Vollformat oder Crop?

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11. Juli 2008
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Bei picspack.de fand ich dieser Tage einen Artikel mit dem Titel »Vollformat vs. Crop«. Zur kurzen Erklärung worum es geht: Zu Zeiten der analogen Fotografie – also dem Aufzeichnen der Bilder auf Film – hatte sich für Normalverbraucher-Kameras das sogenannte Kleinbildformat (KB-Format) durchgesetzt: 36x24mm. Das Format der Sensoren in digitalen Spiegelreflexkameras ist in der Regel kleiner, als das Format des Films in analogen Spiegelreflexkameras – bei Nikon 23,6×15,7mm, bei Canon 22,2×14,8.

Welche Vor- und Nachteile das mit sich bringt soll im Moment nicht Thema dieses Artikels sein. Was mich interessiert: Wird das Vollformat kommen und die kleineren Formate verdrängen? Ich behaupte: Ja.

Dabei halte ich es für müßig die Frage auf Basis der reinen Vernunft beantworten zu wollen. Der Umstieg von den kleineren Sensoren auf das jetzt als Vollformat bezeichnete Kleinbildformat bedeutet, dass die meisten Objektive die wir in den letzten Jahren für digitale SLR-Kameras gekauft haben, für das größere Format bestenfalls noch suboptimal sind. Für die Kamerahersteller natürlich ein Traum! Sie können uns all die teuren Zoom-, Fixbrennweiten- und Makroobjektive, die wir in den letzten Jahren für die kleinen Sensoren gekauft haben, neuerlich verkaufen – diesmal für das Vollformat. Für uns Konsumenten wird das in erster Linie teurer. Ob die Vorteile, die das größere Format mit sich bringt, diese Investitionen rechtfertigen, mag ich bezweifeln.

Nach vernünftigen Maßstäben mag es also sinnvoll sein, das mit der digitalen Spiegelreflexfotografie eingeführte Format zu behalten (ich betone das »mag«, denn es gibt auch genügend Argumente die für die Rückkehr zum Standard 36x24mm sprechen). Dennoch bin ich mir sicher, dass sich das KB-Format in den nächsten ein bis drei Jahren gegenüber den kleineren Formaten durchsetzen wird.

Das wichtigste Argument, welches die Massen des Marktes hin zum KB-Format bewegen wird lautet nämlich: Viel hilft viel.

Zwar wissen wir, dass das Nonsens ist, aber dennoch funktioniert der Markt genau nach diesen Maßstäben. Das haben wir in den vergangenen zwei Jahren sehr schön bei den digitalen Kompaktkameras gesehen. Der Konsument bewertet die Qualität einer Kamera nach der Anzahl der Megapixel. Mehr Megapixel = bessere Kamera. Stimmt aber absolut nicht! Ganz im Gegenteil. Für die kleinen Sensoren von Kompaktkameras sind mehr als sechs Megapixel Gift (siehe www.6mpixel.org). Das weiß der informierte Leser und das wissen die Kamerahersteller.

Dennoch haben Nikon, Canon, Olympus und Konsorten längst keine Kamera mit sechs Megapixel mehr im Programm, sondern bieten sieben, zehn und zwölf Megapixel-Modelle. Nicht, weil sie es nicht besser wüssten, sondern weil sie auf ihren Modellen mit geringerer Auflösung sitzen bleiben würden. Fuji war der letzte Mohikaner, der noch ein Sechsmegapixelmodell angeboten hat. Aber auch Fuji hatte wohl trotz aller Vorbehalte keine Lust mehr Ladenhüter zu produzieren, und deshalb hat heute auch dieser Hersteller keine Kompaktkamera mit vernünftiger Auflösung mehr im Programm.

Und genau dies wird in den kommenden Monaten auch beim Format der Sensoren passieren. Viel hilft viel. Also sind größere Sensoren auch automatisch besser als weniger große. Noch vor wenigen Wochen (und ich meine wirklich ganz, ganz wenige Wochen) habe ich mit Fachleuten, die im Umfeld von Kameras ihren Lebensunterhalt bestreiten, darüber diskutiert, ob denn das Vollformat nun komme oder nicht. Beide Experten betonten, dass es nicht vernünftig wäre, im Consumer-Bereich (also bei Kameras für Otto-Normalverbraucher) auf KB umzusteigen. Beide meinten, dass das KB-Vollformat eine Domäne der professionellen Boliden bleiben werde.

Das Erscheinen der Nikon D700 straft nun aber diese Ansicht einen Irrtum. Nachdem Canon schon länger mit der 5D eine einigermaßen erschwingliche DSLR mit Vollformat im Programm hat, bedient nun auch der zweite Platzhirsch den Markt mit einer semiprofessionellen Kamera mit Vollbild. Sony wird sicher bald folgen.

Natürlich ist der Einzug des KB-Sensors in der semiprofessionellen Klasse nur der Anfang einer Entwicklung, an dessen Ende »alle« DSLR-Kameras einen Sensor im Format 36x24mm haben werden. Ausnahme könnte am Ende wohl einzig der Four-Thirds-Standard von Olympus und Panasonic sein.

Der Wechsel zurück zum KB-Standard dürfte schmerzhaft werden für alle – mich eingeschlossen –, die in den vergangenen Monaten für das kleinere Format optimierte Objektive gekauft haben. Neue Objektive werden langfristig unumgänglich sein, und für den Bestand der Optiken für die kleineren Sensoren wird der Gebrauchtmarkt wohl keine Spitzenpreise mehr zulassen.

Bleibt zu hoffen, dass sich am Ende wenigstens das KB-Format wieder als Standard über Marken- und Systemgrenzen hinweg etablieren wird, und wir vor allem innerhalb eines Systems wieder Optiken haben, die sowohl auf Einsteiger- wie auch auf Profikameras ihr Bestes geben.

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