Neue Wege

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1. Juni 2013
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3 Kommentare

Wie ihr seht, liebe Leser, gibt es wieder etwas, das mich beschäftigt: Adobes Produktpolitik. Jahre lang war es meist ruhig in meinem Blog, weil ich nicht die Zeit fand ihn zu pflegen (hätte ich im Moment eigentlich auch nicht) und weil ich das, was mir unter den Nägeln brannte, in Büchern festhalten konnte.

Ich habe, wie bereits beschrieben, einen generellen Widerwillen dagegen mich zu etwas zwingen zu lassen. Was mich aber an der Creative Cloud zusätzlich beschäftigt ist die Frage ob ich in Zukunft noch so viel unterrichten werde, wie heute, wenn sich das am Ende auf Grund der Kosten für die Cloud nicht mehr rechnet. Es ist ein nicht unerheblicher Teil meines Umsatzes, den ich verlieren würde, hat aber damit zu tun, dass mir das Unterrichten viel Freude bereitet. Vor allem der Wegfall unseres Werbelehrgangs, der dann ja auch davon betroffen wäre, wäre schmerzhaft für mich, denn es hat in den letzten Jahren viel Spaß gemacht die Teilnehmer zu begleiten.

Ich will noch einmal die Hauptgründe skizzieren, die für mich gegen einen Beitritt zur Creative Cloud sprechen:

  1. Die Creative Cloud gibt Adobe die Möglichkeit in Zukunft beliebig an der Preisschraube zu drehen. Man kann argumentieren, dass Adobe das bisher auch schon konnte. Nur war es bislang so, dass der Kunde nicht kaufen musste, wenn ihm der Preis für Neuerungen in einer neuen Version unangemessen hoch erschien. Das Cloud-Abo kann man zwar auch beenden, man hat dann aber keine Werkzeuge mehr in der Garage. Wer auf das Upgrade eines Kaufprogramms verzichtet hat seine Werkzeuge trotzdem noch. In meinen Augen wäre es schlicht und einfach dumm mich einem solchen Deal auszuliefern – da kann ich rechnen wie ich will.
  2. Mit der Creative Cloud hat Adobe keinen Grund mehr in Innovationen zu investieren. Genau genommen wäre Adobe betriebswirtschaftlich gesehen sogar dämlich Mitarbeiter dafür zu bezahlen – die Umsätze fließen auch ohne! Mehr als ein bisschen Produktpflege ist nicht notwendig. Anstrengen müsste man sich nur für den Fall, dass ein Mitbewerber aufkommen könnte – sofern er sich nicht durch Aufkaufen beseitigen ließe. In meinen Augen wäre es dumm für etwas zu bezahlen für das ich keine Gegenleistung erhalte.
  3. Würde ich jetzt bei Adobe CC einsteigen, würde ich tatsächlich in Zukunft Miete für etwas bezahlen, das ich schon letztes Jahr kaufte. Photoshop bietet keine nennenswerten Neuerungen und soweit ich gesehen habe wird auch InDesign nichts enthalten, das mir 50 Euro im Monat werd ist. Von Illustrator erwartete ich das ohnehin nicht.

Aber was ist die Alternative zu Adobe CC?

Für mich im Moment als erster Schritt einmal Apple Aperture. Adobe bietet Lightroom noch als Produkt an, das sich kaufen lässt. Fragt man sich weshalb Lightroom nicht auch in der Cloud gelandet ist, drängt sich auf, dass es damit zu tun haben könnte, dass dem Kunden bei Werkzeugen zur RAW-Entwicklung tatsächlich gleichwertige Alternativen zur Verfügung stehen: Neben Apple Aperture auch Capture One Pro, DxO Optics und After Shot Pro, um nur ein paar zu nennen. Diese Programme sind zwar nicht identisch mit Lightroom – Gott sei Dank! –, bieten hier ein bisschen mehr, da ein bisschen weniger, aber unterm Strich sind es Konkurrenten auf Augenhöhe.

Ich weiß, dass viele Anwender Aperture nicht ernst nehmen. Ich für meinen Teil kann hingegen Lightroom nicht ernst nehmen. Keine Individualisierbarkeit des Arbeitsbereichs, viel zu wenig Shortcuts, keine Möglichkeit Shortcuts zu editieren, Farbmanagement brauchte bis in die Version 4 um Eingang zu finden und ist immer noch etwas seltsam integriert, die Oberfläche ist verspielt und platzverschwenderisch gestaltet und immer wieder vernehmen ich, dass es zäh und langsam sein soll. Für ich wirkt das alles nicht gerade professionell.

Ich will damit nicht ausdrücken, dass ich Lightroom für schlecht halte – seit der Version 4 ist die RAW-Entwicklung mit Aperture praktisch auf Augenhöhe. Wer nicht glauben kann, dass Aperture in mancherlei Hinsicht Lightroom überlegen war, sollte sich diesen Vergleich einmal ansehen. Und Aperture ist noch immer besser im Wiederherstellen von Lichtern und Schatten als Lightroom.

