Apple: Das mit Aperture ist echt Scheiße!

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29. Juni 2014
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5 Kommentare

Was eigentlich schon lange absehbar war ist jetzt offiziell von Apple bestätigt: Aperture wird eingestellt. Die letzten Monate (fast schon Jahre) klammerte man sich nur mehr wegen der Hoffnung an die Aussicht auf Aperture 4, nicht wegen des Glaubens, dass es kommt. Dabei fürchtete ich schon mit der Vorstellung von Aperture 3 vor einigen Jahren, dass das Programm diese Entwicklung nehmen würde – weg von der professionellen Anwendung hin zu einem Aufsteiger-iPhoto. Apertures Nachfolgeprogramm »Photos« wird wohl genau das sein – ein Zwitter zwischen Aperture und iPhoto. Etwas anspruchsvoller als letzteres aber zu wenig professionell für Profifotografen und Semiprofis.

Generell sei gesagt, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass Unternehmen Produkte einstellen. Jedes Unternehmen in dem ich und ihr arbeitet stellt Produkte ein, die in der Unternehmensstrategie keinen Sinn mehr haben oder unrentabel sind. Sich über das Ende von Aperture hämisch freuende Lightroom-User sollten nicht glauben, dass das bei Adobe anders ist. Es ist zwar nicht zu erwarten, dass Lightroom irgendwann eingestellt wird, aber mit Programmen wie Adobe LiveMotion und GoLive ließ der Konzern seine Kunden auch ordentlich hängen, nicht weniger bei den zugekauften Programmen Freehand und Fontographer und Freunde von Fireworks dürften auch wissen wie man sich vernachlässigt fühlen kann.

Dass Apple Aperture einstellt ist unerfreulich aber zu akzeptieren. Wie Apple dabei vorgegangen ist ist indiskutabel: Treue Anwender Jahre lang im unklaren über die Strategie und im Saft ihrer Hoffnung braten zu lassen zeugt lediglich von Unverständnis der Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden und der Ignoranz mit der sich die Konzerne dem gegenüber verhalten. Ich verstehe die Geheimhaltung um die Entwicklung neuer Produkte und dass Apple den Hype um die Geheimniskrämerei und die Überraschung bei der Vorstellung neuer Produkte nutzen möchte. Doch bei einem Nischenprodukt wie es Aperture ist, ist das einfach nur unnötig und lächerlich. Schon gar nicht wäre es notwendig die Hoffnung auf eine neue Aperture-Version noch durch vage Andeutungen zu schüren, wenn man weiß, dass das Ende längst besiegelt ist, wie das im Falle Aperture geschah.

Allerdings gibt es auch hierfür ein Beispiel, dass das bei anderen Konzernen nicht anders ist: Adobe verkaufte nach der Übernahme von Macromedia ihr Produkt GoLive 9 noch brav weiter an Neukunden, obwohl für jeden Kenner der Branche absehbar war, dass das Produkt nicht weiter entwickelt werden würde. Diese Ignoranz den Kunden gegenüber ist allerdings leider keine Spezialität von Apple oder Adobe sondern schlichter Spiegel unseres Wirtschaftssystems in dem nicht der Kunde oder das Produkt im Mittelpunkt stehen sondern Umsatz und Gewinn.

Noch etwas möchte ich jenen hinter die Ohren schreiben die sich jetzt ob des Niedergangs von Aperture schadenfreuen: Bei Monopolen verliert vor allem der Kunde.

Meine persönliche Konsequenz aus dem Ende von Aperture ist, dass ich mich von der Vorstellung ich könne mit ein und demselben Programm die Entwicklung von RAW wie auch die Verwaltung der entwickelten RAW-Bilder managen verabschiede. Diese Kombination macht einen Wechsel der Anwendungssoftware zur schrecklichen Qual, weil man nach dem Wechsel in der neuen Software alle Bilder neuerlich entwickeln muss. Metainformationen, Schlagworte, Wertungen oft sogar Farbetiketten lassen sich zwar in der Regel von einem Programm zum anderen übernehmen, nicht aber die Entwicklungseinstellungen. Dazu sind die Arten wie die Bilder entwickelt werden in verschiedenen Programmen einfach zu unterschiedlich.

