein alter Teppich ist bei bestimmten Kunstwerken für den Betrachter gerade erst mit einer Patina wertvoll.
    Oder wenn ich es nur darauf anlege, mich bei einer Arbeit nicht schmutzig zu machen, dann sollte ich es vielleicht auch gleich lassen.
    Was ich allerdings noch nicht so ganz verstanden habe ist die Tatsache, daß viele Objektive von Olympus , z.B. das 12-100mm erst mit der Blende 4 starten.
    Andere mit Blende 3,5.
    Beim Mft-Sensor ist das mit einem Pixelpitch von 3,3 und einem hohen Isobereich aus technischer Sicht nicht ganz verständlich. Bei dem Preis würde ich zumindest eine Blende von 2,8 erwarten. Bei den Bildern in der Galerie macht sich das nicht unbedingt bemerkbar, wobei ich die Fotosituation in der Kirche z.B. nicht kenne. Es könnte auch sein, daß die Situation mit einem Blitz unterstützend aufgehellt wurde.

    1. Dass das 12–100mm Offenblende ƒ4 und nicht mehr hat, hängt lediglich davon ab, wie viel Volumen, Gewicht und am Ende auch Preis die Konstrukteure dem Objektiv zugestehen wollten. Bei Blende ƒ4 hat die Blende bei 100mm einen Durchmesser von 25mm, bei ƒ2.8 knapp 37mm. Je größer die Offenblende, desto größer und schwerer muss das Objektiv konstruiert werden. Bei vergleichsweise kurzen Brennweiten ist das kein Problem, doch je länger die Brennweite, desto mehr fällt das im wahrsten Sinne des Wortes ins Gewicht.
      Ich bin kein Blitz-Experte. Aber ich nehme an einen Kirche mit Blitzlicht schön auszuleuchten, würde eine immense Blitzanlange verlangen.

    2. Die Blende hängt nicht vom Sensor ab, sondern von der Brennweite und dem Durchmesser des Objektivs. “f/4” heißt, dass der Durchmesser der Blende ein Viertel der Brennweite ist. Man kann also ausrechnen, dass ein Objektiv mit gegebener Brennweite, wenn es die Anfangsblende f/2.8 statt f/4 haben soll, fast den anderthalbfachen Durchmesser haben muss, mit den offensichtlichen Folgen für Größe und Gewicht des Objektivs.

      Bei Micro-4/3 sind wir fein raus, weil wir nur die halbe Brennweite brauchen, um einen Bildausschnitt zu bekommen, der dem einer “Vollformat”-Kamera bei einer gegebenen Brennweite ähnelt. Darum sind unsere Objektive vergleichsweise klein und leicht; wenn man mal zum Beispiel das m.Zuiko PRO 12-100mm f/4 mit einem 24-200mm-f/4-Objektiv für Vollformat vergleichen wollte (abgesehen davon, dass es ganz genau sowas aktuell nicht zu geben scheint, vermutlich aus gutem Grund), dann wäre das eine um einiges größere und schwerere “Tonne”. Ein anderes Beispiel wäre das m.Zuiko 45mm f/1.8, ein winzigkleines und leichtes Objektiv; vergleichbare Objektive für “Vollformat” sind in alle Richtungen gerne mal fast doppelt so groß und wiegen das Dreifache.

      1. Danke für die umfangreiche Erklärung. Daß der Grund mit dem Gewicht des Objektivs in Zusammenhang steht war mir schon klar, nur nicht die konkreten Auswirkungen bezüglich dessen.
        Wenn man wie ich überlegt auf Mft umzusatteln ist es auch interessant zu erfahren, warum manche Dinge einfach anders sein müssen. Kleinerer Sensor plus kleinere Offenblende sind dann aber auch genau die Punkte, die es zu überlegen gilt.

      2. Danke, Anselm. Dem ist wenig hinzuzufügen.
        Schärfentiefe ist ein Faktor von vielen, die eine Kamera ausmachen. Wer diese Eigenschaft mit höchster Priorität wertet ist mit Vollformat besser bedient – oder besser gleich eine Mittelformatkamera.
        Ich denke man kann viele Dutzend Eigenschaften aufzählen, die bei der Wahl einer Kamera bzw. eines Systems eine Rolle spielen. Für mich zählen Transportabilität, das Handling und der Spaß den ich bei der Arbeit damit habe viel mehr. Freistellen spielt in meiner Arbeit sogar eine sehr untergeordnete Rolle.
        Das muss aber jeder selbst herausfinden, und zwar anhand der eigenen praktischen Arbeit und der eigenen Resultate. Ich denke, viele messen Schärfentiefe (und Auflösung, Dynamikumfang, ISO-Performance) deshalb so viel Bedeutung bei, weil viele sagen, dass es wichtig sei. Viel besser ist es sich selbst zu fragen, was für einen persönlich welche Bedeutung hat.

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