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Selbstbedienungsladen Internet

Posted in etc.

Robert Kneschke hat vor einigen Tagen in seinem Blog einen Artikel veröffentlicht, den ich so interessant fand, dass ich ihn gebeten habe ihn auch in meinem Blog zu posten. Es geht dabei darum, dass beim Thema Internet und Computer die landläufige Meinung herrscht, alles müsse gratis sein.

In Roberts Artikel geht es um Stock-Fotografie, mit der er seinen Lebensunterhalt verdient. Doch die Selbstbedienungsmentalität bei Dingen die von Menschen kreativ geschaffen werden betrifft nicht nur Fotos. Es ist dasselbe beim Thema Schriften, Software, Design, Illustration, Musik und Text. Für viele Anwender ist es selbstverständlich sich tausende Songs bei Freunden zu besorgen, Soft- und Shareware vom Internet zu saugen und ohne Lizenzgebühr zu nutzen, für Schriften zu bezahlen ist ohnehin ein absurder Gedanke und interessante Artikel einfach aus Blogs zu kopieren ist mittlerweile sogar bei professionellen Verlagen Gang und Gäbe.

Leute wie Robert möchten aber ebenso von ihrer Arbeit leben, wie Schriftdesigner, Softwareprogrammierer, Musiker, du und ich. Ich spreche hier nicht nur von Microsoft, Adobe, Apple und Sony Entertainment – wer deren Leistung raubkopiert scheint sich ohnehin als Robin Hood zu fühlen. Ich spreche von den vielen Kreativen für die die Lizenzen ihrer Werke das wirtschaftliche Überleben sichern sollen.

Ich will über niemanden urteilen der einmal ein paar Songs mit Freunden tauscht, ein paar nicht lizensierte Schriften auf seiner Festplatte archiviert oder eine Software eine Zeit lang unter Umgehung einer Sperre testet. Doch die Selbstverständlichkeit mit der viele Leute glauben ein Recht darauf zu haben, Leistungen Anderer kostenlos zu konsumieren ohne den Schöpfern eine Entschädigung zukommen lassen zu müssen, stimmt mich bedenklich.

Liebe Leute: Stellt euch vor es wären eure Leistungen und Andere würden sich bedienen ohne euch einen müden Cent zukommen zu lassen. Ja andere würden eure Leistung sogar kostenlos nützen um ihren eigenen Umsatz zu erhöhen und ihr schaut durch die Finger. (Und bitte klammert die Vorstellung aus, dass den kreativ Schaffenden ohnehin nichts abgeht, da alle Millionäre sind. Die meisten können gerade überleben – wenn überhaupt)

Hier nun Roberts Geschichte:

»Vor zwei Wochen hatte ich im Blog einen Artikel mit dem Titel »Bilderklau im Internet – Strafen oder sein lassen« geschrieben, bei dem die Kommentare nur so einprasselten. Der Tenor der Aussagen: Man muss nicht immer sofort mit dem Anwalt kommen. Sehe ich genauso. Aber reicht eine freundliche Mail?

Folgender Fall:

Ich habe wieder im Internet gesucht, wo meine Fotos benutzt werden. Dafür gibt es verschiedene Methoden, die ich im Artikel “10 Tipps zum Finden der eigenen Fotos” beschrieben habe. Diesmal wurde ich wieder fündig, aber auf einem anderen Weg.

In den Logdateien meiner Webseite verzeichnete ich auffällig viele Besucher von der Social-Networking-Webseite www.jappy.de. Ich habe mir die Webseite genauer angesehen und gemerkt, dass es dort ein Sport zu sein scheint, Bilder mit ganz vielen anderen Menschen zu tauschen, bzw. diese in den Gästebüchern der Freunde zu zeigen. Leider schert es die meisten überhaupt nicht, ob die Fotos urheberrechtlich geschützt sind oder nicht.

Da gibt es Screenshots von Filmen, kommerzielle Bilder aus Bildagenturen, Fotos von Flickr und eben auch Fotos von anderen Webseiten, zum Beispiel meiner. Innerhalb einiger Minuten habe ich drei meiner Fotos in den Gästebüchern und Foren von jappy.de gefunden. Die meisten der Fotos werden auch nicht kopiert, sondern per Hotlinking eingefügt. Das führt neben der Urheberrechtsverletzung noch zu zusätzlichem Traffic bei den Originalseiten, von wo die Fotos kommen, für den die Betreiber meist Geld zahlen müssen. Sie werden damit also doppelt geschädigt.

Weil das bei jappy.de keine einmaligen Ausrutscher sind, weil die Bilder als Hotlink genutzt werden und weil mehrere meiner Bilder betroffen waren, wollte ich nicht nur eine nette Mail schreiben, sondern mich für meine Arbeitszeit, in der ich die Bilder suchen musste, entschädigen lassen.

