Die Kunst die Guten von den Schlechten zu trennen

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8. Juli 2013
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2 Kommentare

Geht es um das Sichten und Aussortieren von Aufnahmen nach einem Shooting höre ich in Video-Workshops von und für Fotografen häufig, dass die besten Bilder auf den ersten Blick herausstechen. Bin ich so eine Ausnahmen, wenn das bei mir anders ist, oder flunkern die Trainer?

Ich glaube ebensowenig an das eine absolut herausragende Bild einer Foto-Session, wie ich glaube, dass es für Lösungen im Grafikdesign einen einzig richtigen Weg gibt, und jede andere Lösung zweitklassig wäre. Manche Kollegen scheinen das ihren Kunden weiß machen zu wollen, aber es gibt nun einmal nicht den einzig richtigen Weg – es führen zwar bei Weitem nie alle Wege nach Rom aber man kann auch nie nur einen einzigen gehen, um ans Ziel zu kommen.

Genauso ist das bei den Resultaten eines Shootings: Bei unterschiedlichen Aufnahmen ist nicht immer nur eines das Beste, sondern verschiedene Bilder können unterschiedliche Wirkung zeigen – da kann sowohl als auch gut sein, nur eben anders.

Was ich mich beim Aussortieren natürlich fragen muss, ist, ob zwei Bilder tatsächlich anders sind oder nur “more of the same”. Man kann von einer Blüte 20 Bilder machen und alle können etwa gleich gut sein, doch sie zeigen 20 Mal dasselbe. Dann muss ich mich von 19 Richtung Bildarchiv verabschieden und mich für eines entscheiden – nicht immer leicht, ich weiß. Mit »das beste sticht sofort heraus« kann dabei keine Rede sein. Oft muss man die Details sehr genau vergleichen um aus den gelungenen einen Sieger zu ermitteln.

Fotografiert man wandelbare und ausdrucksstarke Menschen, ist das noch schwieriger, denn verschiedene Aufnahmen vermitteln oft einen unterschiedlichen Ausdrucke, ohne dass es sich klar sagen ließe, dass einer eindeutig besser wäre als der andere. Sucht man nach einem ganz bestimmten Ausdruck, dann mag es sein, dass er einem ins Auge sticht, wenn man ihn sieht. Aber ich bin eher der ich-will-mal-schauen-was-passiert-Fotograf der meist nur eher eine Marschrichtung vor Augen hat, als ein klar definiertes Zeil.

Außerdem gibt es etwas, das ich subjektive Befangenheit nennen möchte. Oft arbeite ich während des Tages an einem Logo und verlasse das Büro am Abend mit dem Gefühl ganze Serien genialer Ideen produziert zu haben. Am nächsten Tag und einer Nacht des Darüber-schlafens sind meine Augen wohl etwas nüchterner und nicht selten werfe ich dann alles vom Vortag auf die Müllhalde. Oft dauert es Wochen bis sich eine relativierende Distanz eingestellt hat und ich mir ein abschließendes Urteil bilden kann.

Mit Fotos geht es mir ähnlich. Nach einem Shooting sind meine Augen unfähig zum objektiven Urteil. Da finde ich zunächst einmal alles toll. Je mehr Zeit vergeht desto größer wird die Distanz und umso leichter fällt es mir die Spreu vom Weizen zu trennen. Ideal wäre es Aufnahmen immer erst Wochen nach einer Foto-Session zu sichten und zu bewerten.

Antworten

  1. Oh ja, die subjektive Befangenheit kann sehr groß sein. Ich finde es oft schwierig, die eigenen Fotos zu bewerten. Dass eines auf den ersten Blick heraussticht, habe ich wirklich sehr selten erlebt. Da ich tagesaktuell arbeite, habe ich leider selten die Zeit für relativierende Distanz. Aber zum Glück stehen mir Blattmacher zur Seite, die bei der Fotobewertung helfen und denen ich oft die letzte Entscheidung überlasse.

    1. Ja. Das merke ich im Unterricht: Es ist viel leichter die Werke anderer zu beurteilen, als die eigenen. 🙂

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