Im Interview: Stylespion Kai Müller

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30. September 2008
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Kai Müllers Weblog stylespion.de über »… Design, Inneneinrichtung, Wohndesign, Möbel …« gehört seit langem zu meinen Alltime-Favorites in der Bloggosphäre. Sein Blog kaimueller.org über Fotografie, Web- und Grafikdesign ist nicht minder interessant. In der Beschreibung zu kaimueller.org steht »Seit Beginn dieses Jahrtausends arbeite ich an Websites – Websites deren Ziel klar definiert ist: Nutzen für den Besucher und Nutzen für den Auftraggeber«, womit er ziemlich genau mein eigenes Design-Verständnis trifft.
Kai lebt und arbeitet in Köln als Webdesigner.

Frage: Hallo Kai. Kannst du kurz deinen Werdegang beschreiben – wie du zum Webdesign gekommen bist, welche Leidenschaft du damit verknüpfst und womit du heute im Wesentlichen dein Einkommen bestreitest?

Kai: Ich verdiene mein Geld  als Web Designer in Festanstellung bei einem Kölner Unternehmen, das auf SEO spezialisiert ist. Weitere Einnahmen generiere ich aus meinem Blog stylespion.de. Hin und wieder arbeite ich an weiteren Projekten, allerdings ist stylespion.de in der Zwischenzeit zu einem sehr arbeitsintensiven „Job“ angewachsen, was toll ist, aber leider keine Zeit für weitere Projekte lässt.

Mein Weg bis hierher verlief recht kurvig: Ausbildung zum Speditionskaufmann, Zivildienst, Praktikum in einer Online Redaktion und erster Kontakt mit dem Internet als Arbeitsplatz (2000), Unternehmensgründung, Arbeit als Freelancer und nun Festanstellung. Eine klassische Ausbildung in diesem Bereich besitze ich nicht, ich habe fast keine Erfahrung im Print-Bereich – dafür aber die Erfahrung von wahrscheinlich inzwischen 200 realisierten Websites.

Leidenschaft ist ein schönes Wort, und darauf basiert eigentlich alles, was ich mache. Ich mag schöne Sachen. Egal, ob das Webseiten, Magazine, Wohnungseinrichtung, Musik oder Fotografien sind. Entdecke ich ein neues Gebiet für mich (wie zuletzt die Fotografie), setze ich viel daran es zu erlernen. Ich bin es gewohnt, in Themen autodidaktisch einzutauchen. Über das Netz ist das mittlerweile ein Kinderspiel – vorausgesetzt man hat hat den Willen dazu – und vielleicht auch ein wenig Talent.

Frage: Gestaltung lebt im Spannungsfeld zwischen Kreativität und Funktionalität. Wo liegen bei dir die Prioritäten, und: Beinhaltet ein Gestaltungprozess für dich mehr Inspiration oder Transpiration?

Kai: Ich sehe mich nicht als Kreativen. Das ist mir zu klischeeüberladen. Schwarze Rollkragenpullover? Bei mir Fehlanzeige.

Der weitaus größte Part meiner Arbeit besteht in der Anwendung etablierter Maßnahmen. Selbstverständlich muss man innerhalb des recht engen Korsetts seinen Weg finden, eine Website unique zu gestalten. Doch zuvorderst stehen ganz klar Usability und Accessibility. Eine Website ist dann gut, wenn der Nutzer sich darin zurechtfindet und sich wohl fühlt. Klingt banal, ich weiß.

Frage: Wie gehst du ein Gestaltunsprojekt an? Wie kommst du zu kreativen Lösungen und was machst du, wenn sich die Inspiration einmal nicht bis zur Deadline einstellt?

Kai: Ein neues Projekt entsteht bei mir meistens wie ein Puzzle. Ich habe Elemente, von denen ich weiß, dass ich sie unterbringen will, es gibt weitere Elemente, die es eventuell schaffen könnten. In der Regel werden grobe Layouts von mir nach und nach von allem befreit, was nicht unbedingt da sein muss. Schmuckelemente mag ich nicht so sehr. Und  in letzter Zeit habe ich nach einem groben Skizzieren auch direkt angefangen, den Quelltext zu schreiben, um die Seite danach mit CSS zu gestalten. Das hat eigentlich sehr gut funktioniert und ich werde das weiter ausbauen. Während des Gestaltungsprozesses erlaube ich niemandem auf meinen Monitor zu sehen – ein Tick von mir, und eine Vorsichtsmaßnahme, damit niemand sehen kann, dass meine Layouts bis kurz vor Fertigstellung oft komplett gekippt werden.