Bei alle dem frage ich mich, wie andere Profis mit diesen Einschränkungen leben können: Arbeiten Sie lieber mit der Maus und brauchen deshalb weniger Shortcuts? Arbeiten sie nicht auch gelegentlich am Laptop mit einem recht kleinen Monitor? Stimmt ihr Workflow zufällig mit dem strikten User-Interface von Lightroom überein oder verbiegen Sie sich einfach ihren Workflow an die Vorstellungen von Adobe anzupassen? Ist ihnen Farbmanagement egal oder sind sie es gewohnt ohnehin jedes Bild über Photoshop auszugeben, wo Farbmanagement ja professionell integriert ist?

Nun: Oft wird die Antwort lauten, dass ihre Plattform Windows heißt und da gibt es kein Aperture. Heißt aber nicht, dass es keine anderen Alternativen gäbe. Wahrscheinlich sogar mehr, als am Mac.

Aperture als Spielzeug abzutun zeigt lediglich, dass man einem Vorurteil folgt, zu den Leuten gehört die einfach dem gängigen Trend folgen Apple grundsätzlich nicht zu mögen, oder das Programm einfach nicht in der Tiefe getestet hat. Zwar vermisse ich eine Objektivkorrektur und das Geraderichten stürzender Linien, aber dafür hat das Produkt so viele Vorzüge, dass ich immer wieder gerne damit arbeite. Gerade aktuell lasse ich tausende, alter, unbearbeiteter RAWs von der automatischen Korrektur (die ich selbst etwas an meine Vorstellungen angepasst habe) entwickeln und bin irgendetwas zwischen beeindruckt und beängstigt wie gut die Resultate werden.

Für mich steht nun die Überlegung im Raum für Aperture eine Lanze zu brechen indem ich das Programm zu einem Schwerpunkt in meinem Blog mache und vielleicht sogar wieder einen Podcast starte – zu Aperture. Zu schade wäre es, wenn Aperture so viele Marktanteile verlieren würde, dass Apple das Produkt einstellt. Würden andere Mitbewerber diesem Beispiel folgen hätte Adobe auch für Lightroom das Monopol erreichen. Wie lange würde es noch dauern, bis auch es nur mehr in der Cloud zu mieten wäre?

Tatsächlich sieht es bei Alternativen zu InDesign und Photoshop düster aus. Illustrator könnte ich vielleicht am leichtesten durch einen Mitbewerber ersetzen.

Wünschen würde ich mir, dass Apple mit Konkurrenzprodukten zu Adobes Gestaltungsprogrammen antritt. Jetzt, wo doch sehr viele von Adobes Politik frustriert sind, wäre es die Chance wieder Boden bei den Gestaltern gut zu machen. Leider glaube ich nicht, dass Apple das tun wird. Ich glaube nicht, dass man in Cupertino auf Adobes Angriff auf die Bedürfnisse der Kunden vorbereitet war und bereits etwas im Petto hat. Eine Entwicklung würde sicher dauern und bis dahin wäre der Frust der Adobe-Kunden vielleicht wieder etwas abgebaut – man fügt sich mit der Zeit ja in sein Schicksal. Ich glaube auch nicht, dass Apple großes Interesse an diesem Markt hat, da man viel Geld mit dem Vertrieb der eigenen Hardware und dem Handel mit Software anderer (Apps, Musik, Bücher) verdient. Am Ende glaube ich auch nicht, dass ein Engagement von Apple von Erfolg gekrönt wäre, denn Apple hat keinen Fuß im Windows-Betriebssystem. Ein Herausforderer muss aber auf Mac und Windows zuhause sein.

Eine Chance für ein neues, innovatives Software-Unternehmen! Allerdings glaube ich nicht, dass ein Angriff auf Adobe mit einem Produkt gelingen kann, das denselben Ansatz verfolgt, wie Adobe mit den Produkten ihrer Creative Cloud – formerly known as Creative Suite. Das würde nur zu permanenten Vergleichen mit den Vorbildern führen, man würde wohl meist den kürzeren ziehen, was den Funktionsumfang anbelangt (auch wenn es dabei dann um Funktionen ginge, die ohnehin keiner braucht) und selbst wenn man einem Vergleich standhalten könnte, hätte Adobe genug Power seine Maschinen hochzufahren, alle Türen zu verrammeln und dem Mitbewerber den Garaus zu machen.

Ein Herausforderer müsste mit einem ganz neuen Konzept antreten. Mir fällt dazu das Open-Doc-Konzept ein, das in den 1990ern einmal im Gespräch war. Dabei ging es um die Idee, dass nicht mehr Werkzeuge im Mittelpunkt stehen, mit denen man Dokumente bearbeitet, sondern, dass man Dokumente hat und sich zur Bearbeitung die notwendigen Werkzeuge (kleine Tools) besorgt. Das mag nicht anders klingen, als das, was wir heute machen, ist aber ganz anders. Statt ein Bild in Photoshop zu bearbeiten, ein Logo in Illustrator zu erstellen und Texte in Word zu schreiben und das ganze in InDesign zusammenzubauen, würde man ein Dokument in einer Textbearbeitung schreiben, dieses Dokument dann mit Layout-Werkzeugen bearbeiten, Bilder einfügen und direkt mit Bildbearbeitungswerkzeugen einstellen und auch Grafiken im selben Dokument bearbeiten können.