Die Entwicklung von RAWs mit Aperture ist bei mir seit vorgestern zu Ende. Statt dessen werde ich dazu in nächster Zeit wieder Capture One nutzen – das Programm liefert ohnehin nach wie vor die besten Entwicklungsergebnisse von allen RAW-Konvertern. Leider ist es zur Verwaltung umfangreicher Bildbestände nicht die erste Wahl. Deshalb werde ich die entwickelten Bilder als JPEG exportieren und dann in Aperture übernehmen. Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass das Nachfolgeprogramm »Photos« in Sachen Verwaltung keinen schwerwiegenden Rückschritt gegenüber Aperture darstellt (zumindest hoffe ich das) und dann würde es das Programm der Wahl zur Verwaltung meiner Bildbibliotheken bleiben.

Ich werde außerdem in der nächsten Zeit wieder einmal einen Blick auf Lightroom werfen, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass ich mich in diese Richtung bewegen werde. Dazu ist meine Abneigung gegen das strikte und unflexible User-Interface und die Aussicht in absehbarer Zeit in der Cloud zu landen zu groß. Lightroom in der Cloud heißt lebenslänglich an das Abo gebunden zu sein, denn eine Kündigung des Abos würde bedeuten, mit einem Schlag die gesamte Bilder-Bibliothek zu verlieren – nicht die Bilder aber die Bibliothek! Das heißt selbst wenn das Management von Photos Mist wäre und mir keine Alternative als Lightroom übrig bleibt würde ich damit nur mehr entwickelte JPEGs verwalten und mit überschaubarem Aufwand auf eine andere Software umsteigen zu können.

Ich bin vier Mal mit RAWs umgezogen – ich habe keine Lust auf ein fünftes Mal!

Antworten

  1. Hallo Markus,
    erst mal ganz großes Kompliment für Deine geniale Seite, auf die ich nach der Suche zu Infos über Capture One gestolpert bin und nun „verschlinge“.
    Ich habe dabei einige wertvolle Informationen vor allem zu Capture One und Affinity Photo bekommen. Meine Situation ist die: Ich verwende tatsächlich im Moment noch Aperture und eine Uraltversion von Photoshop (CS2). U. a. wegen letzterem halte ich mit etwas Aufwand ein 10 Jahre altes MBP mit Rosetta (OS 10.6.8) am Leben. Als engagierter Amateur ging das bisher, zumal die Fotografie in den letzten 3-4 Jahren nicht mehr ganz so im Vordergrund stand, was sich nun aber ändern soll.
    Kurzum: Das Aus für Aperture trifft mich nun allmählich auch. Insbesondere, da ich mich auch nach neuer Hardware umschaue (unser iMac ist auch schon ein paar Jahre alt).
    Deshalb sind die Infos, die ich aus Deinem Blog gezogen habe, für mich eine tolle Unterstützung.
    Nun zur Frage: In Deinem Beitrag zu Apertures Ende beschreibst Du einen Workflow mit RAW-Entwicklung in Capture One und anschließender Verwaltung in Aperture und ggfs. Fotos. Der Beitrag ist ja nun schon ziemlich alt und bezog sich auf C1 Version 7. Die neueren Beiträge zu C1 Versionen 8 und 9 sind ja sehr euphorisch. Du beschreibst auch, dass Phase One bei der Bildverwaltung ordentlich nachgelegt hat. Irgendwo habe ich gelesen, dass diese eher der von Aperture, als der von Lightroom ähnelt und auch die Migration von Aperture recht gut funktioniert.
    Damit ist dann wohl der in obigem Beitrag von 2014 beschriebene Workflow endgültig obsolet? Ist Version 9 C1 nun ein vollwertiger Ersatz für Aperture?
    Wie sieht aktuell Dein Workflow aus, wenn Du mit voller Speicherkarte heim kommst?
    Import und Verwaltung in C1, RAW-Entwicklung dort und weitere Bearbeitung nach Bedarf in Affinity Photo oder Photoshop?
    Nächste Frage: Wo genau hörst Du in C1 auf, und was machst Du dann in Affinity Photo / Photoshop? Es gibt ja doch eine recht große Überschneidung der Funktionen.

