3.4. Licht- und Blendenwert

Kategorie:
|
4. November 2011
|
Keine Kommentare

Fotoschule onLine - Kreative Digitalfotografie verständlich erklärt

An der Belichtung jedes Fotos sind die vier Faktoren Belichtungszeit, ISO-Empfindlichkeit, Blende und Umgebungslicht beteiligt. Ein ­optimal belichtetes Foto gelingt nur dann, wenn ­diese Faktoren gut ausbalanciert sind.

Umgebungslicht

Das Umgebungslicht ist für den Fotografen der Faktor der Belichtung, der am schwierigsten zu beeinflussen ist. Er kann auf die Lichtsituation in der Umgebung eingehen, indem er die Blende ­öffnet oder schließt, die Lichtempfindlichkeit des Sensors erhöht oder verringert, oder die Belichtungszeit verlängert oder verkürzt. Oft wird er an zwei oder allen drei Parametern drehen, um die ­optimale Belichtung zu erreichen. Das Umgebungslicht hat er höchstens im Studio voll unter Kontrolle. Bei Landschaftsaufnahmen ist die einzige Möglichkeit das Umgebungslicht zu beeinflussen, wenn man zu ­einem anderen Zeitpunkt zurück kehrt, sollte das Licht im Moment nicht optimal sein.

Lichtwert als relatives Maß

Dass ein Lichtwert (LW) für eine Verdoppelung beziehungsweise Halbierung der Helligkeit, Lichtmenge, beziehungsweise Belichtung steht, habe ich bereits erwähnt, als ich das Zonensystem vorgestellt habe.

Nehmen wir an, wir fotografieren im Freien, die Dämmerung ist herein gebrochen und die Lichtmenge hat sich seit dem letzten Foto halbiert – das Umgebungslicht hat sich um –1 LW reduziert. Nun können wir auf die veränderte Lichtsituation so reagieren:

  • Die Belichtungszeit auf das Doppelte ausdehnen. Das heißt, Sie heben die Belichtungszeit um +1 LW an.
    Beispiel: Die Belichtungszeit wird von 1/60 Sekunde auf 1/30 ­Sekunde verdoppelt.
  • Die Blendenöffnung verdoppeln. Das heißt, Sie öffnen die Blende um +1 LW.
    Beispiel : Sie öffnen die Blende von vormals ƒ 2.8 auf ƒ 2.0.
  • Die ISO-Empfindlichkeit verdoppeln. Das heißt, die Empfindlichkeit des Bildsensors um +1 LW anheben.
    Beispiel: von ISO100 auf ISO200.

Auf Englisch nennt sich der Lichtwert ‘Exposure Value’ (EV), ­weshalb Sie auf Kameras auf die Abkürzung ›EV‹ stoßen können. In der fotografischen Praxis wird statt von Lichtwert auch oft von ›Blendenstufe‹ gesprochen. Rät Ihnen also ein Kollege – oder lesen Sie das irgendwo – eine Blende höher (heller) zu belichten, will er ­damit sagen, dass Sie eine Einstellung wählen sollten, die die Lichtmenge um einen Lichtwert verdoppelt. Das muss nicht unbedingt heißen, dass Sie tatsächlich die Blende um einen ganzen Schritt ­öffnen müssen. Er meint lediglich, die Belichtung sollte einen Lichtwert heller ausfallen. Ob Sie das erreichen, indem Sie tatsächlich die Blende öffnen, den ISO-Wert erhöhen oder die Belichtungszeit verdoppeln, bleibt bei dieser Aussage in der Regel Ihnen überlassen.

Auf diese Art angewandt ist der Lichtwert ein relativer Wert, bei dem sich ±X auf einen relativen Ausgangswert bezieht.

Viele Kameras – bei DSLR oder Systemkameras praktisch alle – erlauben es, die Einstellungen für Belichtungszeit, Blendenöffnung und ISO-Empfindlichkeit nicht nur in ganzen Schritten zu verdoppeln oder halbieren, sondern ermöglichen Halb- oder Drittelschritte. Das heißt, Sie können, statt nur Blende, Zeit oder ISO um einen ganzen Schritt zu ändern, auch an jedem Parameter ein Drittel drehen, oder einen beliebigen anderen Mix aus zweien wählen.

Falls Ihnen das jetzt erschreckend kompliziert erscheint, bitte ich Sie um etwas Geduld. Sie werden sehen, dass es in der Praxis gar nicht so kompliziert ist.

Lichtwerttabelle: Lichtwert als absolutes Maß

Die Bezeichnung ›Lichtwert‹ steht nicht nur für relative ­Werte um Belichtung zu halbieren oder zu verdoppeln. Lichtwert wird auch als absolutes Maß eingesetzt um die Helligkeit einer Szene zu bezeichnen. Lichtwert 0 ist der Basiswert und bezeichnet eine Szene, bei der eine Kombination von ISO100, Blende ƒ1.0 und 1 Sekunde Belichtungszeit zu einer neutralen, mittleren Helligkeit des Resultats führt.

Lichtwert 0 entspricht etwa der Lichtsituation einer Neumondnacht, LW4 einer beleuchteten Straße bei Nacht oder ­einer Szene im Kerzenlicht, LW8 hellen Innenräumen und Sport­hallen ; LW12 ist typisch für die Zeit kurz Sonnenauf- oder kurz nach Sonnenuntergang beziehungsweise für bedeckte Tage, LW14 spiegelt die normale Tageslichtsituation am helllichten Tag; und mit LW16 darf man rechnen, wenn die Sonne zur Mittagszeit voll vom Firmament knallt.

Aus der Tabelle unten lässt sich ablesen, was für eine Zeit/Blenden-Kombination beim Lichtwert einer bestimmten Lichtsituation zu einem optimal belichteten Ergebnis führt. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass eine perfekte Einstellung aus technischer Sicht nicht immer ein optimales Bild liefert.

Lichtwertabelle
Lichtwerttabelle

Bitte glaubt jetzt nicht, ihr müsstet die Lichtwerttabelle auswendig lernen, um bessere Bilder zu machen. Auch wenn Profifotografen mit Lichtwerten arbeiten, die Sie von Belichtungsmessgeräten ­ablesen, denke ich, dass es für den Hobby- und Amateurfotografen deutlich effizienter ist, das Histogramm zu verstehen und über Belichtungskorrekturen die optimale Belichtung zu ermitteln. Um zu verstehen wie das geht, werde ich euch im nächsten Artikel erklären, was das Histogramm bedeutet.

Der Inhalt dieser Online-Fotoschule ist in erweiterter Form auch als Buch erhältlich:
»Die kreative Fotoschule – Fotografieren lernen mit Markus Wäger«
Rheinwerk-Verlag 2015, 437 Seiten, gebunden, komplett in Farbe
ISBN 978-3-8362-3465-8
Buch: 29,90; E-Book: 24,90
Weitere Informationen und Demokapitel auf der Website des Verlags;
Affilate-Link zum Buch bei Amazon.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.