Ich will damit nicht sagen, dass ein solches Open-Doc-Konzept eine erfolgreiche Alternative gegen Creative Cloud sein könnte und kann auch nicht sagen, ob das so machbar wäre. Ich will nur aufzeigen, dass eine kreative Werkzeugekiste auch völlig anders denkbar wäre, als die Creative Suite. Und mit so einem völlig anderen Ansatz könnte ein Unternehmen, wenn er wirklich clever ist, gegen Adobe antreten und hätte eine Chance. Ein wirklich innovativer, neuer Ansatz, der zu mehr Effizienz und einfacherer Bedienbarkeit führen würde, dabei aber mit gängigen Technologien konform laufen würde, würde Adobe in Bedrängnis bringen, denn Adobe hat kaum eine Chance das Konzept der Creative Suite/Cloud kurzfristig anzupassen um auf eine solche Attacke zu kontern. Aufgestauter Frust würde die Anwender scharenweise zu einer solchen Alternative überlaufen lassen.

Spinne ich? Bin ich unrealistisch?

Wer hätte Mitte der 1990er Jahre gedacht, dass Microsoft seine absolut marktbeherrschende Stellung verlieren und schon wenige Jahre später oft gar nicht mehr genannt würde, wenn es um die wichtigsten IT-Konzerne geht (heute werden oft eher Google, Facebook und Apple, manchmal auch Amazon genannt).

Wer hätte gedacht, wie schnell Yahoo seine Dominanz gegen ein aufstrebendes Unternehmen wie Google verlieren könnte?

Die Dinge ändern sich oft schneller, als irgendjemand sich das vorstellen kann. Und was heute noch unabänderlich scheint, kann, vor allem in der IT-Branche, morgen schon wieder ganz anders aussehen.

Wer in der Kreativ-Branche hätte zum Beispiel auch Ende der 1990er Jahre gedacht, dass es einem Unternehmen gelingen könnte Quark vom Thron der Layout-Programme zu stoßen. Zwar erhielten Gerüchte über ein Engagement Adobes in diesem Bereich Zustimmung, doch als InDesign veröffentlicht wurde, gaben ihm nicht Viele eine Chance.

Ich war damals frustriert von Quark. Fast so frustriert wie heute von Adobe. Ich war damals übrigens auch so etwas wie ein Adobe-Fan. Adobe war bei mir genauso angesehen wie Apple. Entgegen allen Unkenrufen, man könne mit InDesign nicht arbeiten, habe ich es trotzdem getan. Hätten wir, die wir damals die Konsequenz hatten etablierte Trampelpfade zu verlassen, keine Alternativen gewagt, würden die, die heute behaupten es gäbe keine Alternative zu InDesign, gar nicht damit arbeiten.

Es wird wohl Zeit, dass die, die sich nicht einfach mit dem Status Quo zufrieden geben, wieder nach Alternativen Ausschau halten, damit der Mainstream nicht auf Dauer der Entwicklunsstagnation und der Abzocke eines Unternehmens ausgesetzt bleibt. Die Situation war damals mit Quark auch so. Das Unternehmen drehte mehr und mehr an der Preisschraube und lieferte weniger und weniger an Innovation. Weshalb auch anders, wenn man ein Monopol hat?

Antworten

  1. Ich bin ja nun seit über zwei Jahrzehnten in der Software-Branche tätig und immer wieder bewahrheitet es sich: Kunden wechseln die Software nicht, weil es eine neue tolle Software gibt, sondern sie wechseln, weil sie mit der alten Software bzw. dem Hersteller extrem unzufrieden sind.
    Solange Adobe’s Kunden noch halbwegs zufrieden mit Adobe waren, hatte kein Konkurrenz-Programm eine Chance. Erst dadurch, dass Adobe sich die Kunden quasi vergrault gibt es auf dem Markt wieder echte Chancen für andere Hersteller.
    Einerseits ja doof, andererseits eröffnet das wie gesagt die Chance auf neue Software.

    Diese Phasen mit der Trennung von was altem und die Chance auf was neues sind immer die spannendsten. Und solange kann man mit seinen Kaufversionen ja noch arbeiten.
    Manche Software-Firma hat sich dann bei erscheinen ernstzunehmender Konkurrenz auch berappelt und wieder angefangen auf die Kunden zu hören (Microsoft hat das mehrfach geschafft), was auch nur gut für die Kunden ist.

    1. »Diese Phasen mit der Trennung von was altem und die Chance auf was neues sind immer die spannendsten.« – gefällt mir! 🙂

    2. Microsoft ist übrigens eine schönes Beispiel: Ohne Linux, OpenSource und Apple würden deren Kunden das Betriebssystem jetzt auch mieten müssen. Ohne Alternativen verlieren immer die Kunden.

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