    Nochmal 1000 Dank für die guten Tipps, Workshops usw.
    🙂

    1. Danke für das freundliche Feedback.
      Zu meinem Workflow: Ich importiere alle Bilder in einen C1-Katalog wo ich sie grob aussortiere, viele lösche, einen Teil zur externen Archivierung kennzeichne (die exportiere ich dann auf eine externe FP und lösche sie aus dem Katalog) und die Bilder die ich behalte entwickle und bewerte. Bilder bei denen C1 nicht reicht öffne ich in PS, oft bearbeite ich sie mit Plugins wie Alien Skin Exposure, Macphun-Programmen, Tools von Topaz etc. Fertige Bilder exportiere ich wiederum auf eine externe Festplatte. Sie dienen als Archiv falls ich noch einmal auf die Idee kommen sollte C1 wieder zu verlassen – nach Aperture > Lightroom > Aperture > C1 > Aperture > C1 weiß ich, dass man nie wissen kann. Die Bilder lade ich auch in einen Fotos-Katalog (schreckliches Programm!) auf meinem Mac Mini der an meinem Fernseher hängt. Dort laufen die Bilder als Bildschirmschoner mit wenn ich Musik höre und ich kann sie als Diashow abspielen. Photoshop bzw. Affinity Photo nutze ich für Retusche und spezielle Bildlooks, in der Regel PS, vor allem weil AP viele Plugins noch nicht unterstützt.

      1. Danke – so in etwa habe ich es mir aus den anderen Beiträgen zusammen gereimt. Mittlerweile habe ich das Screencast zur Bildverwaltung in C1 in voller Gänze gesehen, wo Du dies ähnlich beschreibst.
        Freue mich schon, mir die Workshops zu Affinity Photo und C1 reinzuziehen. Bin mittlerweile der Überzeugung, dass beide Anwendungen ideal für mich sind. Und ich freue mich auf Deine Bücher zu AP und die Fotoschule (und irgendwann C1? ;-))

  2. Gute Darstellung der aktuellen Situation. Der Kernsatz für mich ist: Bei Monopolen verliert vor allem der Kunde.
    Obwohl ich von der Einstellung von Aperture nicht betroffen bin, da ich mich in Lightroom eingearbeitet habe, glaube ich trotzdem dass es nachteilige Effekte auf alle anderen Raw-Konverter hat. Als Adobe seinen Photoshop CC veröffentlichte, hat sich bei mir das Gefühl durchgesetzt, dass die Cloud-Strategie sich bei Lightroom auch irgendwann durchsetzen wird. Die einzige Alternative die sich für mich anbot, war Capture One. Für mich wird dies jetzt wieder ein Thema, da meiner Ansicht nach „Lightroom CC“ durch den Wegfall von Aperture und damit einer Konkurrenz (auch wenn sie nur von Mac Benutzern verwendet werden konnte) wieder wahrscheinlicher wird.

    1. Ja, sehe ich auch so. Da Phase One und DxO im Vergleich zu Adobe und Aperture Zwerge sind, kann man durchaus sagen, dass Adobe mit der Einstellung von Aperture nun ein Quasi-Monopol hat, vor allem auch, weil beide in Sachen Verwaltung nicht an Aperture und Lightroom heranreichen. :\

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