Die Vorstellung der Olympus OM-D E-M1X hat die Diskussionen über die Bildqualität von Micro FourThirds, und ob sie professionellen Ansprüchen gerecht wird, wieder einmal kräftig hochkochen lassen. Als leidenschaftlicher Tierfotograf der auch bei Regen hinaus möchte, finde ich das neue Modell durchaus attraktiv. Das Preisschild von 3000 Euro schreckt mich wenig, hatten doch meine Vollformatkameras stets deutlich über 2000 Euro gekostet, ohne dabei die Möglichkeiten von Olympus’ neuem Flaggschiff zu bieten.
Ich finde es ja interessant, dass manche Foto-Blogger und YouTuber Systeme, die nicht ihren eigenen Vorlieben entsprechen, madig zu machen. Selbstverständlich ist es legitim State-of-the-Art-Rauschverhalten und geringste Schärfentiefe für sich zur höchsten Priorität zu erklären. Aber deshalb sind Fotografen die andere Prioritäten wählen weder unprofessionell noch Idioten. Offener und toleranter schienen MFT-Fotografen allerdings zu sein, zumindest könnte ich mich nicht erinnern schon einmal von einem MFT-Fan gehört zu haben, dass er Vollformat schlecht redet. Wir MFT-Freunde kennen die Limits unseres Systems, aber wir kennen auch seine Vorzüge und wir erlauben uns andere Prioritäten zu haben als der Mainstream.
Dabei ist es nicht einmal so, wie mancher Vollformat-Fan es darstellt, dass MFT ein etwas kompakteres System mit viel schlechtere Abbildungsqualität ist. Nein, ist es ein viel kompakteres System – jedenfalls wenn wir davon ausgehen, dass zur Kamera Objektive gehören –, das etwas früher an die Grenzen der Abbildungsqualität stößt. Grenzen, die nur unter bestimmten Situationen relevant und die für die meisten Fotografen irrelevant sind.
Ich habe 2015 einen Vergleichstest mit einer OM-D E-M1 (16MP) und einer Nikon D810 (36MP) mit einer der angeblich schärfsten Vollformatlinsen gemacht. Ja, die Vergleichsaufnahmen zeigten Unterschiede. Unterschiede, die man auch erkennt, wenn man die Bilder sehr groß wiedergibt und genau in Augenschein nimmt.
Das unten eingebettete Video zeigt einen ähnlichen, noch etwas eindrücklicheren Vergleichstest. Ein Fotograf macht Aufnahmen mit einer Vollformat-DSLR und einer E-M1 II, lässt je zwei Aufnahmen einen Meter groß printen und fragt den erfahrenen Drucker, welche der Aufnahmen mit welcher Kamera entstand. Trefferquote: 50:50. Also so gut wie gewürfelt.
Nachdem gestern mein neues Buch – meine komplett überarbeitete »kreative Fotoschule« (Verlag | Amazon-Affiliate-Link) – in Druck gegangen ist, war endlich wieder Platz für etwas Anderes als Schreiben. Ich nutzte die Zeit mich über die E-M1X und in Folge über die Diskussionen zu Leben und Sterben von MFT zu informieren.
Was mir immer wieder auffällt, ist, dass MFT-Gegner Qualitätsfetischisten sind – Pixelpeeper möchte ich behaupten. MFT-Fotografen haben offensichtlich andere Prioritäten. Immer wieder höre ich Sätze, wie »MFT hat mir die Freude am Fotografieren zurückgebracht« oder »noch nie hat mir Fotografieren so viel Spaß gemacht«. Letzterer Satz war auch von mir zu hören, als ich begann mit der Olympus OM-D E-M5 zu fotografieren.
Ich hatte mir die E-M5 2013 als kompakte Zweitkamera neben der Nikon D600 zugelegt. Nichts lag mir damals ferner, als der Gedanke, mit ihr meine Vollformatkamera zu ersetzen. Allerdings machte ich nicht nur die Erfahrung, dass Fotografieren mit der E-M5 mehr Spaß macht – und ich liebe Spaß! –, sondern auch, dass ihre Aufnahmen für meinen Bedarf – Ausgabe bis maximal A3+ – nicht weniger gut aussehen, als die Ergebnisse der D600. Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als ich ein Bild aufgenommen hatte, es mir am Display der Kamera ansah und mir dachte, weshalb schleppe ich eigentlich diese Vollformatmonster durch die Gegend, wenn dieser Zwerg solche Ergebnisse liefert.
Damals fotografierte ich noch deutlich mehr Porträts als heute, zuletzt bevorzugt mit der D600 und einem Nikkor 85mm ƒ1.8 (LP 629 Euro). Die E-M5 wäre mir zu kompakt gewesen um Foto-Sessions damit zu fotografieren. Doch als die E-M1 erschien versuchte es mit ihr und einem M.Zuiko 45mm ƒ1.8 (LP 329 Euro | Amazon-Affiliate-Link). Ich kann nicht im Geringsten erkennen, in welcher Beziehung die Resultate der D600 besser gewesen sein sollten, wie die der MFT-Kamera.
Ja, Vollformat liefert geringere Schärfentiefe. Aber wer sich wirklich mit Bokeh befasst, sollte wissen, dass seine Qualität nicht allein an der Schärfentiefe hängt. Es hängt – in meinen Augen noch viel mehr – daran, ob es weich oder harsch ausfällt. Und nach den Erfahrungen die ich mit verschiedensten Linsen von Nikon, Sigma, Olympus und Panasonic machte, habe ich den Eindruck gewonnen, dass MFT-Objektive samtigere Bokehs liefern, jedenfalls so lange man Objektive verleiht, die preislich nicht völlig unterschiedlichen Welten entstammen.
Die meisten MFT-Fotografen, die auf YouTube oder in Blogs berichten, sind denselben Weg gegangen wie ich: Sie haben mit Vollformat fotografiert und irgendwann den Wechsel zu MFT gemacht. Ich denke, die meisten von uns haben gemein, dass wir keine Idioten sind, die keine Ahnung von Bildqualität haben, sondern wir haben uns genau überlegt, was wir tun, und weshalb. Ich für meinen Teil, habe wohl schon Pixel analysiert, da waren viele, die meinen MFT würde ihren Qualitätsansprüchen nicht gerecht, noch nicht einmal geboren.
Wer glaubt, in der Fotografie drehe sich alles um rauschfreie Aufnahmen mit geringster Schärfentiefe, soll seine Finger von MFT lassen und sich eine Vollformatkamera zulegen, oder besser gleich Mittelformat.
Alle anderen, für die in der Fotografie Freude und Spaß daran im Vordergrund steht: Schaut euch die verschiedenen MFT-Modelle an!
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