Pro und Kontra Adobe Creative Cloud

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3. Juni 2013
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5 Kommentare

Ich habe bereits Gegenwind für meine Kritik an der Creative Cloud (an sich geht es nicht um Adobe oder die Cloud, sondern generell um Software-Abomodelle) erfahren. Ich weiß, dass meine Artikel frustdurchzogen sind, die Diskussion sollte allerdings sachlich geführt werden (man verzeihe mir aber, dass Ironie ein Grundzug meiner Persönlichkeit ist). Ich möchte einmal die Pros, die mir angetragen wurden, und meine Bedenken gegenüber stellen.

Pro Creative Cloud:

  • Für einen Teil der Anwender ist die Cloud günstiger, als die Kaufmodelle zuvor.
  • Es gibt keine Alternativen.
  • Bei Microsoft ist alles viel Schlimmer.
  • Wer Apple als positives Beispiel anführt hat unrecht.

Meine Kontras:

  • Das Gros der Anwender, so bin ich überzeugt, war bisher mit einem Paket, wie Creative Suite Standard, voll bedient – für die wird es teurer.
  • Upgradas kamen zuletzt schon viel zu schnell und brachten bei Photoshop und Illustrator kaum mehr nennenswerte Neuerungen – InDesign gewann in 5.5 noch viele Funktionen zum erstellen von E-Publikatonen. Sowohl in InDesign, als auch in Photoshop und Illustrator gab es einiges für mich, was mir besser gefällt, als zuvor. Doch Manches hätte man als Produktpflege ohne Preiszettel einfließen lassen können und der Produktzyklus hätte einfach länger sein dürfen. Was Adobe in relativ kurzen Abständen als CS4, CS5, CS5.5 und CS6 verkauft hat, dafür wäre eigentlich eine Vollversion angemessen gewesen. Man frage diesbezüglich nur die Leute, die heute noch gut mit CS3 arbeiten (als Autor wäre mir das übrigens auch lieber gewesen, denn du fragst dich schon ein bisschen, weshalb du nun schon jährlich ein neues Buch schreibst, wenn sich am Programm eh fast nichts mehr ändert – bereits bevor ich vom kompletten Umstieg auf Mietmodelle erfuhr habe ich mit meinem Verlag besprochen, dass ich eventuell aus dem Thema Photoshop aussteigen möchte).
  • Auch Heise schrieb schon, dass Adobe mit der Creative Cloud nur mehr so viel an der Software tun muss, um die Kunden nicht komplett zu vergraulen – der Umsatz fließt trotzdem kontinuierlich. Damit möchte ich Adobe nicht als böse hinstellen, sondern weise einfach auf eine betriebswirtschaftliche Tatsache hin. Wir können davon ausgehen, dass kein Konzern in Adobes Lage anders reagieren würde (und es liegt mir fern zu behaupten, dass sich Apple in der gleichen Position anders verhalten würde – Apple hat aber glücklicherweise kein Monopol).
  • Mit Upgrade-Modellen müssen Software-Unternehmen dem Kunden einen Anreiz liefern, Geld auszugeben – Innovation ist also Pflicht, auch wenn sie nicht mehr allzu groß sein muss, wenn man einen Markt absolut dominiert. Ein Nutzer, der in einem Upgrade zu wenig Nutzen sieht, muss es nicht kaufen und arbeitet mit seiner bereits erworbenen Lizenz weiter. Wer aus dem Abomodell aussteigt, hat keine Werkzeuge mehr um zu arbeiten.
  • Dass das Innvationspotenzial (oder der Willen zur Innovation – ich weiß es nicht) bei Adobe nicht mehr besonders groß ist, beweist Photoshop CC, und ich nehme an, dass es bei InDesign und Illustrator nicht anders ist. Wer InDesign, Illustrator und Photoshop CS6 hat und in CC einsteigt (ohne die weiteren Programme zu brauchen, auf die er dann natürlich zugreifen kann), bezahlt Miete für ein Produkt, das er bereits gekauft hat – einmal abgesehen von ein paar Polituren, die es anderswo als kostenlose Zwischen-Updates gibt.
  • Wer derzeit von der Creative Cloud profitiert, sollte sich überlegen, wie sicher er sich sein kann, dass das so bleibt. Es handelt sich um Mietverträge und, ohne das als Nicht-Jurist sicher sagen zu können, ich gehe davon aus, dass sich die Konditionen für eine Vertragsverlängerung vom Anbieter jederzeit beliebig ändern lassen. Wie groß ist da die viel beschworene Budgettierungssicherheit? Gibt es eine Garantie, dass sich die Konditionen langfristig (also über viele Jahre hinweg) nicht ändern werden? Bisher gab es die Sicherheit für ein Upgrade, das zu wenig bringt und zu viel kostet, kein Geld ausgeben zu müssen.
  • Ich nutze meine Software auf Desktop und Laptop und war dankbar, dass Adobe diese Möglichkeit in seinen Lizenzbedingungen einräumt – das machen zwar die meisten so, aber nicht alle! Ich habe auch Software, die ich pro Rechner bezahlen muss, und das begeistert mich auch nicht. Als CS-Nutzer habe ich die Sicherheit, dass das so bleibt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Adobe die Möglichkeit hat, dieses Recht für verkaufte Lizenzen nachträglich zu ändern. Aber welche Gewissheit haben CC-Anwender, dass diese Option auch bei zukünftigen Vertragsverlängerungen erhalten bleibt (und noch einmal: ich behaupte nicht Adobe ist böse, sondern verweise einfach auf betriebswirtschaftliche Tatsachen, zu denen unser Wirtschaftssystem börsennotierte Unternehmen quasi zwingt, egal ob die Adobe, Microsoft, Google, Apple oder Samsung heißen)
  • Was, wenn sich Software-Abomodelle durchsetzen und man müsste sämtliche Programme mieten? Ob das immer noch preiswerter wäre? Ich fürchte für keinen Teil der Anwender mehr! Und wenn es sich auch für Betriebssysteme durchsetzt, hat nur mehr Hardware, wer seine Abos kappen möchte (die Frage stellt sich übrigens auch für Software, wie Musik).
  • Warum ist Lightroom noch zu kaufen? Weil es Mitbewerber gibt? Was, wenn die Mitbewerber aufgeben? Geht Lightroom dann auch in die Cloud? Ein Abo für Lightroom würde bedeuten, dass jemand, der ein Abo wieder kündigen würde, seine Bibliothek nicht mehr öffnen könnte und seine einzige Möglichkeit, seine entwickelten Bilder zu behalten wäre es, sie vor der Kündigung des Abos als JPEG zu exportieren. Verschlagwortungen blieben erhalten. Doch die Struktur der Alben wäre natürlich mit dahin.
  • Mietsysteme laufen lebenslänglich – jedenfalls, wenn man das gemietete ein Leben lang nutzen möchte. Das heißt die Gebühren fallen immer an. Beim Kauf neuer Software lässt sich jederzeit ein Schlussstrich ziehen und man trotzdem – zuminest für ein paar Jahre – weiterarbeiten.