Immerhin: jappy.de hat eine gut findbare eigene Emailadresse für Rechtsverletzungen und ich bekam innerhalb einer Stunde Antwort von der Rechtsabteilung. Der Mitarbeiter teile mir mit, dass die betreffenden User informiert wurden und sich bei mir melden sollen.

Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von der Frau, die eins der Bilder geklaut hatte. Es handelt sich um ein Obstfoto, was bei einer Google Images-Suche nach »Obst« relativ weit vorne auftaucht. Das Obstfoto sieht vielleicht dahingeworfen aus, erforderte aber einen sorgfältigen Aufbau und Obst im Wert von über 30 Euro.

Die Dame argumentierte nach diesem Muster:

  • das sei total üblich bei Jappy
  • das Bild habe sie nicht von mir, sondern das gab es bei Google
  • sie wusste nicht, dass das verboten sei
  • wenn das bei Google angezeigt wird, muss das doch kostenlos sein

Nach einer Weile sah sie ein, dass ihre Handlung nicht rechtens war. Ich bot ihr schlicht an, das Foto in der kleinsten Web-Auflösung nachträglich über meine Bildagentur zu lizensieren und fertig. Fand ich fair. Kostenpunkt: 20 Euro. (Ja, da hat sie etwas Pech gehabt: Andere Fotos von mir werden auch für 5 Euro in der Web-Auflösung angeboten bzw. sehr ähnliche Obst-Fotos gäbe es als Microstock-Fotos auch für 1 Euro, aber das betreffende Foto wird von mir ausschließlich über eine etwas teurere Agentur vertrieben).

Daraufhin meinte sie zu mir, dass das doch nicht mein Geschäftsmodell sein könne, die Leute über Google zu meinen Fotos zu locken und dann Geld zu kassieren. Da war ich baff. Ich erinnerte sie daran, dass ich erstens niemanden gezwungen habe, mein Foto ohne meine Erlaubnis zu kopieren und zweitens sowohl im Foto selbst als auch auf der Seite, wo mein Foto gezeigt wird, deutlich ein Copyright-Zeichen zu sehen ist, was mich als Urheber des Fotos ausweist. Mit allen dazugehören Rechten, wie bei der Nutzung Geld zu verlangen.

Ich erinnerte auch daran, dass ich mit meiner Mail ihr Anwaltskosten in Höhe von mehreren hundert Euro sparen würde. Aber statt Dankbarkeit erntete ich Wut. Finde ich ehrlich gesagt verständlich, aber was soll ich machen? Alles ignorieren? Meine Zeit dafür opfern, nette E-Mails an die Bilderdiebe zu schreiben, ohne dafür entschädigt zu werden? Was meint ihr dazu? Ich bin gespannt auf Eure Kommentare.

Ich habe mich für die Variante »nette Mail plus Rechnung« entschieden. Die 20 Euro wurden bezahlt. Eine regelmäßige Bildkäuferin wird die Frau sicher trotzdem nicht werden. Der Kontakt zu den zwei anderen Usern steht noch aus.«

Einen Kommentar

  1. Erich Priemer

    Die ‚Schuldigen‘ vorweg: Alle, die weiter daran gut verdienen auch – mitten drin in der Wertschöpfungskette: ‚Jappy‘. Und die Politik, die keine konkrete Aufklärung des potentiellen ‚Diebes‘ über den Urheberschutz verlangt. Denn das ‚Copyright‘- Symbol ist mindestens 80 %der Menschen ‚kein Begriff‘.

    Die Großen pflegen doch im Hintergrund genau die von Ihnen als ‚Bestohlener‘ zu Recht beklagte öffentliche Befindlichkeit, in der das ‚Herüberkopieren‘ von Inhalten gar nicht mehr bewusst ‚bewertet‘ und schon gar nicht als illegal wahr genommen wird. Letzteres läge nicht in ihrem ‚Geschäftsinteresse‘. Klick and Have: Ein ‚Zeitgefühl‘ . Die ‚Endkunden‘, wie Ihre ‚Obstdiebin‘, sind nur das letzte Glied dieser Kette, ähnlich wie beim ‚Koks‘ die kleinen ‚Dealer‘ in den Parks. Und den Letzten ‚beißen eben die Hunde‘. Ob das angenehm ist, oder nicht: Ihr Honoraranspruch ist natürlich legitim und Sie sind nicht kleinlich, sondern konsequent, wenn Sie ihn durchsetzen.

    Aus Effizienzgründen:
    Gibt es denn für solche Fälle keine ‚Inkassobüros‘? Dann verlören Sie wenigsten keine Zeit mehr.

    Viel Erfolg!

    5. März 2021
    |Reply

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