2.3. Sensorformat und Schärfentiefe

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11. März 2011
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2 Kommentare

Fotoschule onLine - Kreative Digitalfotografie verständlich erklärt

Über das Sensorformat habe ich bereits ausführlicher im Artikel ›Formatfaktor‹ geschrieben. Bereits dort habe ich vorweg genommen, dass das Format des Sensors nicht nur die Perspektive beeinflusst, sondern auch die Schärfentiefe. Je geringer das Sensorformat, desto höher die Schärfentiefe bei vergleichbarer Brennweite und Blende.

Je geringer das Sensorformat, desto größer die Schärfentiefe.

Bezogen auf die Makrofotografie kann das ein Nachteil von SLR-Kameras gegenüber Kompaktkameras sein. Die folgenden Abbildung zeigt eine Aufnahme mit einer digitalen Kompaktkamera. Die technische Qualität der Aufnahme ist nicht brillant, aber die Biene ist sauber von oben bis unten und von vorne nach hinten ab­gelichtet worden. Eine ähnliche Aufnahme mit SLR-Kamera benötigt zunächst einmal ein spezielles Makro-Objektiv. Normale Objektive für SLRs erfordern einen Mindestabstand von einigen Zentimetern bis zu einem Meter um scharf stellen zu können.

Bienescharf So eine detailreiche Abbildung ­eines Insekts stellt für die meisten Kompaktkameras kein Problem dar. Dank der winzigen Bildsensoren fällt die Schärfentiefe selbst auf kürzeste Distanz und bei offener Blende extrem hoch aus. Hier war eine Sony T1 bei Brennweite 6,7mm (38mm KB) und Blende ƒ5.6.

Hat man doch ein Objektiv, mit dem man nahe genug an ein Makro-Motiv herankommen kann, dann muss man meist mit relativ weit geöffneter Blende fotografieren, damit die Belichtungszeit lang genug ausfällt um unverwackelt und ohne Bewegungsunschärfe fotografieren zu können. Durch die offene Blende wird aber die Schärfentiefe gering und man bringt keine durchgehend scharfe Darstellung des kleinen Hauptdarstellers mehr zustande.

Biene unscharf Schnappschuss mit der Nikon D80 und Sigma 17–70mm F2.8–4.5 DC Macro bei 70mm Brennweite (105 mm KB) und Blende ƒ4.5. Der Fokus sitzt etwas zu weit vorne – auf der Blüte, statt auf den Augen. Die Schärfentiefe fällt kurz und entsprechend reduzierten Details aus. Bessere Makroaufnahmen sind mit SLR mit Aufwand verbunden.

Ambitionierte Makrofotografen, die Ihre Motive nicht in einer Wolke an Unschärfe versinken lassen wollen, fotografieren deshalb oft mit speziellen Makroblitzen und kleiner Blendenöffnung und erreichen dadurch (verhältnismäßig) hohe Schärfentiefe und dennoch ausreichend kurze Belichtungszeiten.

Kaefermakro Makroaufnahme mit der Nikon D700 und dem AF-S VR Micro-­Nikkor 105 mm 1:2.8 G IF-ED bei Blende ƒ18 bei ISO 800 (damit der Hintergrund nicht zu dunkel ausfällt) unter Zuhilfenahme eines Makro-Blitzes. Die Abblendung auf ƒ18 führt zu hoher Schärfentiefe und detailreicher Abbildung des Marienkäfers von vorne bis hinten.
SB R200 Makrofotografen setzen oft spezielle Makroblitze ein. Meist ist das ein Aufsatz, der vorne am Filtergewinde des Objektivs befestigt wird. Solche Blitze sind übrigens auch gut für Porträts geeignet und setzen schöne Glanzpunkte in die Augen.

Kompaktkameras haben fast immer relativ kleine Bildsensoren. Das heißt sie neigen dazu, eine sehr weite Schärfentiefe abzubilden. Während die automatisch hohe Schärfentiefe dieser Apparate bei Makroaufnahmen durchaus ein Vorteil sein kann, ist es bei Porträts fast immer ein Nachteil. Während man mit mittelgroßen und großen Sensorformaten von SLRs und anderen Systemkameras Hintergründe vollständig verschwimmen lassen und damit störende Elemente praktisch unkenntlich machen kann, bieten die kleinen Sensoren diese Möglichkeit kaum.

Grosser sensor
Es liegt vor allem an den größeren Sensoren der SLRs, dass man mit ihnen ganz locker ein Ergebnis erzielt, bei dem der Hintergrund völlig unscharf und flauschig weich ist und nicht mehr vom Modell ablenkt.
Hier im Gegensatz dazu eine Aufnahme mit Kompaktkamera: Auch bei 105 mm Brennweite und kürzester Distanz werden die Gebäude im Hintergrund scharf genug abgebildet, um störend zu wirken. Bei ­dieser Aufnahme könnte man ­zumindest einwenden, dass der Blick ins Dorf zur Bildaussage ›­Modell blickt ins Dorf‹ führen könnte.

Um mit einer Kompaktkamera trotzdem ansprechende Porträts zu verwirklichen, gilt es ein paar Dinge zu beachten:

  • Den Hintergrund sorgfältig aussuchen. Grundsätzlich gilt, je ruhiger, desto besser. Aber Achtung! Eine weiß getünchte Wand ist zwar auch ruhig, wirkt aber wahrscheinlich so steril und sachlich, dass das Porträt dadurch trotzdem verunglückt ausfallen könnte.
  • Helle Hintergründe sollten eher gemieden werden, da Helligkeit mehr Aufmerksamkeit anzieht, als dunkle Bereiche.
  • Längere Brennweiten sind besser, da sie zu geringerer Schärfentiefe führen als kurze Brennweiten. Allerdings bleibt dabei zu beachten, dass sehr lange Brennweiten nicht unbedingt die perfekten Porträt-Brennweiten sind (siehe auch ›Fotografische Genres und die geeignete Kamera‹).
  • Blende so weit als möglich öffnen.
Kleiner sensor
Die Fähigkeit Hintergründe durch Unschärfe quasi auszublenden fehlt fast allen Kompaktkameras. Mit sorgfältig gewähltem Hintergrund und langer Brennweite sind ansprechende Porträts dennoch möglich.
Der Inhalt dieser Online-Fotoschule ist in erweiterter Form auch als Buch erhältlich:
»Die kreative Fotoschule – Fotografieren lernen mit Markus Wäger«
Rheinwerk-Verlag 2015, 437 Seiten, gebunden, komplett in Farbe
ISBN 978-3-8362-3465-8
Buch: 29,90; E-Book: 24,90
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Antworten

  1. Hi,

    ein schöner Artikel über Sensorgrößen und Schärfentiefe. Eine Sache die nicht jeder beachtet, und man sich dann fragt warum sieht ein Portrait mit einer Kompaktkamera bei gleichem Bildausschnitt so anders aus als mit einer guten SLR?
    Diesem Thema habe ich mich auch in meinem Blog kürzlich gewidmet und dazu auch einen schönen Artikel auf dem Blog von neunzehn72.de gefunden.

    Hier gehts zu meinem Artikel:
    http://www.felixmayr.com/blog/canon-eos-d7-oder-mark-ii/
    Und hier zu dem Artikel von neunzehn72:
    http://neunzehn72.de/warum-35-mm-an-crop-nicht-50-mm-an-vollformat-entsprechen/

    Schönen Gruß,
    Felix

  2. Wie schade, genau die Makro-Fotografie habe ich gerne gemacht und werde sie mit der neuen DSLR wohl eine zeitlang beiseite schieben müssen.

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