Wenn Apple abgerundete Ecken für iPhones und iPads patentieren lässt, dann halte ich das für ebensolchen Schwachsinn, als wenn die deutsche Telekom sich Magenta schützen lässt. Doch das Problem ist, dass, solange es die Möglichkeit gibt sich Schwachsinn, wie abgerundete Ecken, patentieren zu lassen, Apple fahrlässig wäre es nicht zu tun. Würde Apple nämlich das Patent nicht einfordern, könnte es ein anderer (Samsung?) tun und Apple-Geräte mit abgerudneten Ecken wären eventuell Geschichte.

Was ich damit sagen will ist (noch einmal!): Ich halte nicht Adobe für Böse. Adobe hat ein Monopol in einem bestimmten Markt und nutzt die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Ich glaube nicht, dass andere Unternehmen in derselben Situation besser wären (auch nicht Apple und ich hoffe zwar, dass Apple stark bleibt, aber auch, dass sie niemals ein Monopol gewinnen). Es ist das Wirtschaftssystem und das Ziel der Unternehmen: Nicht Kundennutzen, nicht Produkte, sondern Geld machen. Dem entsprechend entgegnete auch ein sichtbar entnervter Adobe-Mitarbeiter auf einer Vorstellung von Adobe CC vor Händlern, auf deren wiederholte Nachfrage nach dem Kundennutzen der Cloud, in meinen Augen recht unverblümt, dass es doch nicht um Kundennutzen gehe, sondern darum Produkte zu verkaufen. Blauäugig, wer glaubt, Wirtschaft funktioniere anders!