Bei ausbleibenden Ideen helfen mir meine Bookmarks weiter. Ein wenig surfen, adaptieren, weiterentwickeln oder reduzieren …

Frage: Welche Bedeutung hat Schrift und Typografie für deine Arbeit?

Kai: Da ich am liebsten mit sehr reduzierten Layouts arbeite, hat die Typografie wohl die größte Rolle in der Gestaltung. Darüber hinaus liebe ich typografische Arbeiten im Print.

Frage: Und welche Bedeutung haben Bilder für dich? Woher beziehst du sie in der Regel?
Kai: Bilder erfüllen für mich zwei wesentliche Zwecke: Stimmung und schnell erfassbare Illustration des Inhaltes. Ich habe viele Quellen, aus denen ich Fotos wähle. In letzter Zeit greife ich auch gerne auf eigene Arbeiten zurück.

Frage: Ich bin der Ansicht, dass das Thema »Corporate Design« (bei kleineren Unternehmen ein stringentes Erscheinungsbild) in der Ausbildung von Gestaltern recht stiefmütterlich behandelt wird. In der späteren Berufspraxis wird es dann oft vernachlässigt, nicht verstanden um nicht zu sagen: ignoriert. Natürlich verengt es den Rahmen, in dem Kreativität statt finden kann. Doch ein guter Gestalter sollte in der Lage sein, auch unter klar abgegrenzten Rahmenbedingungen gute Lösungen zu erarbeiten.
Wie stehst du zu diesem Thema?

Kai: Corporate Design sollte schon sein, aber ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, wenn große Agenturen 100-seitige Styleguides für Websites  präsentieren und Unternehmen dafür viel Geld bezahlen. Ruft man die Website  dann in 3 verschiedenen Browsern auf, sieht man, wie absurd manche Vorgaben sind, da sie oft nicht browserübergreifend umgesetzt werden können. Im Print ist die Lage natürlich etwas anders, klar.

Frage: Gibt es ein Buch für dich, von dem du sagst: »Das muss jeder Gestalter gelesen haben!«
Kai: Nein. Als Autodidakt bin ich eher der Meinung, dass ein Gestalter mit offenen Augen durch die Welt gehen sollte, und sich an der Praxis orientieren sollte. Das schult das Auge und sorgt für ständig neue Inspiration.
Bücher über Gestaltung im Internet empfinde ich oft bereits bei Erscheinen als veraltet.

Frage: Hast du noch weitere Informationstipps? Zeitschriften? Websites? Blogs? Oder: Wie informierst du dich und was sind deine Lern- und Inspirationsquellen?
Kai: Schwieriges Thema. Ich würde mich selbst als generalinteressiert bezeichnen. In meinem Feedreader tickern knapp 600 Blogs und Websites. Die Ausrichtung ist unterschiedlich. Webdesign, Webworking, Grafikdesign, Musik, Mode, Fotografie, Einrichtung usw. Inspiration kommt aus allen Ecken – man muss es nur entdecken.

Frage: Was würdest du Neueinsteigern raten, die Gestalter werden möchten: Wie wird man Gestalter und wie schafft man den Einstieg in die Branche?
Kai: Praxis. Ich mag theoretische Ansätze nicht allzu sehr. Klar, man muss die Basics kennen, aber das beste was man tun kann, um gut zu werden ist anwenden, anwenden, anwenden. Wer sich über die Zeit ein gutes Portfolio aufbaut, sollte wenig Probleme haben, einen Job zu finden.

Frage: Gibt es sonst noch einen besonderen Rat oder Tipp, den du allen aufstrebenden Gestaltern mit auf den Weg geben möchtest?
Kai: Dran bleiben. Sich nicht auf alten Arbeiten ausruhen.

Frage: Aus persönlichem Interesse: Ich bin über deine Aktivitäten im Internet auf dich aufmerksam geworden. Weshalb engagierst du dich auf diese Weise?
Kai: Ok, naiv formuliert: Ich freue mich, wenn ich durch meine Beiträge anderen etwas geben kann. Das Internet ist zwar ein kostenloses Medium, doch darf man nicht vergessen, dass all die Inhalte irgendwer, irgendwann erstellt hat. Mir reicht da schon ein kurz eingeworfenes „Danke“ als Anerkennung. Der weniger naive Kai sagt: Die Kontakte, die in den zwei Jahren des Bloggens entstanden sind, sind wunderbar. Es ergibt sich vieles, was ohne diese beiden Websites nie zustande gekommen wäre. Und ja, man kann mit Bloggen auch Geld verdienen.

Danke, Kai, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten. Und Dank auf für deinen Einsatz als Blogger.

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