3.10. Belichtungsmodi

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16. Dezember 2011
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1 Kommentare

Fotoschule onLine - Kreative Digitalfotografie verständlich erklärt

Kameras für ambitionierte Fotografen stellen in der Regel drei verschiedene Programme für die Belichtungsautomatik und einen ­Modus zur manuellen Belichtungseinstellung zur Verfügung. Die Bezeichnungen und Abkürzungen der verschiedenen Hersteller unterscheiden sich wieder einmal etwas.

  • Programmautomatik | Wird bei allen mir bekannten Kameras mit ›P‹ abgekürzt.
  • Blendenvorwahl | Die Blende wird vorgewählt, die Kamera regelt die Zeit automatisch. Deshalb wird dieser Modus manchmal auch als Zeitautomatik bezeichnet. Die Abkürzungen lauten ›A‹ für ‘Aperture’ (englisch für ›Blende‹) oder ›Av‹ für ‘Aperture Value’ (›Blendenwert‹).
  • Zeitvorwahl | Die Zeit wird vorgewählt und die Kamera regelt die Blende automatisch. Hier spricht man deshalb manchmal von Blendenautomatik. Die üblichen Abkürzungen sind ›T‹ oder ›Tv‹ für ‘Time Value’ (›Zeitwert‹) oder ›S‹ für ‘Shutter’ (›Verschluss‹, also auf die Verschlusszeit bezogen).
  • Manuell | ›M‹ steht bei allen mir bekannten Modellen für manuelle Einstellung.

Programmautomatik

Die meisten Digitalkameras – angefangen von der günstigsten Kompaktkamera bis hin zur professionellen DSLR – bieten in der Regel einen Auto- und einen Programm­modus.

Auto | Der vollautomatische Modus ›Auto‹ nimmt dem Fotografen in der Regel jede Einstellungsentscheidung ab. Wenn es die Kameraelektronik für erforderlich hält zu blitzen, klappt sie den Blitz auf und sorgt bei der Aufnahme für zusätzliches Licht. Blitzen oder nicht Blitzen ist für mich allerdings eine zu essenzielle Frage, als dass ich die Entscheidung der Elektronik einer Kamera überlassen möchte. Deshalb kommt der Auto-Modus für mich nicht in Frage.

Programm (P) | In Programm (P) balanciert die Elektronik der ­Kamera die Blende und die Belichtungszeit automatisch aus, um zu einer möglichst sicheren und optimalen Belichtung ohne Verwackelung zu kommen. Dazu wird sie versuchen die Belichtungszeit so kurz wie möglich zu halten, wenn möglich ohne die Blende vollständig aufzureißen. Eine maximale Blendenöffnung würde zwar die kürzest mögliche Belichtungszeit bedeuten, doch die Schärfen­tiefe könnte dabei kürzer ausfallen, als es dem (ungeübten) Fotografen lieb wäre. Außerdem erinnern wir uns, dass viele Objektive bei maximaler Blendenöffnung nicht mehr ihre maximale Abbildungsschärfe er­reichen. Die Kamera wird deshalb versuchen die Blende im mittleren Bereich, zwischen ƒ 5.6 und ƒ 8, zu halten. Nach meiner Erfahrung berücksichtigt die Elektronik dabei auch, dass die Belichtungszeit nicht länger als der Kehrwert der Brennweite ausfällt, um nicht zu verwackeln.

Programmverschiebung | Viele Kameras erlauben in ›Programm‹ das Shiften der vom Programm ermittelten Belichtungseinstellungen. Das bedeutet, dass die Programmautomatik für eine bestimmte Szene eine bestimmte Kombination aus Blende und Belichtungszeit vorschlägt, der Fotograf allerdings die Möglichkeit nutzt diesen Vorschlag zu verändern. In der Regel wird zu diesem Eingriff an einem der Einstellräder der Kamera gedreht. Die Kamera öffnet je nach Richtung, in die der Benutzer dreht, die ­Blende und verkürzt die Belichtungszeit, oder schließt die Blende und erhöht die Zeit. An der Belichtung selbst ändert sich dadurch nichts; nur das Verhältnis Zeit/Blende verschiebt sich. Man bezeichnet es deshalb auch als Programmverschiebung.

Blendenvorwahl

Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Gros der Fotografen überwiegend im Modus Blendenvorwahl fotografiert. Gehen wir von ­unserem ›Vier Schritte‹-Konzept aus, ist das auch logisch: Zuerst wird durch Blickwinkel, Distanz und Brennweite die Perspektive gestaltet, dann wird über die Blendeneinstellung die Schärfentiefe, die sich aus Distanz und Brennweite ergeben hat, dem ­Motiv entsprechend angepasst. Die Kamera übernimmt die Berechnung und Einstellung der Zeit zur optimalen Belichtung automatisch.

Zeitvorwahl

Im Modus Zeitvorwahl gibt der Fotograf, wie der Name schon sagt, die Belichtungszeit vor, und die Kamera passt die Blendenöffnung für die Belichtungszeit an. Sie wird vor allem dort eingesetzt, wo ein bestimmter Effekt mit Bewegung erzielt werden soll. Zum Beispiel, wenn man einen Sportler durch eine sehr kurze Belichtungszeit sicher einfangen will, oder wenn man ein Fahrzeug durch Mitziehen vor verwischtem Hintergrund abzubilden gedenkt.

Manueller Modus (M)

Im manuellen Modus nimmt der Fotograf die Zügel der Belichtung in die eigenen Hände. Er definiert die Blendenöffnung und die Belichtungs­­zeit. Klingt kompliziert und anspruchsvoll. Tatsächlich ­jedoch kann man sich auch hier von der Belichtungsmessung der Kamera unterstützen lassen, und dann ist es eigentlich gar nicht mehr kompliziert.