Vor diesem Hintergrund halte ich es nicht für Frevel neue Konzepte nach Nutzen und Konsequenzen zu hinterfragen.

Ich freue mich über sachliche Beiträge und bin auch gerne bereit weitere (echte) Pro-CC-Argumente in die Liste aufzunehmen – vielleicht liest ja ein Adobe-Mitarbeiter mit und kann den konkreten Nutzen von Adobe CC verständlich erklären – außer, dass man heute einfach in der Cloud sein muss. Ich ergänze aber natürlich auch um weitere Sorgen und Bedenken.

Antworten

  1. Unsere Antwort: Wir „saugen“ uns mit älteren Rechnermodellen voll, lagern sie und setzen sie bei Bedarf ein. So hoffen wir das Thema Cloud „auszusitzen“ zu können bzw. dass sich eine echte Alternative eröffnet.

    Für starke Konkurrenz sind Tür und Tor geöffnet!

  2. Danke Markus, du sprichst mir absolut aus der Seele. Darüber hinaus ist es mir vielmehr noch ein Rätsel, dass hier nicht gegen Recht verstoßen wird.
    Adobe nutzt seine Monopolstellung rücksichtslos aus – das wahre Gesicht kommt zum Vorschein. Man kann es kurz zusammenfassen, sie wollen nur unser Bestes: Unser GELD!!!!
    Was ich gar nicht verstehen kann, dass manche diese vollkommene Gängelung des Kunden auch noch gutheißen. Was wäre wohl, wenn plötzlich Autokonzerne beschließen würden, keine Autos mehr zu verkaufen sonder nur mehr zu verleasen? Es gibt ein Recht auf Eigentum – und das will ich mir einfach nicht nehmen lassen.
    Mir kann die Cloud ebenso wie Adobes neues „Geschäftsmodell“ gestohlen bleiben!

  3. Tja, und vorher hatten sie schon längst Aldus und damit PageMaker übernommen. Übrigens Aldus war so „sozial“ eingestellt, dass sie unserer Kirchengemeinde eine PageMaker-Version gestiftet haben. Hut ab.
    LG
    Andreas

  4. Du beschreibst haargenau das, was mich umtreibt, seit ich ich von dem Zwang zum Adobe Mietmodell gelesen habe.
    Interessant finde ich, dass sich einige Seiten zur Digitalfotografie, die ich des öfteren besuche, auffällig zurückhalten, was den Proteststurm im Internet gegen die Cloud angeht.
    Gruß
    Andreas

    PS: Du hast Dich ja schon in der Vergangenheit kritisch gegenüber bestimmten Strategien von Adobe geäußert. Als totaler InDesign- und Photoshop-Fan hab ich das damals nicht recht nachvollziehen können. Nach Einführung der Cloud seh ich das heute anders.

    1. Ich »liebe« die Programme noch immer, das macht die Situation noch bitterer. Die Frage ist halt, wie weit geht man einen Weg mit, und ab wann sagt man, das geht mehr jetzt zu weit? Natürlich wären 50 Euro Netto im Monat zu verkraften. Ich war ja auch mit dem Kopf schon halb in der Cloud. Bis eine Frage nach der anderen die Zukunft betreffend aufgetaucht ist. Und mir fehlt das Vertrauen, dass Adobe – oder irgendein anderes Unternehmen – vor allem den Nutzen der Kunden im Sinn hat.
      Dass sich die Dinge für Adobe-Kunden nicht zum besten entwickeln würden, wurde mir im April 2005 schlagartig klar, als ich über die Nachrichten erfuhr, dass Adobe Macromedia übernimmt. Dadurch hat Adobe ein Branchen-Monopol erreicht und ich wurde vom Fan zum kritischen Beobachter. In meinen Augen hätte eine Wettbewerbsbehörde einschreiten müssen. Aber ich glaube dafür ist die Publishing-Branche wohl nicht wichtig genug.

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