Sucher Manuell Lichtwert-Skala im Sucher.

Die Abbildung oben zeigt noch einmal einen Blick durch einen ­Sucher. Die Lichtwert-Skala zeigt für die aktuelle Lichtsituation bei der derzeitigen Einstellung von Zeit ① und Blende ② (und ISO) eine Überbelichtung von +1 Lichtwert an ③. Der Fotograf kann nun die Belichtungseinstellung um –1 LW korrigieren. Zur Auswahl stehen für diese Korrektur, die Blende um –1 Schritt auf ƒ 5.6 zu schließen, die Belichtungszeit um –1 Lichtwert von 1/60 auf 1/120 ­Sekunde zu verkürzen (in der Praxis 1/125) oder den ISO-Wert um einen –1 ganzen Schritt zu verringern. Oder man entscheidet sich für einen beliebigen Mix aus zwei oder drei dieser Parameter. Normaler Weise stehen ja Drittel-Lichtwert-Schritte für Blende, Zeit und ISO zur Verfügung.

Doch warum sollte man sich die Mühe antun diese Einstellung mit menschlicher Geschwindigkeit von Hand vorzunehmen, statt sie von der Kamera mit elektronischer Geschwindigkeit auto­matisch ausführen zu lassen?

Für mich gibt es vor allem zwei gute Gründe: Erstens kann ich als Fotograf individuell und kreativ entscheiden, ob ich für exakt die Situation vor meinen Augen ein besseres Ergebnis erziele, wenn ich die ­Blende ändere, wenn ich die Zeit ändere, oder wenn ich die Empfindlichkeit ändere.

Manueller Modus bei konstantem Licht | Zweitens brauche ich bei konstanten Lichtbedingungen nicht vor jeder Aufnahme neu ­messen. Oft sind die Lichtbe­dingungen während eines Foto-­Shootings weitgehend konstant. Das gilt für Fotosafaris unter freiem Himmel und noch viel mehr für die Arbeit im Studio. Das heißt, wenn einmal eine optimale Belichtungseinstellung für die Lichtsituation ­getroffen worden ist, kann ich mit derselben Einstellung weiter foto­grafieren, bis sie sich wieder deutlich ändert.

Eine fixe Einstellung für die Belichtung ist vor allem im Studio ein großer Vorteil. Das Licht sollte dort ja absolut konstant sein, bis die Beleuchtung verändert wird. Mit einer einzigen, konstanten Belichtungseinstellung über eine gesamte Serie hinweg fallen alle Ergebnisse absolut gleich hell aus. Das erleichtert vor allem auch das Kopieren von Entwicklungseinstellungen von einem Bild auf die anderen bei der Entwicklung in der digitalen Dunkelkammer.

Doch nicht nur im Studio ist eine gleich bleibende Belichtungseinstellung von Vorteil. Auch beim Fotografieren im Freien. ­Arbeitet man mit einer automatischen Belichtungseinstellung, egal ob Blendenvorwahl, Zeitvorwahl oder Programm, dann misst und bewertet die Kamera die Lichtsituation vor jeder Aufnahme neu.

Neigt man die Kamera bei Landschaftsaufnahmen und in ähnlichen Situationen etwas nach oben, kommt ein großer Ausschnitt des fast immer hellen Himmels ins Bild. Die Kamera wird die helle ­Vorlage ausgleichen, indem sie eine dunklere Belichtungseinstellung wählt.
Neigt man die Kamera eher nach unten, dann dominiert die Landschaft im Bildausschnitt, und die ist deutlich dunkler als der Himmel. Die Kamera wird also eine hellere Einstellung wählen, um zu einer neutralen Belichtung zu gelangen.

Tatsächlich aber sollten beide Aufnahmen mit exakt derselben Belichtungseinstellung zu einer weitgehend optimalen Belichtung führen. Im manuellen Modus erhält man also konstantere Resultate als im Automatikbetrieb. Darüber hinaus lässt sich die Belichtungsautomatik auch einmal von einer ungewöhnlichen Lichtsituation in die Irre führen. Im manuellen Betrieb kann höchstens der Fotograf in die Irre geführt werden.

M, der Modus für Einsteiger | Es mag seltsam klingen und im ­Gegensatz zu dem stehen, was wohl viele andere Fotografen ­einem Einsteiger empfehlen würden. Ich rate, wenn man ­Einsteiger ist, sich zumindest eine gewisse Zeit auf den ­manuellen Modus zu konzentrieren. Allerdings nur dann, wenn man für die Auseinandersetzung mit den Einstellungen Zeit hat und niemand auf einen wartet und die Motive nicht davon laufen. Man lernt ­dadurch einfach am meisten über Fotografie. Wenn der Umgang mit Blende, Zeit und ISO einmal in Fleisch und Blut über gegangen ist, spricht nichts dagegen einen anderen Modus zum eigenen Standard zu erklären. Doch Souveränität im Umgang mit Ihrer ­Kamera lernt man manuell am besten.

Der Inhalt dieser Online-Fotoschule ist in erweiterter Form auch als Buch erhältlich:
»Die kreative Fotoschule – Fotografieren lernen mit Markus Wäger«
Rheinwerk-Verlag 2015, 437 Seiten, gebunden, komplett in Farbe
ISBN 978-3-8362-3465-8
Buch: 29,90; E-Book: 24,90
Weitere Informationen und Demokapitel auf der Website des Verlags;
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Antwort

  1. Nicht zu vergessen den Modus „Auto ohne Blitz“. 😉
    Sehr beliebt bei Anfängern wie mir.

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